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Energie-Magazin 02/10: Interview: "Unsere Branche braucht eine High-Tech-Strategie"

"Wir brauchen mehr Geld in der Forschung für erneuerbare Energieneine High-Tech-Strategie für erneuerbare Energien" (Vollständige Fassung des Interviews mit Prof. Dr. Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme aus Freiburg, über die Perspektiven der Photovoltaik in Deutschland). top agrar: Herr Prof.

Lesezeit: 6 Minuten

"Wir brauchen mehr Geld in der Forschung für erneuerbare Energieneine High-Tech-Strategie für erneuerbare Energien" (Vollständige Fassung des Interviews mit Prof. Dr. Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme aus Freiburg, über die Perspektiven der Photovoltaik in Deutschland). top agrar: Herr Prof. Weber, Sie haben kürzlich eine High-Tech-Strategie für erneuerbare Energien gefordert. Die Bundesregierung müsse der Forschung für erneuerbare Energien mehr Prioritäten einräumen. Wo hakt es konkret? Prof. Dr. Eicke Weber: Im Jahr 2008 betrugen die Forschungsausgaben in Deutschland 2,7 % der Wirtschaftsleistung. Das Ziel der Bundesregierung ist ein Anteil von 3% des Bruttosozialprodukts, wobei ein Drittel vom Bund, zwei Drittel von der Wirtschaft kommen. Bei den erneuerbaren Energien erreichten die Forschungsausgaben des Bundes in 2008 tatsächlich 1 % des Umsatzes. Angesichts der Herausforderungen, dem sich der noch junge Industriezweig der erneuerbaren Energien gegenüber sieht müsste aber meines Erachtens der Anteil des Bundes zur Forschungsförderung deutlich höher sein. Deutschland gibt heute 1 Mrd. Euro jährlich für die Energieforschung aus. Davon gehen fast zwei Drittel in die Kernspaltung und Kernfusion, nur ein Drittel in den Bereich erneuerbare Energien. Bedenkt man, dass es sich bei der Atomenergie um eine auslaufende Technologie handelt, ist das ein starkes Missverhältnis. Denn seit 2007 ist die Zahl der neugebauten Kernkraftwerke sehr klein geworden. In demselben Zeitraum haben wir aber einen starken Zubau der erneuerbaren Energien erlebt. top agrar: Wie stark ist Deutschland bei der Solarförderung im internationalen Vergleich? Weber: Deutschland und Europa haben in den letzten Jahren auch durch die Zurückhaltung der USA unter der Regierung Bush eine weltweit anerkannte Spitzenstellung erreicht. Wir können diese Spitzenstellung nur halten, wenn wir uns entsprechend anstrengen. Denn die USA, aber auch Korea und andere Ländern wollen die Ausgaben für die Erforschung von erneuerbaren Energien erhöhen. Steigen die Forschungsausgaben in Deutschland nicht, werden wir anderen Ländern hinterherhinken. top agrar: Berichte zur Solarforschung kommen vor allem von außeruniversitären Instituten wie Ihrem Haus, weniger von Universitäten. Gibt es dafür einen Grund? Weber: Stimmt, in Deutschland gibt es leider nur wenige Forschergruppen an Universitäten, die bei der Solarforschung mitbestimmen. Stattdessen sind Institute wie Helmholtz, Max-Planck, Leibnitz oder Fraunhofer führend. Die Institute der Fraunhofer Gesellschaft haben bei der Forschung an erneuerbaren Energien, besonders der Solarenergie die Nase vorn. Das hängt mit der Finanzierung zusammen: Unser Fraunhofer Institut beispielsweise erhält nur noch zehn Prozent an staatlicher Grundfinanzierung. Das Gros müssen wir über Technologieentwicklung für die Industrie selbst erwirtschaften. Daher ist der Innovationsdruck für uns sehr groß. top agrar: Die Photovoltaik ist in Deutschland wegen angeblicher Überförderung politisch stark unter Beschuss geraten. Sind die Vorwürfe berechtigt? Weber: Die Sichtweise ist zu einseitig allein auf die Stromerzeugungskosten gerichtet. Die Technologie, die wir aufgebaut haben, kostet uns nicht nur Geld über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), wir schaffen eine rasant wachsende Industrie mit hohem Exportpotenzial. Dank des EEG ist die Branche der erneuerbaren Energien in den letzten 10 Jahren um 300 % gewachsen. Solarenergie wächst derzeit am stärksten von allen Sparten der erneuerbaren Energie und wird künftig die dominierende Rolle spielen. Die Zahl der Beschäftigten in der Solarstrombranche ist auf 60.000 angestiegen und kann sich inzwischen mit anderen Branchen sehr gut messen. Den Kritikern am EEG sei gesagt: Nur in den Ländern, in denen es eine garantierte Einspeisevergütung wie beim deutschen EEG gibt, entwickelt sich der Markt. Das zeigt sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien, Italien und neuerdings auch in Frankreich. top agrar: Solarstrom ist gegenwärtig noch die teuerste Technologie, um erneuerbaren Strom zu erzeugen. Wie stark können die Kosten in den nächsten Jahren sinken? Weber: Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: Mit jeder Verdopplung der insgesamt installierten Menge werden Kosten und Preise um 22 % sinken. Diese Entwicklung kann man zurück bis 1980 verfolgen. Zunächst wird Solarstrom schon ab dem Jahr 2013 vergleichbar werden mit Haushaltsstrompreisen. Ab dann wird es für Verbraucher günstiger sein, den eigenen Strom selbst zu verbrauchen. Die Erzeugungskosten könnten bei weiterem Marktwachstum weiter auf 5 bis 10 Cent je Kilowattstunde sinken und damit vergleichbar mit den Kosten fossiler Energien werden. top agrar: Aber in den Jahren 2006 bis 2008 hat sich die installierte Solarstromleistung in Deutschland von 2,8 Gigawatt auf knapp 6 Gigawatt mehr als verdoppelt, der Anlagenpreis ist dagegen in diesen drei Jahren gerade einmal um 15 % gesunken. Weber: In der Tat sind die Preise in diesen Jahren nicht so stark gefallen. Das hatte jedoch nichts damit zu tun, dass sich die Technologie nicht weiter entwickelt hat. Der Markt war so überhitzt, dass die Hersteller keinen Grund sahen, die gesunkenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2009 gab es dagegen einen drastischen Preisverfall von knapp 30 %. Damit ist das Preisniveau heute wieder da, wo es nach der genannten Formel sein sollte. top agrar: Welchen Beitrag kann die Forschung leisten, um die Kosten für Solarstrom weiter zu senken? Weber: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, den Wirkungsgrad der Solarzellen aus Silizium zu steigern. Er liegt heute im Durchschnitt bei 16-18%, in der Spitze 20 bis 24 %. Parallel dazu geht es darum, die Kosten der Herstellung der Solarzellen drastisch zu senken. An zweiter Stelle der Forschungsaktivitäten in Deutschland liegen Dünnschichtzellen aus amorphem Silizium, Kupfer-Indium-Diselinid (CIS) und Cadmium-Tellurid (CdTe). Sie haben heute zwar erst einen Wirkungsgrad von 6 bis 11 %, haben aber die geringsten Kosten pro Watt und sind damit die preiswerteste Art, Solarstrom herzustellen. An dritter Stelle stehen hocheffiziente Tandemzellen für Konzentratortechnologie, die zu Modulen mit 25 bis 29% Wirkungsgrad führen. Sie werden in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung zum Einsatz kommen. Stärker in die Zukunft gerichtet ist die Erforschung von organischen Farbstoffen zur Photovoltaiknutzung. top agrar: Vor zwei Jahren hat die Branche sehr stark unter dem Siliziummangel gelitten. Wäre es nicht sinnvoller, alternativen Materialien den Vorzug zu geben? Weber: Nein, das wäre ein Fehler. 80 % der heute verwendeten Solarzellen bestehen aus Silizium. Nicht beim Silizium an sich kam es zu Engpässen auf dem Weltmarkt, sondern beim Halbleitersilizium, das sehr aufwändig hergestellt werden muss. Silizium selbst ist das zweithäufigste Element der Erde. Sehr spannend für die Entwicklung ist daher die Erforschung von "schmutzigem" Silizium mit höherer Verunreinigungskonzentration das durch direkte Reinigung von metallurgischem Silizium in der Schmelze erhalten wird. Diese Material kostet nur etwa ein Drittel des heute verwendeten, hochreinen Halbleitersiliziums, das sehr aufwändig durch Reinigung des Silizium in der Gasphase hergestellt wird . Was auch positiv zu werten ist: Der Verband der Zulieferindustrie für die Chipindustrie SEMI hat angekündigt, dass rund ein Viertel der 2000 Mitgliedsfirmen ihre Zukunft im Photovoltaikmarkt sehen.

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Hinrich Neumann

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