Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Wie sieht die Zukunft aus?

Pflanzenschutz: Auf die Balance kommt es an!

Farm-to-Fork, Ackerbaustrategie und Insektenschutzpaket – alle Ansätze fordern eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Doch welches Maß ist richtig? Wie sieht der Pflanzenschutz der Zukunft aus?

Lesezeit: 5 Minuten

Einst ein Meilenstein in der Ernährungssicherung, heute von Verbraucher und Politik verteufelt – noch nie waren die Diskussionen um den Pflanzenschutz hitziger als zurzeit. Bei der­­­zeitigen Megathemen wie Klima-, Gewässer- und Insektenschutz spielt immer öfter die Forderung nach weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz eine Rolle.

Pflanzenschutz unter Druck

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Mittlerweile sind europäische und nationale Regelungen bzw. Vorschläge in Planung, in denen es u. a. auch um eine Begrenzung des chemischen Pflanzenschutzes geht. Hier die wichtigsten:

Die Farm-to-Fork-Strategie (F2F) der EU ist ein Kernelement des Green Deals, der Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen soll. Die F2F-Strategie, die am 20. Mai 2020 von der EU-Kommission veröffentlicht wurde, schafft einen Rechtsrahmen für den Aufbau eines „nachhaltigen Lebensmittelsystems“ und enthält Vorschläge für 27 Initiativen, die im Laufe der nächsten Jahre in Gesetzesvorschlägen münden sollen.

In puncto Pflanzenschutz will die EU-Kommission innerhalb der nächsten­ zehn Jahre vor allem den Einsatz von Mitteln mit höherem Risiko deutlich senken. Gemeint sind damit Mittel, die Wirkstoffe enthalten, die den Ausschlusskriterien der VO (EG) Nr.   1107/2009 entsprechen und als Substitutionskandidaten eingestuft wurden.

Um den Weg für Alternativen zu ebnen, will die Kommission eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. So will sie z. B. die Bestimmungen zum Integrierten Pflanzenschutz in den Fokus rücken und damit den verstärkten Einsatz alternativer Methoden wie Fruchtfolge oder mechanische Unkrautkontrolle fördern. Nach eigenen Angaben wird sie auch das Inverkehrbringen von biologischen Präparaten erleichtern.

Gleichzeitig mit der F2F-Strategie hat die EU-Kommission auch die Biodiversitätsstrategie veröffentlicht, die ebenfalls ein wichtiges Element des Green Deals darstellt. Sie soll im Kern den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen und enthält über die Schutzgebiete auch Forderungen zur Pflanzenschutzmittelreduktion.

Die nationale Ackerbaustrategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums enthält 50 Maßnahmen und soll laut Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zunächst als politische Diskussionsgrundlage dienen. „Wir wollen mit der Strategie dazu beitragen, auch die Akzeptanz des Ackerbaus in der Gesellschaft zu verbessern“, betonte sie bei der Vorstellung des Papiers.

Mit Blick auf den Pflanzenschutz legte sich Klöckner darauf fest, dass der chemische Pflanzenschutz reduziert werden soll und lehnt sich damit an die F2F-Strategie an. „Ziel ist es auch hier, bis 2030 den Einsatz von Mitteln, die nicht als ,low-risk-product‘ im Sinne des EU-Pflanzenschutzrechts eingestuft sind, deutlich zu senken“, heißt es in der Strategie. Außerdem ist in dem Papier der Wille zum Ausstieg aus Glyphosat bis Ende 2023 enthalten.

Erst kürzlich hat das Kabinett das Insektenschutzpaket beschlossen. In nationalen Schutzgebieten – und nur bei Grünland und Wald auch in FFH-Gebieten – soll demnach künftig ein Verbot für Herbizide und bestäuberschäd-liche Insektizide gelten. Vogelschutzgebiete sind von diesen Regeln nicht betroffen, genauso wie der Ackerbau in FFH-Gebieten (bis 2024).

Das Vorhaben „Insektenschutz“ will man noch vor der Bundestagswahl abschließen – frühester Termin für das Inkrafttreten wäre dann Juli dieses Jahres.

Der Wirkstoffverlust ­und die Folgen

Diese politischen Forderungen treffen auf einen bereits seit Jahren andauernden Wirkstoffverlust. Letztes Jahr wurde z. B. die Zulassung für Epoxicon­azol widerrufen. Auch die Wirkstoffe Mancozeb und Thiophanat-Methyl verlieren ihre Zulassung.

Der Hintergrund ist, dass die EU im Rahmen der Neubewertung alter Wirkstoffe verschiedene Ausschlusskriterien, die sogenannten Cut-off-Kriterien, festgelegt hat. Die Beurteilung erfolgt heute nach dem Vorsorgeprinzip. Dabei versucht man, die mögliche Gefahr des unverdünnten Wirkstoffs für Mensch, Tier und Umwelt zu ermitteln.

Den vorherigen risikobasierten Ansatz hat die EU aufgegeben. In der Folge lassen sich viele Azole nach Ablauf der alten Zulassung nicht mehr verwenden. Wie aus der F2F-Strategie ersichtlich, wird die EU die Zulassungshürden für chemische Mittel wohl keinesfalls mehr runterschrauben, sondern eher hoch.

Doch bleiben die politischen Reduktionsziele und das verschärfte Zulassungsverfahren ohne Folgen? Eher nicht, wie sich im letzten Jahr z. B. im Rübenanbau zeigte. Gerade einmal zwei Jahre nach dem Verbot der Neo­nikotinoide grassierte die durch Blattläuse übertragene viröse Rübenvergilbung. Und zwar so massiv, dass Länder wie Frankreich und Österreich Notfallpakete zur Stützung des Zuckersektors schnüren mussten.

Weil durch die schärfere EU-Bewertung Wirkstoffe und teils auch Wirkstoffgruppen wegfallen, verstärkt die einseitige Nutzung der verbliebenen Wirkstoffe zudem die Resistenzproblematik – ein Teufelskreis. Ein funktionierendes Resistenzmanagement ist laut Julius Kühn-Institut auch in den großen Ackerkulturen schon jetzt nicht mehr möglich.

Integrierter Pflanzenschutz als Weg der Zukunft?

Doch wie kann es vor diesem Hintergrund noch gelingen, unsere Kulturen gesund und widerstandsfähig zu halten? Am ehesten – so die Meinung vieler Landwirte und Berater – indem man die Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes mehr denn je beherzigt. Sie besagen u. a. Folgendes: Unter Ausnutzung aller alternativer, phytosanitärer Maßnahmen muss der chemische Pflanzenschutz am Ende der pflanzenhygienischen Maßnahmen stehen.

Sicherlich ist die Gestaltung phytosanitärer Anbausysteme die Kür des Pflanzenschutzes. Dabei kommt es z. B. auf eine geschickte Sortenwahl und Fruchtfolge an. Auch kann in bestimmten Situationen eine wendende Bodenbearbeitung sinnvoll sein, um das Inokulumpotenzial von Pilzen zu reduzieren.

Zudem geht es um eine an die Witterung angepasste Fungizidintensität (auch mithilfe von Prognosemodellen) und um eine bestmögliche Nährstoffversorgung der Kulturen – denn nur optimal versorgte Pflanzen sind widerstandsfähig.

Wichtig ist obendrein, wann immer möglich, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel mit besseren Ausbringtechniken, Bandspritzungen oder mechanischen Verfahren zu beschränken. Letztlich kommt es auf ein möglichst gutes Zusammenspiel dieser und weiterer Faktoren an.

Ausblick

All das ist erforderlich, um dringend benötigte Mittel, z. B. gegen Pilzkrankheiten, Ungräser und Schädlinge, im Markt zu halten. Zusammen mit der unabhängigen Beratung empfiehlt es sich daher, sein Anbausystem auf den Prüfstand zu stellen und zukunftssicher zu machen. Dabei muss eine Balance zwischen maßvoller Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und notwendigen Maßnahmen gelingen.

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.