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„EEG-Entwurf würgt Energiewende ab“
Die Kritik am jetzt vorgelegten Referentenentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2016) reißt nicht ab. Neben Klimaschutzzielen seien auch Bürgerenergieprojekte in Gefahr.
Der lang erwartete, offizielle Referentenentwurf zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) liegt vor. Am Donnerstag Abend (14. April 2016) hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) die Länder- und Verbändeanhörung zum EEG 2016 eingeleitet. Das EEG 2016 sei das zentrale Instrument, um den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis zum Jahr 2050 von heute 32 auf 80 % zu erhöhen.
Mit der erstmals einführten Ausschreibung der Förderung will das BMWi drei Ziele erreichen, die auch die Leitgedanken bei der Reform des EEG 2016 sind:
- Bessere Planbarkeit: Die Ausbaukorridore für erneuerbare Energien nach dem EEG 2014 sollen eingehalten werden. Durch die Ausschreibungen will das BMWi den der zukünftige Ausbau effektiv steuern.
- Mehr Wettbewerb: Die Ausschreibungen sollen den Wettbewerb zwischen Anlagenbetreibern fördern und die Kosten des Fördersystems gering halten. Erneuerbarer Strom soll nur in der Höhe vergütet werden, die für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen erforderlich ist.
- Hohe Vielfalt: Die Akteursvielfalt unter den Anlagenbetreibern soll von großen Firmen bis zu kleinen Genossenschaften erhalten bleiben und allen Akteuren faire Chancen einräumen.
„Bundesregierung will Windenergie abwürgen“
Den Optimismus von Minister Gabriel teilen Opposition, Länderminister und Branchenvertreter keinesfalls. Als Zeichen der Mutlosigkeit bezeichnet Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, den vorliegenden Entwurf. Die Erneuerbaren Energien könnten bis zum Jahr 2025 dahin einen deutlich höheren Anteil zur Energieversorgung beitragen als die vorgesehenen 45 %.
Die Energieminister der grün mitregierten Länder warnen vor einer massiven Begrenzung der Windenergie. Im Detail kritisierten sie, dass die Regierung den Ausbau der Windenergie massiv begrenzen wolle. Damit kündige die Regierung das zwischen Bund und Ländern im April 2014 als Minimal-Kompromiss vereinbarte Ausbauziel von längerfristig 2,5 Gigawatt (GW) netto auf. „Wir teilen das Argument der Bundesregierung ausdrücklich nicht, dass diese Deckelung des Ausbaus aus Gründen der Kostenbegrenzung oder des zu langsamen Netzausbaus notwendig oder gar sinnvoll sei“, erklärten die grünen Minister gemeinsam. Seit dem Jahr 2014 wären in Deutschland ca. 4 GW Onshore-Windenergie brutto pro Jahr zugebaut worden, ohne dass dies eine nennenswerte Steigerung der EEG-Umlage zur Folge gehabt hätte.
Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien müsse deutschlandweit stattfinden können, damit ihr volles Potenzial erschlossen werden kann. Auch reichten die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Sonderregelungen zur Bürgerenergie bei weitem nicht aus, um die Akteursvielfalt zu erhalten. Projekte bis zu 18 Megawatt Leistung müssten ausschreibungsfrei bleiben.
Die Ausnahmen für Bürgerenergieprojekte führen im Gegenteil zu zusätzlichen Risiken, warnt auch Greenpeace Energy: Denn Bürgerenergie-Projekte sollen sich auch ohne Genehmigung an der Ausschreibung beteiligen können. Wenn ein Projekt später aber keine Genehmigung erhält, darf die Wind- oder Solaranlage auch nicht gebaut werden. In dem Fall würden als Folge der Auktionsteilnahme saftige Strafzahlungen fällig, die für Bürgerenergieprojekte nur schwer zu tragen wären. „Häufig werden Windkraft-Anlagen auch nur mit Auflagen genehmigt, wie etwa Abschalt-Zeiten zum Schutz von Fledermäusen. Während andere Auktionsteilnehmer dies in ihr Gebot einpreisen, müssten Bürgerenergieakteure mit solchen Unsicherheiten in die Ausschreibung“, gibt Greenpeace zu denken.
„Die intensive fachliche Debatte der Akteure der Energiewirtschaft, aber auch die Stellungnahmen aus den Ländern wurden offensichtlich nur unzureichend beachtet“, kritisiert Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie. Ebenso blieben die klaren und auf deutschen Druck erfolgten Vereinbarungen der Klimakonferenz in Paris unberücksichtigt.
Kritik der Solarbranche
Scharfe Kritik am aktuellen Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) kommt auch von der Solarbranche. „Dieser Gesetzesentwurf steht in eklatantem Widerspruch zu den Klimaschutzzielen und muss dringend nachgebessert werden. Großverbraucher klimaschädlicher Energie werden weiter subventioniert“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).
Solarenergie sei inzwischen preiswert, bei fairer Kostenbetrachtung sogar günstiger als Strom aus neuen Atom- oder Kohlekraftwerken. Es gäbe keinen nachvollziehbaren Grund, sie nicht endlich stärker zu nutzen. Der BSW fordert unter anderem eine Abschaffung bzw. deutliche Verringerung der finanziellen Belastung des Eigenverbrauchs über die EEG-Umlage. Energieversorger und Stadtwerke würden längst Mieter mit preisgünstigen Solartarifen bedienen, wenn Solarstrom vom Dach des Vermieters nicht weiterhin künstlich verteuert werde. Körnig: „Es stinkt zum Himmel, dass Mieter für Solarstrom vom eigenen Hausdach mit sechs Cent je Kilowattstunde zur Kasse gebeten werden, während die größten Energieverbraucher in der Industrie weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit werden.“
Körnig warnt zudem deutlich davor, den Fördermechanismus von Photovoltaikanlagen generell auf ein Ausschreibungsverfahren umzustellen. Um eine breite Akteursstruktur und Akzeptanz der Energiewende zu sichern, müssten Ausschreibungen auf große Solarparks begrenzt bleiben. Anders als bei ebenerdigen Solarparks würden Förder-Auktionen von Solarstromanlagen auf Dächern scheitern. Das sei die übereinstimmende Auffassung der meisten Energie- und Finanzexperten. Denn die Projekt- und Investorenstrukturen seien deutlich komplexer, heterogener und kleinteiliger.