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Biomethan als Kraftstoff: LNG oder CNG?

Der Einstieg in die Kraftstoffproduktion ist derzeit so attraktiv wie nie zuvor. Welche Chancen und Herausforderungen es für Biomethanerzeuger gibt, zeigten Experten in einem Webinar.

Lesezeit: 7 Minuten

Der Biokraftstoffmarkt wird immer mehr zu einer echten Alternative für Biogasanlagenbetreiber. „Während der Kabinettsentwurf zum EEG 2023 wenig Perspektiven für Biogasanlagen bietet, waren die Bedingungen für Biogas im Kraftstoffmarkt noch nie so gut wie heute“, fasste Horst Seide die aktuelle Lage zusammen. Aktuell fließen von den 100 Terawattstunden (TWh) Biogas in Deutschland knapp 1 TWh in den Kraftstoffmarkt. „Das wird sich aber schnell ändern“, sagte der Präsident des Fachverbandes Biogas zu Beginn des digitalen Fachgesprächs „Lokale Biogastankstellen: Stand der Technik, Chancen und Perspektiven“. Denn es gibt derzeit weit über 100 Projekte in Deutschland, bei denen Landwirte und andere Interessierte eine Biomethananlage neu bauen oder bestehende Anlagen auf die Biomethanerzeugung umrüsten wollen.

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Beim Verkauf von Biomethan als Kraftstoff sind zahlreiche rechtliche Vorgaben zu beachten wie z.B. eine Zertifizierung nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung für die Rohstoffe sowie den gesamten Herstellungsprozess. „Zudem gibt es im Rahmen des Gasnetzzugangs Vorgaben für die Gasqualität bei der Einspeisung ins Gasnetz“, erläuterte Dirk Bonse, Leiter der Stabstelle Erneuerbare Gase beim Fachverband Biogas.

Im Kraftstoffmarkt gibt es zwei Gasvarianten, die derzeit gefragt sind:

  • CNG (Compressed Natural Gas): Das Gas ist hierbei auf bis zu 250 bar komprimiert und wird in Flaschen im Fahrzeug mitgeführt. Auf Basis von Biomethan spricht man von Bio-CNG.
  • LNG (Liquefied Natural Gas): Das Gas wird auf mindestens -161 °C abgekühlt und so verflüssigt. Es wird gekühlt getankt. Vorteil: Die Energiedichte ist ähnlich der von Diesel und damit deutlich höher als bei CNG. Mit zwei 540 l-Tanks kann ein Lkw mit einer Tankfüllung bis zu 1600 km weit fahren.

Heutiger Gaskraftstoff wird überwiegend aus Erdgas hergestellt. Auf Basis von Biomethan spricht man von Bio-CNG oder Bio-LNG.

Unterschiedliche Marktentwicklung

Der Markt ist allerdings sehr unterschiedlich:

  • CNG lässt sich in entsprechenden Fahrzeugen nutzen, sowohl in Lkw als auch in Pkw. Die Tankstelleninfrastruktur ist etabliert und gut ausgebaut. Allerdings ist CNG als Kraftstoff politisch hinter der Elektromobilität zurückgefallen. Mehr und mehr Autohersteller haben sich aus dem Bereich zurückgezogen, es gibt nur noch wenig Fahrzeuganbieter. In Deutschland fahren zurzeit 80.000 Gas-Pkw. Dazu kommen 20.000 Liefer-Kfz und Busse.
  • Der Fokus beim LNG liegt auf dem Schwerlast- und Schiffsverkehr. „Nicht nur die Fahrzeughersteller und Speditionen sehen hierin einen Zukunftsmarkt, sondern auch die EU-Kommission“, erklärt Bonse. So sind u.a. im Klimaschutzpaket „Fit for 55“ oder in der „Alternative Fuels Infrastructure Directive“ der EU Ausbauziele für die LNG-Infrastruktur genannt.
  • Bis März 2021 hatte die Bundesregierung die Umrüstung der Lkw-Flotten auf LNG bezuschusst. Im Förderprogramm „Energieeffiziente und/oder CO₂-arme schwere Nutzfahrzeuge (EEN)“ waren laut Initiative „Zukunft Gas“ unter den bis Ende 2020 beantragten 5.034 Fahrzeugen 4.355 LNG-Lkw – eine Quote von 87 %. Weitere 12 % seien auf CNG-Lkw (602 Fahrzeuge) entfallen.
  • Ein weiteres Plus aus Sicht der Transporteure ist die Mautbefreiung für erdgasbetriebene Lkw. Allerdings gilt diese seit 1. Oktober 2021 nur noch für Erdgas-Fahrzeuge, die werkseitig für den Betrieb mit CNG, LNG oder als Zweistoffmotor mit LNG/Diesel ausgeliefert wurden, nicht mehr für nachgerüstete Lkw.
  • Die Zahl der LNG-Tankstellen ist von vier im Jahr 2019 auf 109 im März 2022 gestiegen, 52 weitere sind in Planung. Aktuell gibt es rund 3000 LNG-Lkw in Deutschland.

Die weitere Entwicklung wird stark von den rechtlichen Rahmenbedingungen abhängen wie der Fortführung der Mautbefreiung nach 2023, der Förderung von Gasfahrzeugen und energiesteuerlichen Regelungen.

Zusatzerlös THG-Quote

Zudem bietet der Biokraftstoffmarkt neben dem Erlös an der Tankstelle auch die Möglichkeit, Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) zu verkaufen. Aktuell liegt der Quotenpreis bei über 20 ct/kWh (Brennwert). „Der Handel mit THG-Quoten bringt inzwischen einen zwei- bis dreifachen höheren Umsatz als das Tankstellengeschäft“, rechnet Bonse vor. Besonders bei der Vergärung von Gülle und Mist ist die THG-Bilanz sogar negativ und damit die THG-Quote sehr hoch. Käufer der Quoten sind Tankstellenbetreiber oder Mineralölkonzerne.

Eine weitere Einnahmequelle könnte CO₂ werden, das bei der Gasaufbereitung von Biogas zu Biomethan anfällt. Abnehmer könnten die Lebensmittelindustrie oder Betreiber von Gewächshäusern sein.

Wege der Vermarktung

Für den Einstieg in die Biomethanerzeugung gibt es jedoch verschiedene Wege. Denn nicht jede Anlage liegt strategisch günstig an einer Gasleitung oder ist groß genug, damit sich eine eigene Aufbereitung rechnet. Dazu kommt der Zugang zum Kraftstoffmarkt, für dessen Erfolg verschiedene Faktoren gehören.

Folgende Optionen stellte Bonse in seinem Vortrag als denkbar heraus:

  • Verkauf von Rohbiogas an Händler bzw. Distributoren,
  • Aufbereitung von Biogas zu Biomethan und Einspeisung ins Erdgasnetz, ggf. mit Abnahmevertrag eines Händlers oder Tankstellenbetreibers,
  • eigene Hoftankstelle für die eigene Nutzung oder zum öffentlichen Verkauf,
  • Produktion von Bio-LNG durch Verflüssigung von Biomethan,
  • Bündelung mehrerer Anlagen, um das Rohbiogas zu einer zentralen Aufbereitung zu leiten und dort Biomethan sowie bei Bedarf auch Bio-CNG oder Bio-LNG herzustellen.

Eigene CNG-Hoftankstelle

Dass auch die Eigenversorgung mit Kraftstoff lukrativ sein kann, erklärte Alexey Mozgovoy, Zuständiger für die Geschäftsentwicklung bei PlanET Biogastechnik aus Gescher. „Mit einer eigenen Tankstelle bleibt mehr Wertschöpfung auf dem Hof“, sagt der Gasexperte. Während der Dieselpreis an öffentlichen Tankstellen aktuell 2,13 €/l kostet, lässt sich Bio-CNG einschließlich Energie- und Mehrwertsteuer vor Ort für 1,30 bis 1,60 €/kg herstellen. Eine weitere Förderung ist die reduzierte Energiesteuer in Höhe von 40 % des Regelsteuersatzes bis 2023. Zudem entfällt bei Bio-CNG die CO₂-Abgabe nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), die aktuell 9,6 ct/kg bei fossilen Kraftstoffen wie CNG oder LNG ausmacht und bis 2026 auf 18 ct/kg ansteigt.

Bei der eigenen Hoftankstelle gibt es heute die Möglichkeit, neben der Verstromung eine kleine Biogasaufbereitung auf Basis der Membrantechnik plus Tankstelle zu errichten. „Damit lassen sich pro Stunde etwa 25 bis 40 m3 Biomethan erzeugen“, rechnet Mozgovoy vor. Diese Gasmenge reicht für bis zu 3 Lkw und ersetzt im Jahr rund 30.000 l Diesel. Der Landwirt kann die Anlage selbst finanzieren oder auch mit Investoren kooperieren. „Daneben sind aber auch Neubau einer Biomethananlage oder der komplette Umstieg von der Strom- auf die Kraftstofferzeugung denkbar“, sagt Mozgovoy.

Zur Absicherung der Wirtschaftlichkeit rät er dazu, dass sich in der Nähe der Tankstelle Unternehmen mit kleinen Fahrzeugflotten befinden, die sich als Kunden gewinnen lassen können. Dazu zählt er Bäckereien, Busunternehmen, Speditionen usw.

„Außerdem muss langfristig sichergestellt sein, dass genügend Rest- und Abfallstoffe wie Wirtschaftsdünger, Abfall aus dem Obst- und Gemüseanbau etc. als Rohstoff für die Biogaserzeugung vorhanden sind“, rät er.

Lohnverflüssigung von Biomethan

Jörg Fischer von EnviTec Biogas stellte dagegen die Möglichkeit vor, Biomethan zu erzeugen und in einer Großanlage im Lohn zu LNG zu verflüssigen. Das Verfahren sei besonders interessant für Biogasanlagen, die aus der ersten EEG-Periode fallen Dabei wird das Gas zunächst ins Gasnetz eingespeist und dann bilanziell am Ort der Verflüssigung wieder entnommen. Das bietet dem Biomethanerzeuger mehrere Vorteile, wie Fischer erläutert:

  • Die Investition in eine eigene Verflüssigungsanlage mit entsprechenden Gefahrgutauflagen entfällt.
  • Ebenso ist keine Betreuung der komplexen Verflüssigung nötig.
  • Die Kosten für die Verflüssigung sind günstiger, als wenn der Landwirt selbst in eine Anlage investieren würde.
  • Dennoch behält der Betreiber die Option, den Kraftstoff selbst vermarkten zu können.

„Wer nicht selbst in die Vermarktung von Bio-LNG einsteigen will, kann uns aber auch das Biomethan verkaufen“, nennt er eine weitere Möglichkeit.

Vor- und Nachteile der Optionen

Wer eine Hoftankstelle für Bio-CNG betreibt, kann nur eine Teilmenge des Gases als Kraftstoff verkaufen. Denn der Absatz schwankt, erklärte Biokraftstoffexperte Hubert Maierhofer vom Netzwerk C.A.R.M.E.N. „Zudem muss der Betreiber viel Marketing betreiben, um den Absatz zu sichern. Das kostet Zeit und Geld“, sagt er. Bei der LNG-Produktion lässt sich der Kraftstoff dagegen kontinuierlich erzeugen und das fertige Produkt zur Tankstelle liefern. Für CNG spricht, dass damit die THG-Quote höher ausfällt. Denn die Verflüssigung ist ein energieaufwendiger Schritt.

„Wir sehen beide Kraftstoffarten als interessant an: CNG im Nahbereich bzw. im Werksverkehr, LNG dagegen im Fernverkehr für Speditionen, die bei Langstreckentransporten mit einer Tankfüllung 3000 km fahren wollen“, bewertet Harald Sentner vom Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) die Optionen aus Sicht der Fuhrunternehmen.

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