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Feldgemüseanbau: Ein lohnendes Standbein für Landwirte?

Immer mehr Landwirte bauen Sonderkulturen wie Möhren oder Zwiebeln an. Wir haben die Gemüsebauberater Gerald Burgdorf und Hanna Wildenhues zu den Chancen und Risiken für Ackerbauern befragt.

Lesezeit: 6 Minuten

Sich auf dem landwirtschaftlichen Betrieb breiter aufzustellen, ist eine sinnvolle Sache. Ob hierfür Feldgemüse eine Option sein kann, haben wir die Leiterin des Sachgebiets Prozessqualität im Gartenbau, Hanna Wildenhues, sowie den Fachbereichsleiter Pflanzenbau, Gerald Burgdof der Landwirtschaftskammer Niedersachen im Interview gefragt.

Was ist eine gute Einstiegskultur, wenn man zuvor klassischen Ackerbau betrieben hat?

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Burgdorf: Bei der Aufnahme einer neuen Kultur spielen viele Faktoren eine Rolle. Zu nennen sind hier die Standortgegebenheiten, die Fruchtfolge, die Möglichkeiten der Beregnung und nicht zuletzt die technische Ausstattung. Gerade die Beregnung ist ein wichtiger Faktor, da man sonst nicht in der Beständigkeit die ­geforderten Qualitäten erreicht. ­Häufig erfolgt der Einstieg über den vorhandenen Kartoffelanbau und beginnt mit Zwiebeln oder Möhren.

Wildenhues: Bei vielen Gemüsekulturen, wie z. B. Blumenkohl oder Salat, müssen zudem der Einsatz von Arbeitskräften und die Lagerfähigkeit ­berücksichtigt werden. Das verkom­pliziert den Einstieg.

Welche Voraussetzungen müssen Landwirte mitbringen, wenn sie in den Feldgemüseanbau einsteigen möchten?

Burgdorf: Natürlich müssen die Bereitschaft und der Wille vorhanden sein, etwas Neues auszuprobieren. Aber nur, wer seinen Ackerbau auch ansonsten im Griff hat, kann sich diesen doch zeit- und arbeitsintensiven Kulturen widmen. Zur Betriebssanierung eignet sich der Einstieg in der Regel nicht. Die oben gerade genannten Punkte müssen zunächst im Betrieb diskutiert und geplant werden. Weiterhin sollte man die Vermarktungswege und sein Umfeld sondieren.

Was sind die gängigsten ­Vermarktungswege?

Wildenhues: Die Vermarktungswege von Gemüse sind vielfältig. Ein Weg ist sicherlich die Direktvermarktung an den Verbraucher über Hofläden und Wochenmärkte. Die weitaus ­größere Rolle spielen aber der Großmarkt, die verarbeitende Industrie und der LEH, der entweder direkt oder indirekt über Zwischenhändler oder Erzeu­gerorganisation beliefert wird.

Zum Einstieg in eine neue Kultur ist es sicherlich ratsam, erstmal klein anzufangen.
Hanna Wildenhues

Wäre da vielleicht ein niedrigschwel­liger Einstieg, beispielsweise mit ­Direktvermarktungoder über Automaten eine gute Möglichkeit, erste ­Erfahrungen zu sammeln?

Burgdorf: Das wäre ein möglicher Weg, bei dem man die Anfangsinvesti­tionen gering hält und die Risiken überschaubar bleiben.

Und wenn man sich direkt vertraglich an Abnehmer bindet?

Burgdorf: Ein Vertragsanbau bein­haltet in der Regel auch eine gesicherte Vermarktung. Die Vertragsgestaltung ist für Ackerbauern auch grundsätzlich nichts Neues. Sie sollten aber darauf achten, dass in den Absprachen auch Mengen definiert sind und nicht nur eine grundsätzliche Liefermög­lichkeit vereinbart ist.

Wie lange laufen Abnahmeverträge normalerweise?

Burgdorf: In der Regel sind es jähr­liche Verträge.

Bei den Abnehmern handelt es sich in der Regel um große Unternehmen. Wie können sich Betriebe davor schützen, einem großen Preisdruck ausgesetzt zu sein oder in eine Abhängigkeit zu geraten?

Wildenhues: Bei der Vermarktung ist natürlich auch das Risikomanagement wichtig – setzt ein Betrieb nur auf ­einen Abnehmer, dann gehen damit entsprechende Risiken einher. Eine ­Diversifizierung der Vermarktung ist eine Möglichkeit, diese Risiken zu ­verringern. Aber auch der Beitritt in eine Erzeugerorganisation, die Bildung einer Anbaugemeinschaft mit anderen erzeugenden Betrieben oder der indirekte Handel über Zwischenhändler sind Möglichkeiten.

Würden Sie Mindestgrößen bei der ­Anbaufläche empfehlen?

Wildenhues: Zum Einstieg in eine neue Kultur ist es sicherlich ratsam, erst mal klein anzufangen. Wenn gute Qualitäten erzeugt werden können und es dafür Abnehmer gibt, dann sind natürlich größere Flächen betriebswirtschaftlich sinnvoll. Die Anbaufläche richtet sich auch nach dem Vermarktungsweg. Manche Vermarktungswege erfordern Mindestmengen oder eine kontinuierliche Belieferung während der Saison, andere Ver­marktungswege, wie beispielsweise der eigene Hofladen, nehmen auch kleine Mengen auf.

Wie sieht es mit TK-Gemüse aus? Der Anbau siedelt sich ja meist um die Frostereien an.

Wildenhues: Das stimmt. TK-Gemüse wird in räumlicher Nähe zum Verarbeiter produziert, so kann die Logistik gut koordiniert und die Frische ­sichergestellt werden. Die Lieferdauer bis zum Werk wird oft schon in den ­Verträgen geregelt.

Gemüseanbau benötigt spezialisierte Maschinen. Da können nicht uner­hebliche Investitionssummen zusammenkommen.

Burgdorf: Manche Kulturen ergänzen sich bei den Maschinen gut. Was zum Beispiel die Erntetechnik angeht, habe ich bei Zwiebel und Kartoffeln einige Parallelen. Beim Salat wäre dann bereits schon komplett andere Technik nötig. Wenn der Betrieb in einer Region mit viel Gemüseanbau liegt, sind meist Lohnunternehmer auch dahin­gehend ausgestattet.

Was sind die gängigsten Kulturen und wohin gehen aktuelle Trends?

Wildenhues: Beim Gemüse haben wir einen Selbstversorgungsgrad von rund 35 % in Deutschland. Zudem haben wir nicht das ganze Jahr über ein Erntefenster. Da hat sich herauskristallisiert, dass Kohlarten, Zwiebeln, Möhren und Salat dominieren. Hier gibt es dementsprechend aber auch eine ­beständig hohe Nachfrage. In der Vergangenheit hat der Trend zur Regionalität dazu geführt, dass sich Produktionszentren verlagert haben. In den letzten Jahren ist die Fläche im Bio-Anbau gewachsen.

Sollte man beim Neueinstieg am ­besten dann auch auf Bio setzen?

Burgdorf: Die Frage, ob Bio oder nicht, ist eine grundsätzliche Betriebsentscheidung. Häufig ist es so, dass mit dem Biobereich auch eine Direktvermarktung verknüpft ist. Marktschwankungen gibt es jedoch bei Konventionell und Bio gleichermaßen.

Wildenhues: Als Einstieg eignet sich Biogemüse ja nur dann, wenn ich sowieso schon Bio produziere und die entsprechenden Flächen vorhalten kann. Es ist also eine grundsätzliche Frage. In Hinblick auf die Situation im Bereich der Pflanzenschutzmittel und anderer Gesetzgebungen ist der Bio-Anbau sicherlich immer eine Überlegung. Aber wie die VerbraucherInnen in Zukunft Bio honorieren, ist unklar.

Burgdorf: Unter dem Aspekt der Betriebsausrichtung macht es natürlich auch Sinn, neben der Frage nach Bio auch zu überlegen, welche Kulturen überhaupt in meine Fruchtfolge passen. Wo liegen bisher meine Arbeitsspitzen? Eine Saftmöhre wird zum ­Beispiel im Spätherbst bis Winter ­geerntet. Da hat der normale Ackerbauer meistens arbeitstechnisch Luft.

Was wird häufig übersehen, wenn Landwirte neu in den Gemüseanbau einsteigen?

Wildenhues: Insbesondere bei Ge­müsekulturen, die Satzweise, also über mehrere Wochen immer wieder angebaut werden, verteilt sich die ­Arbeitsbelastung ganz anders als im Ackerbau. Häufig sind auch mehr Arbeitskräfte je Hektar notwendig, um die Arbeit zu bewältigen. Da stellen sich ganz schnell Fragen wie: Woher bekomme ich Fachkräfte? Wie transportiere ich die Ernte täglich frisch zum Kunden? Das Ausmaß an Planung und Logistik ist wirklich nicht zu unterschätzen.

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