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Pilotanlage: Mit MAP vom Gärrest zum Torfersatz

Lesezeit: 4 Minuten

Landwirt Torben Lohmann aus Voerde erzeugt mithilfe von Kieserit und einem Dekanter ein Substrat, das bei Gärtnereien gefragt ist.


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Die Gärrestaufbereitung ist nicht nur eine Möglichkeit, Nährstoffe transportfähig zu machen. Sie kann auch ein neues Geschäftsfeld eröffnen. Einen neuen Weg dazu beschreitet seit Kurzem Torben Lohmann aus Voerde-Stockum in Nordrhein-Westfalen. Lohmann betreibt seit dem Jahr 2011 eine Biogasanlage mit 250 kW elektrischer Leistung. Als Substrat setzt er heute überwiegend Gülle und Mist ein. „Da der Kuhstall nicht mehr zeitgemäß war, stand ich vor der Entscheidung, weiter in die Viehhaltung zu investieren oder neue Wege zu beschreiten“, berichtet der Landwirt.


Einstieg im Jahr 2020


Seit Frühjahr 2020 hat Lohmann in einem eigenen kleinen Praxisversuch begonnen, den Gärrest aufzubereiten. Zunächst gibt Lohmann im Nachgärbehälter ESTA Kieserit dazu. Das Düngemittel des Herstellers K+S enthält 27% Magnesium und 22% Schwefel. Stickstoff und Phosphor aus dem Gärrest gehen im Nachgärer eine chemische Reaktion mit Kieserit ein, es entstehen wasserunlösliche Kristalle in Form von Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit, siehe Info „Was ist MAP“). „Die Menge bemisst sich am Phosphatgehalt und sollte als Faustformel das 1,4-fache vom P-Gehalt in dem Gärrest betragen“, erklärt Berater Reinhard Elfrich vom Unternehmen K+S Minerals and Agriculture. „Die über Kieserit zugeführten Nährstoffe werden von den Kulturpflanzen ohnehin gebraucht. Das Produkt ist außerdem nach EU-VO im ökologischen Landbau zugelassen“, sagt Elfrich.


Trennung mit Dekanter


Der so behandelte Gärrest gelangt in der Anlage von Lohmann in den Dekanter, den die Firma Flottweg, Hersteller von Schneckenzentrifugen, für den Versuch zur Verfügung gestellt hat. Torben Lohmann hat diesen zusammen mit dem Flottweg-Servicetechniker Michael Matzken an das Biogassubstrat angepasst. Denn die Technik kommt ansonsten überwiegend in Klärwerken zum Einsatz.


Ein Dekanter trennt den Gärrest in eine Fest- und eine Flüssigphase. Die Festphase hat etwa einen TS-Gehalt von 25%. „Die Flüssigphase führen wir als Rezirkulat wieder zurück in den Fermenter der Biogasanlage“, erklärt Lohmann. Es stellte sich heraus, dass der Stickstoffgehalt der wenig transportwürdigen flüssigen Phase um 65% reduziert wurde. Zudem ist der Gärrest nahezu geruchslos.


Mischung mit Kompost


Die anfallende Festphase mischt Lohmann mithilfe einer Siebmaschine aus der Kompostierung mit Grünschnittkompost. „Die Mischung ist für Erdenwerke und Gärtnereien als Torfersatz sehr interessant, es gibt eine große Nachfrage“, sagt Sergej Steinbarth von der Firma G&D Steinbarth, die jetzt Vermarktungswege für das Produkt aufbauen will. Als Abnehmer hält er auch Ökobetriebe bzw. Biogärtnereien für geeignet.


„In der Tat können Torfersatzprodukte für Biogasanlagenbetreiber ein zukünftiger Markt sein“, bestätigt Prof. Walter Stinner vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum aus Leipzig. Denn Torf trägt zum Abbau der Moore bei, was aus Natur- und Klimaschutzaspekten immer mehr in die Kritik gerät.


Um Gärrest als Torfersatz zu verwenden, reicht es jedoch nicht, den Gärrest einfach nur zu entwässern, erläutert der Wissenschaftler: „Wichtig ist es, eine gute Struktur zu schaffen, die für die Anzucht von Jungpflanzen wichtig ist.“ Hierbei können Holzfasern helfen. ▶ Diese stammen im Betrieb Lohmann aus dem Grünschnittkompost.


Allerdings gibt es einen Zielkonflikt. „Im Kultursubstrat muss genügend Stickstoff zur Versorgung der Pflanzen vorhanden sein. Doch auch beim mikrobiellen Abbau der Holzfasern wird Stickstoff benötigt und festgelegt“, beschreibt Stinner. Bei der Mischung des fertigen Kultursubstrates muss man also diese Stickstofffixierung durch eine entsprechende Zugabe überkompensieren. Doch dabei tritt ein neues Problem auf: Die hohe Stickstoffverfügbarkeit beschleunigt den Abbau der Fasern, sodass die Strukturwirkung abnimmt.


Hier kommt jetzt das beigemischte Struvit ins Spiel: Seine geringe Löslichkeit dürfte Vorteile gegenüber anderen Düngern bieten, erwartet Stinner. Er wird jetzt zusammen mit Karl-Heinz Eichers von Erden.NRW eine Versuchsreihe dazu anlegen.


In der Pilotphase hat Lohmann über 5000 m3 Gärrest aufbereitet. Seine Beobachtung: Wenn er den Gärrest mehrmals durch den Dekanter schickt, wird die Flüssigkeit immer klarer, sie enthält kaum noch Nährstoffe. „Mit Aufbereitungskosten von rund 1,16 €/m3 ist der Dekanter aber für eine reine Fest-Flüssig-Trennung zu teuer. Das Verfahren ist nur dann wirtschaftlich, wenn man eine Vermarktung für den Gärrest aufbaut“, stellt er fest. Berater Wilhelm Gantefort von der Firma Bio-Solar, der das MAP-Verfahren seit dem Jahr 2018 auf Biogasanlagen empfiehlt, ergänzt: „Mit diesem Verfahren können wir alle Nährstoffe überwiegend in der festen Phase anreichern, was für die Vermarktung entscheidend ist. Die Flüssigphase ist so strukturarm, dass man sie jetzt in einer Umkehrosmose zu vorfluterfähigem Wasser aufbereiten kann.“


hinrich.neumann@topagrar.com

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