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„CO2-Verkauf wird neue Erlösquelle“

Lesezeit: 5 Minuten

Roland Grundmann vom Biomethandienstleister agriportance erklärt, welche Chancen Biogasanlagenbetreiber mit der Vermarktung von CO2 haben.


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CO2 ist ein Klimagas, das man möglichst vermeiden will. Inwiefern lässt sich mit dem Gas Geld verdienen?


Grundmann: CO2 ist ein Rohstoff, vom dem heute in Europa Millionen Tonnen in der Lebensmittelindustrie und anderen Industriezweigen eingesetzt werden. Heute wird es überwiegend aus fossilen Quellen gewonnen. Wenn man stattdessen ‚grünes‘ CO2 verwenden kann, ist das ein Gewinn für den Klimaschutz, aber auch ein Marketinginstrument für die Firmen.


Warum sind gerade Biogasanlagen prädestiniert dafür?


Grundmann: Derzeit ist die Nachfrage nach Biomethan auf Basis von Biogas sehr hoch, vor allem im Kraftstoffsektor. Rohbiogas besteht nur zu etwa 55% aus Methan, 40% sind CO2, das bei der Aufbereitung zu Biomethan abgetrennt wird. Anschließend könnte es vermarktet werden.


Welche Schritte sind nach der Trennung weiter nötig?


Grundmann: Um lebensmitteltaugliches CO2 zu erzeugen, folgen verschiedene Reinigungsstufen wie Aktivkohle, Kohlenstoff- und Molekularsiebe zur Abtrennung von Gasen wie Methan, Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Ein europäischer Standard, der häufig gefordert wird, ist der Standard 70/17 des Europäischen Indus-triegasverbands EIGA. Er bewertet auch Herkünfte der Substrate.


Bei technischem CO2 sind die Anforderungen nicht so hoch wie bei lebensmitteltauglichem Gas. Ist es nicht einfacher, dann nur die technische Variante herzustellen?


Grundmann: Im Prinzip ja. Das verflüssigte Gas wird aber in Tankwagen transportiert, die das Material von verschiedenen Anlagen aufnehmen und an mehrere Kunden ausliefern. Unterschiedliche Qualitäten dürfen nicht transportiert werden. Daher wird meist CO2 nach dem höchsten Standard produziert und geliefert – auch wenn ein Teil davon als technisches CO2 eingesetzt wird.


Viele Biogasanlagenbetreiber streben aktuell eine Biomethanproduktion auf Basis von Gülle oder Mist an, um zusätzlich die THG-Quote handeln zu können. Wie bewerten sie die CO2-Abscheidung in diesem Kontext?


Grundmann: Die Abscheidung von CO2 aus Biogasanlagen ist kein völlig neues Thema, allerdings war die Wirtschaftlichkeit bislang nicht gegeben. Neben der Wirtschaftlichkeit gab es bis vor einigen Monaten zwei noch größere Hürden. Bedingt durch den hohen Erdgaspreis ist die Düngemittelproduktion im Zusammenhang mit der Ammoniaksynthese zusammengebrochen. Das daraus entstandene Abfallprodukt fehlt im Markt, sodass derzeit dort eine Unterdeckung besteht. Basierend auf der CO2-Problematik haben wir verschiedene namhafte CO2 Händler gewinnen können.


Wenn bei der Herstellung zwischen technischem und lebensmitteltauglichem CO2 unterschieden wird, wie stellen Sie sicher, dass ein lebensmitteltaugliches Gas geliefert wird?


Grundmann: Wichtig ist eine Risikoabschätzung mit einem transparenten Konzept zur Lebensmittelsicherheit, wie wir es aus anderen Bereichen mit dem HACCP-Konzept auch kennen. Dazu gehören Chargenanalysen und ein Managementsystem für Lebensmittelsicherheit wie die ISO 22000.


Wer sind die Abnehmer für CO2?


Grundmann: Es gibt eine Reihe von Kunden. In der Lebensmittelindus-trie wird CO2 benötigt als Trockeneisschnee zum schnellen Kühlen und Frosten von Lebensmitteln, in der Getränkeindustrie oder in der Metallverarbeitung als Eisstrahlen (Sandstrahlen). Dann gibt es CO2-basierte Polyester z.B. bei Textilien. Auch für die Herstellung von synthetischen Treibstoffen wird es benötigt. Theoretisch wären auch Treibhäuser ein großer Markt. Allerdings können sie nur CO2 in der Zeit nutzen, in denen die Pflanzen Licht zum Wachsen haben. Daher ist der Absatz hier begrenzt.


Für Biogasanlagenbetreiber ist es nicht einfach, sich einen neuen Markt zu eröffnen. Wie findet man CO2-Abnehmer?


Grundmann: Das ist nicht so einfach. Wir unterstützen mit unseren Dienstleistungen den Anlagenbetreiber, indem wir das CO2 über Partner vermarkten, die zusätzlich die Logistik und die entsprechenden Endkunden mitbringen. Außerdem können wir somit den Verwertungsnachweis erbringen, welcher für die Nachhaltigkeitszertifizierung nötig ist. Unser Engagement und die Bereitschaft unserer Partner ermöglichen somit erst die Teilnahme an diesem Markt.


Wie wirtschaftlich ist das Verfahren?


Grundmann: Die Herstellungskosten für CO2 liegen bei 70 bis 150 €/t. Dann kommt noch die Lagerung vor Ort dazu. Ein üblicher 50-t-Tank kostet 150000 €. Wir empfehlen einen Puffer vor Ort für mindestens fünf Tage, wenn nicht noch mehr. Lkw fassen rund 21 t. Je nach Abnehmer werden meist nur 5 bis 10 t benötigt. Daher beliefern die Tankwagen oft mehrere Kunden. Wenn eine typische Biogasanlage (500 kWel) im Jahr 12 GWh bzw. 2200000 Nm³ Rohbiogas produziert, fallen knapp 905000 m³ CO2 an. Bei 1 bar und 15°C entsprechen das etwa 1730 t pro Jahr. Das Gas wird immer pro Tonne abgerechnet. Bei einem Preis von 35 €/t wären das also etwa 62000 € Erlös. Da schon ein Tank 150000 € kostet, erscheint das Verfahren auf den ersten Blick unwirtschaftlich. Aber mit dem Verkauf von THG-Quoten ändert sich das.


Wie funktioniert das und welche weiteren Erlöse sind damit möglich?


Grundmann: Wenn ein Inverkehrbringer von Kraftstoff wie z.B. ein Tankstellenbetreiber Biomethan als Kraftstoff verkauft, erhält er eine THG-Quote, die handelbar ist. In der Regel werden die Biomethanerzeuger daran beteiligt. Biomethan aus Gülle und Mist hat an sich schon eine hohe THG-Minderung, ermöglicht also eine hohe THG-Quote, die sich verkaufen lässt. Wird das CO2 nachweislich verwertet, erhöht sich der Erlös um ca. 4 ct/kWh Biomethan. Bei 12 GWh bzw. 220000 m³ Rohbiogas wären das 480000 € im Jahr Mehrerlös oder 271 €/t CO2. Damit ist der THG-Quotenverkauf auch für die CO2-Vermarktung entscheidend.


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