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Kernkraftdebatte: „Nuklearer Irrweg“

Angesichts des Ukrainekriegs fordern einige Politiker und Verbände die Laufzeitverlängerung der drei deutschen Atomkraftwerke. Doch vieles spricht dagegen – auch die Preise.

Lesezeit: 4 Minuten

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine werden in Deutschland immer wieder Stimmen zu einer Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke laut. Neben den sehr deutlichen, ablehnenden Aussagen, nicht nur von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, sondern auch von den Betreibern der drei letzten deutschen Meiler, illustriert das Beispiel Frankreich einmal mehr, warum dies ein Irrweg ist. Das berichtet der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE).

Extreme Spotmarktpreise

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Am Montag (4. April) ist es zu extremen Energiepreisunterschieden am Spotmarkt für Strom gekommen, an dem kurzfristig verfügbare Energiemengen gehandelt werden. Frankreich musste laut BEE im europäischen Vergleich die höchsten Preise je Megawattstunde (MWh) zahlen. In Deutschland stabilisieren hohe Einspeisungen der Erneuerbaren diese Preisausschläge, teilt der BEE mit. Der deutsche Spotpreis lag im Tagesmittel bei rund 75 €/MWh. Weniger zahlten nur Schweden, Finnland, Dänemark und Teile Norwegens. Im gleichen Zeitraum lag das französische Tagesmittel bei 550 € und damit mehr als siebenmal so hoch.

„Die außergewöhnlich hohen Spotpreise zeigen deutlich das unschöne Gesicht der atomgeführten Energiepolitik. Im Zeitraum zwischen 7 und 9 Uhr lag der französische Spotpreis sogar bei fast 3.000 €/MWh und entspricht damit dem Höchstpreis, der überhaupt am Spotmarkt möglich ist“, erklärt Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. „Diese Zahlen belegen, dass Frankreich fast jede verfügbare Kilowattstunde am Markt aufgekauft hat, um seinen Strombedarf decken zu können.“ Höhere Stromverbräuche in diesem Zeitfenster hätten zu marktbedingten Versorgungsengpässen und somit zu einer schlechteren Versorgungssicherheit geführt.

"Das Gegenteil von Versorgungssicherheit"

Das demonstriere die Folgen einer Energiepolitik, die primär auf die Atomkraft setze. Frankreich sei zeitweise gezwungen, seinen hohen Energiebedarf über ausländische Stromimporte bis an die physischen Grenzen zu decken. Damit sei die Energieversorgung rein marktabhängig. „Das ist das Gegenteil von Versorgungssicherheit. Atomkraft ist teuer, riskant und nicht nachhaltig. Aus Klima-, Versorgungssicherheits- und Kostengründen müssen wir die erneuerbare Energiewende konsequent und deutlich schneller als bisher vorantreiben“, sagt Peter.

Minister Lies gegen Kernkraft

Auch Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) sieht die Debatte um die Kernenergie kritisch: „Es geht nicht um Denkverbote, es geht nicht um Ideologie. Es geht um Lösungen und eine faktenbasierte Debatte der aktuellen energiepolitischen Herausforderungen. Und da ist und bleibt für mich eine Renaissance der Kernenergie keine Option.“

Jetzt müsse es vor allem um den Ausbau der Erneuerbaren gehen. Dazu gehört für Lies mehr Windenergie ohne neue Abstandsdiskussion, um Photovoltaik auf jedem Dach und um einen schnellen Ausbau des Stromnetzes. „Wer über Laufzeitverlängerungen diskutiert und sie will, der läuft Gefahr, dass er sich im Grunde gegen den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien stellt. Das lenkt nur ab und bringt uns nicht weiter“, macht der Minister deutlich.

Erneute Abhängigkeit

Beim jüngsten Energieministertreffens hat sich laut Lies gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Länderenergieminister einhellig gegen einen wiederholte Atomausstieg sei. „Abgesehen von dem Umstand, dass es äußerst schwer wird, einen Betreiber zu finden, machen wir uns nur wieder an anderer Stelle abhängig von Russland, denn ein großer Teil der Uranbezüge Europas kommen ebenfalls dort her“, nennt Lies ein weiteres Argument dagegen.

Dazu komme, dass Brennstäbe nicht kurzfristig verfügbar seien. Eine Verlängerung der Laufzeiten der noch in Betrieb befindlichen drei Atomkraftwerke würde frühestens ab Herbst 2023 nach erneuter Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben zusätzliche Strommengen bringen. Das helfe in der aktuellen Situation gar nichts. Überdies betrug der Anteil der drei Atomkraftwerke an der Stromerzeugung in Deutschland im vergangenen Jahr lediglich noch 5,9 %. Die Anlagen seien außerdem personell auf den Auslaufbetrieb eingestellt. „Die für einen zeitnahen Weiterbetrieb notwendigen Personalressourcen müssten somit erst wieder aufgebaut werden. Und über die neuen Genehmigungsverfahren für die Sicherheit und den Betrieb der Anlagen und die nach wie vor weiter ungelöste Endlagerungsfrage haben wir da noch gar nicht diskutiert“, so Lies.

Sein Resümee: Deutschland habe derzeit kein Problem bei der Stromproduktion. "Wir haben ein Beschaffungsproblem beim Gas. Das überbrücken wir nicht mit einer aus meiner Sicht wenig zielführenden neuen Debatte um die Kernenergie."

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