Agri-Photovoltaikanlagen erobern gerade die Landwirtschaft. Kein Wunder, denn mit dem Solarpaket 1 wurde im Mai diesen Jahres zumindest für 2024 und 2025 ein attraktiver Strompreis von rund 9,5 ct/kWh festgelegt. Zwar muss die EU dazu noch ihre beihilferechtliche Zustimmung geben. Das dürfte aber nur eine Formalie sein. Die hohe Vergütung gibt es nur für besondere Agri-PV-Anlagen mit bis zu 1 Megawatt Peak (MWp), die alle Kriterien der Bundesnetzagentur erfüllen. Das heißt z. B.:
die Fläche liegt nicht im Naturschutzgebiet und ist kein Moorboden,
Sie brauchen ein landwirtschaftliches Nutzungskonzept,
senkrecht ausgerichtete Module müssen insgesamt mit einer lichten Höhe von mind. 80 cm, andere Module wie z.B. die Trackeranlagen auf mind. 2,10 m aufgeständert sein.
Agri-PV profitiert von besonderen Regeln im Steuer- und Baurecht, z. B.:
Anlagen auf einer Fläche bis 2,5 ha sind im Außenbereich privilegiert.
Anders als bei Freiflächenanlagen bleibt eine Agri-PV-Fläche im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen.
Als Landwirt können Sie EU-Flächenprämien für die bewirtschafteten Flächen zwischen den Modulen erhalten, der Ackerstatus bleibt erhalten.
Din SPEC einhalten
Damit eine Anlage als Agri-PV gilt, muss sie generell die DIN SPEC 91434 einhalten, eine technische Vorschrift. Danach dürfen z. B. nicht mehr als 10 bzw. 15 % der Landfläche für die PV-Nutzung verloren gehen und der Landwirt muss zwischen den Modulen mind. 66 % des Referenzertrages erreichen. Hintergrund ist das Ziel, dass Agri-PV aktiv bewirtschaftete Flächen bleiben.
Senkrecht oder Mitdrehend
Ein wichtiger Vorteil von Agri-PV ist, dass Landwirte die Fläche weiter bewirtschaften können. Manche Gemeinden bevorzugen Agri-PV wegen dieses Flächenspareffekts. Technisch sind vor allem zwei Konzepte interessant:
Vertikale Anlagen , die wie Zäune in Reihen meist in Nord-Süd-Richtung auf der Fläche stehen. Die Module erzeugen auf beiden Seiten (bifacial) schwerpunktmäßig vormittags und nachmittags Strom.
Nachgeführte Agri-PV (Tracker) , bei denen sich die Module auf Achsen mit der Sonne drehen. Sie erzeugen morgens früher und abends länger Strom, sodass ca. 20 % Mehrertrag im Vergleich zu einer klassisch nach Süden ausgerichteten Freiflächenanlage möglich ist. Bei 9,5 ct/kWh EEG-Vergütung ist ein möglichst hoher Energieertrag der wesentliche Parameter für die Wirtschaftlichkeit und der Aufpreis der Investition von ca. 50 €/kWp zur Zaun-Agri-PV gerechtfertigt.
Wir berechnen daher die Wirtschaftlichkeit einer Tracking Agri-PV.
Kleine Anlagen gefragt
Für Anlagen bis zu einer installierten Leistung von 1 MWp muss der Betreiber nicht an der Ausschreibung teilnehmen, die Vergütung erfolgt über das EEG. Mehr dazu lesen Sie im Kasten auf Seite 46. Außerdem sind die kleineren Anlagen wegen der erleichterten Genehmigung gefragt. Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit treffen wir folgenden Annahmen:
Privilegierter Bau einer 998 kWp-Trackinganlage in 300 m Hofentfernung auf einer Grundfläche von 2,5 ha.
Kosten für schlüsselfertige Agri-PV inklusive Netzanschluss in 300 m Entfernung: 996 €/kWp. Bisher eingeholte Angebote bewegen sich zwischen 900 und 1.050 €/kWp.
Der Nettoenergieertrag soll bei 1.250 kWh/kWp liegen. Abzüglich eines Sicherheitsabschlages von 4 % werden somit rund 1,2 Mio. kWh zu 9,5 ct/kWh eingespeist.
Gesamtlaufzeit soll 30 Jahre sein, die Zahlungen nach Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) laufen 20 Jahre.
Eine beispielhafte Berechnung für eine Anlage ohne Eigenverbrauch und ohne Speicher zeigt Übersicht 1.
Das Ergebnis: Die Agri-PV produziert innerhalb der EEG-Laufzeit von 20 Jahren Strom bei einer Inflationsrate von 2 % zu Herstellungskosten von 7,6 ct/kWh. Bei einem Eigenkapitalanteil von 20 % verzinst sich das Eigenkapital im Mittel der EEG-Laufzeit mit 6,1 % nach Steuern. Der Pay-Back der Agri-PV ist nach 18 Jahren erreicht. Der Liquiditätsüberschuss liegt am Ende der EEG-Laufzeit bei 336.709 € vor Entnahmen und Steuern.
Eigenverbrauch lohnt sich
Positiv auf die Wirtschaftlichkeit wirkt sich aus, wenn ein Eigenverbrauch (EV) möglich ist. Wie sich die Kennzahlen ändern, zeigt Übersicht 2. Die Annahmen: Bei 250 Kühen und einem durchschnittlichen Verbrauch von 450 kWh/Kuh werden ca. 110.000 kWh verbraucht. In Abhängigkeit des Produktionsprofils der Agri-PV und des Lastenprofils kann der Milchviehbetrieb ca. 6 % des produzierten Stroms selbst verbrauchen und ersetzt den teuren Strom zu 14,95 ct/kWh aus dem öffentlichen Netz. Wichtig: Je höher die EV-Quote und je größer der Unterschied zwischen Strombezugskosten und EEG-Vergütung, desto größer ist der Effekt. Die Eigenkapitalrendite steigt moderat auf 7,2 % nach 20 Jahren bzw. 8,1 % nach 30 Jahren. Der durchschnittliche Gewinn liegt nach 30 Jahren dann bei 18.582 € pro Jahr.
Wer zusätzlich in einen Speicher investiert, kann den Eigenverbrauch erhöhen. Allerdings erhöht der Kauf eines Speichers die Investitionskosten von 996 €/kWp auf 1.044 €/kWp. Die Rendite sinkt auf 6,2 %, siehe Übersicht 2.
Negative Strompreise
Ein Speicher kann auch dem Effekt negativer Strompreise vorbeugen, die immer häufiger werden. Ist der Strompreis über mehrere Stunden negativ, erlischt der EEG-Anspruch in dieser Zeit, bald wahrscheinlich schon ab der ersten Stunde. Das gilt für alle Erneuerbare Energien ab 400 kW installierter Leistung. Zwar besteht ein Kompensationsanspruch am Ende der EEG-Laufzeit, aber nur für Anlagen, die an einer Ausschreibung teilgenommen haben. Agri-PV bis zu 1 MW haben demnach keinen Anspruch auf Kompensation.
Netzanschluss ist das größte Hemmnis
Entscheidend für die Rentabilität sind:
die Sicherung der hohen Einspeisevergütung . Bester Zeitpunkt für die Inbetriebnahme und damit Start der EEG-Vergütung ist Anfang 2025. Sie sichern sich damit die 9,5 ct/kWh für 20 Jahre und das Jahr der Inbetriebnahme.
die Entfernung zum Netzeinspeisepunkt . Je Meter Wechselstrom (AC)-Kabel für eine 1 MW-Anlage kostet 60 bis 80 €, dazu kommen 15 € je m für die Erdarbeiten. Mit weiteren Entfernungen steigt außerdem das Risiko, dass Sie Kabel über fremdes Eigentum verlegen müssen. Zwar hat das Solarpaket 1 eine Duldungspflicht bei öffentlichem Grund eingeführt. Der Preis für Leitungsrechte über private Grundstücke ist aber reine Verhandlungssache.
Wann privilegiert bauen?
Grundsätzlich gilt, dass kleine hofnahe Agri-PV im Außenbereich privilegiert sind (§ 35 BauGB). Greift die Vorschrift, reicht ein Bauantrag aus. Bei der Flächengröße gehen die meisten Gemeinden für die Genehmigung von maximal 2,5 ha Grundfläche aus. Dabei zählt die gesamte von der Anlage geprägte Fläche und nicht lediglich ein Teil des Baugrundstücks, der durch die einzelnen Module bedeckt ist. Voraussetzung für die Privilegierung ist außerdem ein sog. räumlich-funktionaler Zusammenhang zu einer landwirtschaftlichen Betriebsstätte/Hofstelle. Das heißt, Anlage und Hof müssen nach außen eine gemeinsame Einheit darstellen, die unter Rücksichtnahme auf eine möglichst geringe Zersiedelung des Außenbereichs besteht. Wie weit die größtmögliche Schonung ausgelegt werden kann, wird die Rechtsprechung zeigen. Im Einzelfall ist immer die Gesamtbetrachtung entscheidend. So könnte z. B. auch eine hohe Eigenverbrauchsquote den funktionalen Zusammenhang stärken oder die positive Wirkung der Beschattung auf den Pflanzenbestand .
Wenn Sie über eine Agri-PV nachdenken, ist aus unserer Sicht der Fokus auf landwirtschaftliche Flächen im Radius von ca. 300 m um die Hofstellen zu legen, es ist und bleibt aber eine Einzelfallentscheidung. Es gibt Erfahrungen aus Bayern, wo bei Hofstellen in Dorflage der räumliche Zusammenhang deutlich weitläufiger ausgelegt wird. Es ist davon auszugehen, dass je aktiver Hofstelle eine Agri-PV zulässig ist, also auch mehr als eine Agri-PV pro Betrieb.
Gutachten für die Behörden
Die Baubehörde kann Gutachten verlangen, die unterschiedlich viel Zeit und Geld kosten. Während z. B. ein Blendgutachten weniger problematisch ist, dürften avifaunistische (vogelkundliche) Gutachten wegen der umfangreichen Kartierungspflicht den Zeit- und Kostenrahmen überfordern. Bleiben Sie daher mit der Baubehörde in Kontakt und bereiten Sie sich bestmöglich vor.
Genug Zeit einplanen
Wie bei allen größeren Investitionsprojekten sollten Sie sich vorab die Frage stellen, ob Sie die nötigen Managementkapazitäten frei haben, um ein solches Projekt effizient realisieren zu können. Sie haben am Ende nichts gewonnen, wenn das Projekt zeitverzögert oder nicht realisiert wird oder dadurch die Arbeitsqualität in Ackerbau oder Stall leidet.
Am Markt bieten derzeit viele Projektierer Gesamtprojekte, also Planung, Bau und Betriebsführung, an. Erfahrene Projektierer sind Mehrkosten wert, wenn sie das Projekt erfolgreich realisieren. Holen Sie deshalb mehrere Angebote von Projektierern ein. Achten Sie vor allem auf die Qualität der Zusammenarbeit, denn Sie als Unternehmer können aufgrund Ihrer möglichen regionalen Kontakte ein wichtiges Bindeglied zu Nachbarn, Behörden und der Gemeinde darstellen.