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Energieholz: Pappeln konkurrieren mit Mais

Lesezeit: 8 Minuten

Der Energieholzbedarf wächst. Der Anbau hinkt ­hinterher, weil viele Landwirte Vorbehalte gegenüber den Energiewäldern haben.


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In den nächsten zehn Jahren könnten zwischen 20 und 40 Mio. m3 Holz fehlen. Von diesem gewaltigen Engpass gehen Experten mittlerweile aus.


„Diese Versorgungslücke kann durch die klassische Forstwirtschaft alleine nicht geschlossen werden, deshalb brauchen wir Kurzumtriebsplantagen“, sagt Dr. Werner Kloos, Referatsleiter Holzmarkt im Bundeslandwirtschaftsministerium.


Bei einer Betrachtung der Statistik fällt jedoch auf, dass Deutschland beim Anbau von Kurzumtriebsplantagen (KUP) noch nicht so recht vorangekommen ist. In Schweden, Italien und Ungarn wird bereits in großem Umfang holzartige Biomasse auf Äckern produziert. In Deutschland schätzt die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) die Fläche auf nur 3 000 ha – allerdings mit wachsender Dynamik.


An der Spitze liegt Brandenburg, wo noch in diesem Jahr die Schwelle von 1 000 ha übersprungen werden dürfte. Bei den westlichen Bundesländern ist zum Beispiel Niedersachsen weit vorne, wo im vergangenen Jahr auf 485 ha Bäume zur Energieproduktion wuchsen. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg bis zu den 600 000 ha, die die Bundesregierung für das Jahr 2020 ins Visier genommen hat.


top agrar hat daher Experten gefragt, warum der Anbau der Nachfrage hinterherhinkt. Dabei haben sich drei Knack­punkte herausgestellt:


j 1. Die Anbaufläche ist oft 20 Jahre und länger gebunden.


j 2. Es gibt noch offene Fragen zum optimalen Standort und zur Sortenwahl.


j 3. Die Wirtschaftlichkeit ist grenz-wertig.


j 1. Flächen werden lange gebunden


Ein Grund für den schleppenden Ausbau der Kurzumtriebsplantagen ist die Zurückhaltung der Landwirte. Denn der Energiewälder werden oft 20 Jahre und länger bewirtschaftet. Wer sich somit einmal für diese Bewirtschaftung entschieden hat, kann zumindest nicht mehr auf Preisschwankungen an den Agrarmärkten reagieren und die Fruchtfolge umstellen. Und eines ist sicher: Die nächste Hausse bei den Weizenpreisen kommt bestimmt.


Ein weiterer Knackpunkt: Wer beispielsweise Acker- oder Grünlandflächen pachten muss, hat es schwer an geeignete Standorte zu kommen. Denn zum einen wollen wenige Verpächter ihre Acker- und Grünlandflächen nicht für die Dauer von 20 Jahren hergeben. Und zum anderen müssen die Verpächter erst einmal davon überzeugt werden, dass die Fläche anschließend wieder für die üblichen landwirtschaftlichen Kulturen hergerichtet werden kann.


Ganz ohne ist Rückumwandlung allerdings nicht. Die Wurzelstöcke müssen mit Forstfräsen bis in eine Tiefe von 30 cm zerfasert werden (Kosten: 1 000 €/ha). Im Anschluss daran sollte beispielsweise Phacelia als Gründüngung angebaut werden, rät Martin Hofmann vom Kompetenzzentrum Hessen-Rohstoffe (HERO). Danach könne dann aber problemlos die Fläche mit anderen Kulturen bestellt werden.


Ein weiteres Problem: Durch die tiefreichenden Wurzeln der Weiden und Pappeln werden Dränagen zerstört. Dadurch kann auch die Fläche im Wert gemindert werden.


j 2. Standort und Sorte: Zu wenig Erfahrungen


Zu den Fragen, die von der Forschung noch beantwortet werden müssen, gehört die Beziehung zwischen Standort und Sorte. Hier wiegen die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte in der Züchtung besonders schwer, beklagt Dieter Murach, Professor an der Fachhochschule für nachhaltige Entwicklung im brandenburgischen Eberswalde: „Aufgrund der bisherigen Erfahrungen in der Pappelzüchtung weiß die Fachwelt, dass man einen Erprobungszeitraum von mindestens zehn Jahren veranschlagen muss, um neue Sorten und Klone zu prüfen, bevor sie in großem Umfang in der Praxis verwendet werden können.“


Für die Anlage von Energiewäldern gelten zudem die Vorschriften des Forstvermehrungsgutgesetzes. Das bedeutet, dass eine vegetative Vermehrung der Pappel in Deutschland nur dann erfolgen darf, wenn die jeweiligen Pappelklone als geprüftes Vermehrungsgut zugelassen und die Mutterquartiere zugelassen sind.


Für die Pappel steht aber nur eine begrenzte Anzahl an für den Kurzumtrieb geeigneten Klonen zur Verfügung, die zudem eigentlich für den Anbau im Wald gezüchtet wurden. Die wachsende Nachfrage führt jetzt dazu, dass nicht speziell für deutsche Verhältnisse geprüftes Vermehrungsgut aus dem Ausland oder Sorten unsicherer Identität angepflanzt werden.


Vor der Verwendung solchen „No-Name-Materials“ warnt Randolf Schirmer vom Bayerischen Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP) ausdrücklich: „Das kann dazu führen, dass Sie einmal pflanzen, aber kein zweites Mal ernten.“ Wie sich bei Bonituren am ASP nämlich gezeigt hat, weisen die Pappelsorten genetisch bedingt erhebliche Unterschiede im Hinblick auf Anwuchssicherheit, Produktionsleistung und Regenerationsfähigkeit nach der Ernte auf. Beim Austrieb im Frühjahr lag zwischen der frühen und der spätesten Sorte ein Zeitraum von fast vier Wochen.


Bei der Resistenz gegen Schaderreger besteht bei den Pappelsorten ein zusätzliches höheres Anbaurisiko, da es sich bei den Klonen um genetisch identische Pflanzen handelt: „Wenn eine Kopie einen Fehler hat, erwischt es die ganze Fläche“, verdeutlicht Schirmer. Bei unsicherer Identität der Sorte bietet das ASP in Teisendorf Untersuchungen der DNA oder mittels einer Enzym-Analyse an. Die Kosten belaufen sich Schirmer zufolge auf fünf Euro je Probe, die DNA-Analyse ist vier- bis fünfmal teurer.


Ideal für kleine Flächen


Auch bei der Wahl des Standortes gibt es noch keine klare Empfehlung. Klar ist aber, dass auf Standorten mit beständig hohen Weizenerträgen auch künftig keine Bäume zum Erzeugen von Holzhackschnitzeln wachsen dürften.


Andererseits: „Auf Grenzertragsböden schwindet der Vorteil der Energiehölzer dahin“ gibt Schirmer denjenigen zu bedenken, die nur die schlechtesten Flächen für die Energieholzproduktion einplanen möchten.


Praktiker wie Wilken v. Behr, Verwalter auf Gut Rixdorf in Schleswig-Holstein, versprechen sich mehr von der Nutzung kleiner Flächen, „wo der Boden gut ist, man aber mit der 36-m-Spritze nicht hinkommt“. Eine Alternative könnte auch die Anlage von Kurzumtriebsplantagen auf Grünland sein. Ein Grünlandumbruch ist allerdings nach den Cross-Compliance-Richtlinien vielerorts nicht mehr möglich. Außerdem hat beispielsweise Sachsen-Anhalt die Anlage von Energiewäldern auf Grünland explizit untersagt.


j 3. Wirtschaftlichkeit: ??Mais oft überlegen


Die Ertragsleistung der Sorte hat großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Energieholzanbaus. Leistungsfähige Pappeln liefern auf guten Standorten im Durchschnitt der Umtriebszeiten etwa 10 t Trockensubstanz je ha, Weiden erreichen die Hälfte bis zwei Drittel dieses Wertes. Nach der zweiten und dritten Ernteperiode gehen die Erträge zurück.


Während sich Weiden für kurze Umtriebszeiten bis vier Jahren besonders eignen, nutzen die Pappelarten längere Erntezeiträume von fünf bis sechs Jahren durch höhere Zuwächse besser aus. Das ASP ermittelte bei einem ersten Umtrieb 2004 der Sorte „Max 3“ einen Erlös von 840 €/ha. Beim zweiten Umtrieb 2010 stieg der Erlös auf 6 911 €/ha; eingerechnet ist hier aber auch die zwischenzeitliche Preissteigerung bei Holzhackschnitzeln. Nach den Berechnungen von Schirmer führt die Differenz zwischen den Erlösen und den Kosten zu jährlichen Deckungsbeiträgen, die zwischen 100 und 300 €/ha betragen.


Skeptisch in puncto Wirtschaftlichkeit zeigte sich auch Patrick Sheridan, Geschäftsführer der Gießener Agro Risk Euro Scan im Mai auf dem FNR-Symposium „Agrarholz 2010“. Ihm zufolge können KUP bei den aktuellen Preisen mit Ackerkulturen konkurrieren, aber nicht mit Silomais, der für die Biogasproduktion angebaut wird.


Bereits bei durchschnittlichen Erträgen hält Sheridan den Mais für über-legen: „Silomais bringt eine höhere Rendite bei geringerem Risiko.“ Bei ei-nem Anbauverhältnis von beispielswei-se 33 % Raps, 33 % Weizen und 34 % Silomais wäre die Pappel seinen Berechnungen zufolge wettbewerbsfähig.


Erst bei einem höheren Anteil Silomais an der Fruchtfolge kann die Pappel wirtschaftlich nicht mehr mithalten. Planungssicherheit, Anbauerfahrung und Flexibilität in der Anbauentscheidung für Silomais sind die Gründe, weshalb Sheridan ihm den Vorzug gegenüber Pappeln im Kurzumtrieb gibt.


Albrecht Bemmann, Professor für Forst- und Holzwirtschaft an der Technischen Universität Dresden und Leiter des Projektes Agrowood hält dagegen einen großflächigen Einstieg in die Energieholzproduktion für denkbar: „Kein Landwirt stellt vollkommen auf Kurz­umtriebsplantagen um, aber 20 bis 30 % sind machbar.“ Angesichts volatiler Agrarpreise liege eine Chance in der längerfristigen vertraglichen Absicherung.


Große Energieversorger wie RWE Innogy und Vattenfall bieten Landwirten inzwischen Finanzierungsmodelle, die jährliche Einnahmen sicherstellen sollen. Pflanzung und Ernte werden dabei organisiert und finanziert. Die Abnahme des Holzes ist garantiert, weil die Konzerne die Hackschnitzel in ihren Biomasse-Heizkraftwerken einsetzen. In Brandenburg beispielsweise gibt es Betriebe, die 100 ha ihrer Ackerfläche dafür zur Verfügung stellen.


Wir halten fest


Energiewälder haben als neue Kultur bei Landwirten erste Wurzeln geschlagen. Doch die Vorbehalte gegenüber dem Anbau der Kurzumtriebsplantagen sind groß. Außerdem fehlen noch aussagefähige Ergebnisse, welche Sorte am jeweiligen Standort die besten Erträge bringt. Hinzu kommt, dass Energiewälder kaum mit Mais konkurrieren können, weil sie nur einen geringen Gewinn abwerfen.Thomas Gaul

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