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Fakten contra Ideologie

Statistik-Tricks: Nitratbelastung im Grundwasser angeblich weiter gestiegen

Der durchschnittliche Nitratgehalt an den 15 Grundwassermessstellen mit den jeweils höchsten Belastungen soll von 2013 bis 2017 um fast 40 mg/l zugenommen haben. Hintergrund ist ein Statistikfehler.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Nitratbelastung des Grundwassers in vielen Regionen Deutschlands soll zuletzt weiter gestiegen sein. Das berichtete vergangene Woche die Rheinische Post unter Berufung auf die Bundesregierung.

Demnach nahm der durchschnittliche Nitratgehalt an den 15 Grundwassermessstellen mit den jeweils höchsten Belastungen von 2013 bis 2017 um fast 40 Milligramm pro Liter zu. Wurde 2013 dort laut früherer Regierungsangaben ein Durchschnittswert von 170 Milligramm pro Liter gemessen, waren es 2017 laut der Regierung bereits 209 Milligramm. In der EU gilt ein zulässiger Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter.

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Auf Anfrage der Grünen hieß es aus Berlin weiter, dass 2017 im rheinland-pfälzischen Gönnheim mit 322 Milligramm pro Liter der bundesweit höchste Nitratwert im Grundwasser gemessen wurde. Die stärksten Nitratbelastungen habe es 2017 in den neun Bundesländern sowie in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gegeben.

"Das Nitrat-Problem wird seit Jahren nicht gelöst, und es dürfte noch schlimmer kommen", warnte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Mit den bisherigen Beschlüssen der Bundesregierung sei ein echter Grundwasserschutz nicht zu erreichen. Die EU hatte Ende Juli wegen der anhaltenden Nitratbelastung eine weitere Klage gegen Deutschland angedroht.

„Aussagen falsch“

Statistiker Georg Keckl und Landwirt Dr. Wilhelm Kremer-Schillings (www.bauerwilli.com) haben die Zahlen überprüft und kommen zu einem anderen Ergebnis. So gab es von Seiten der Grünen zwei gleiche Anfragen, einmal im Jahr 2013 und dann 2019 mit Bezugsjahr 2017, die die Regierung beantwortet hatte.

Von den 15 Standorten aus dem Jahr 2013 tauchen in der Liste aus dem Jahr 2017 aber nur noch vier Standorte auf. Meckenheim (Rheinland-Pfalz), 2013 noch mit dem höchsten Nitratgehalt aufgelistet, finde sich in der aktuellen Liste nicht mehr wieder. Und diesmal wurden die 50 am höchsten belasteten Messstellen ausgewiesen: Auf Platz 1 steht dort Gönnheim (Rheinland-Pfalz), der in der Liste aus 2013 überhaupt nicht auftaucht.

Laut Keckl und Kremer-Schillings liegt das daran, dass sich zwischen den Jahren 2013 und 2017 die Grundgesamtheit verändert hat. Das Messstellennetz sei größer geworden und 2017 kam die Untergruppe „Landwirtschaft“ dazu.

„Um es etwas verständlicher zu machen etwa so: Im Jahr 2013 wurden alle Kinder der 1. Schulklassen einer Stadt gemessen und gewogen. Im Jahr 2017 wurden erneut alle Kinder der 1. Schulklassen der Stadt gemessen und gewogen. Vorher hat man aber einige große Kinder ausgesucht und in die ersten Klassen gesteckt. Heraus kam, dass der weite Durchschnitt aller Erstklässler im Schnitt etwa so groß ist wie 2013, aber die Gruppe der 15 größten Kinder im Jahr 2017 viel größer als 2013 ist. Das war der Trick mit den Nitratmessstellen aus dem ehemaligen „Belastungsmessnetz“ mit den ausgesucht hohen Nitratwerten“, erklären die beiden in einem gemeinsamen Blogeintrag.

Dieses Ergebnis sei daher nicht verwertbar. Keckl und Bauer Willi sprechen von „statistischem Unsinn“. Betrachte man die Nitratwerte von 2017 der 15 Messstellen, die 2013 die höchsten Nitratwerte hatten, so habe sich im Schnitt der Nitratgehalt dieser Messstellen sogar gesenkt, um mindestens 11%. Zudem würden in der neuen, erweiterten Liste aus 2017 mehrere Orte mit der gleichen Messstellennummer gleich mehrfach auftauchen. Andere fehlen in dem Vergleich oder sind neu hinzugekommen. „Wohl auch deshalb, weil deren Nitratwerte jetzt unauffällig waren“, vermuten die Kritiker. Umso unverständlicher finden sie daher die Aussagen, die die Rheinische Post daraus ableitet: „Der durchschnittliche Nitratgehalt an den 15 Grundwassermessstellen mit den jeweils höchsten Belastungen von 2013 bis 2017 hat um fast 40 Milligramm pro Liter zugenommen.“ Keckl und Kremer-Schillings fordern die Grünen und die Medien auf, bei den Fakten zu bleiben und den Sachverhalt öffentlich richtigzustellen.

RLV warnt vor Populismus

Kritik kommt auch vom Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV): „Die Darstellung ist in höchstem Maße populistisch. Man fokussiert sich allein auf die Problemstellen und vermittelt dem Verbraucher damit ein unzutreffendes Bild. Verzerrter könnte die aktuelle Situation nicht geschildert werden“, so der Verband.

Im Bericht des Landesamtes für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz aus dem Jahr 2016 heißt es: „Der Grenzwert für Trinkwasser ist mit 50 mg/l identisch mit dem Schwellenwert für den „guten Zustand“ entsprechend der Grundwasserverordnung. Im Jahr 2015 überschritten knapp 14 % der gut 100 über das Land verteilten Grundwassermessstellen diesen Wert. Der Trend zu geringeren Nitratkonzentrationen ist aber statistisch signifikant.“ (vgl. S. 100, Umweltbericht NRW 2016)

Die Bundesregierung habe bereits im Jahr 2017 den vom Umweltbundesamt (UBA) prognostizierten Anstieg der Wasserpreise infolge einer hohen Nitratbelastung im Grundwasser relativiert. Die Umsetzung der beschlossenen Verschärfungen des Düngerechts werde nicht zuletzt in problematischen Gebieten zu einer Reduzierung der Nitratbelastung führen, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die im Juli veröffentlicht wurde. Zusätzliche preiserhöhende Aufbereitungsmaßnahmen würden „in der Regel nicht erforderlich“, so die Bundesregierung in der Antwort.

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