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topplus Spezialreise Regenerative Energien

Methanol und Solarstrom: Neue Ideen für mehr Unabhängigkeit im Betrieb

Am zweiten Tag der Farm Tours-Spezialreise zu Energie-Projekten in Schleswig-Holstein gab es Einblicke in neue Forschungsprojekte sowie aktuelle Infos zu Solarspeichern und Agri-Photovoltaik.

Lesezeit: 6 Minuten

Der schleswig-holsteinische Landkreis Dithmarschen im Westen des Landes ist vor allem für Gemüse bekannt: Hier liegt Europas größtes Kohlanbaugebiet. Aber nicht nur das: „Wir haben hier im Kreis auch die höchste Dichte an Windenergieanlagen in ganz Deutschland“, erklärte Regine Albert, Projektmanagerin bei der Entwicklungsagentur Region Heide, den Teilnehmern der Spezialreise „Regenerative Energien“ von Farm Tours, deren erste Station Donnerstag die FH Westküste in Heide war. Albert, Koordinatorin der Kommunikations­strategie im Forschungsprojekt „Westküste100“, erläutert die Zielsetzung des Reallabors.

In dem Projekt wollen zehn Partner im Rahmen einer branchenübergreifenden Kooperation eine Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab aufbauen. Das Reallabor ist Teil der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung und wird vom Bundeswirtschaftsministerium fünf Jahre lang gefördert. Ein Grund für das Projekt war, dass schon heute viele Windräder aufgrund von Netzengpässen abgeschaltet werden müssen und erneuerbare Energie ungenutzt verloren geht. Zwar wird gerade die Westküstentrasse erweitert, die mehr Strom Richtung Süden transportieren soll. „Aber in wenigen Jahren werden wir hier zusätzlich viel Strom von Offshore-Windparks haben, was uns vor neue Herausforderungen stellen wird“, sagt sie. Darum sind Lösungen gefragt, wie sich der Strom sinnvoll nutzen lässt, ohne Windräder abschalten zu müssen. Denn an der Westküste böten starke Windenergie, sehr gute geologische Speicherbedingungen und eine Machermentalität der Menschen gute Voraussetzungen für innovative Wasserstofftechnologien und neue Geschäftsmodelle.

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Wasserstoff als Bindeglied der Sektorenkopplung

Im Forschungsprojekt verfolgen die beteiligten Firmen und Institute folgenden Weg: Grünstrom und Wasser werden per Elektrolyse in grünen Wasserstoff umgewandelt. Der entstehende Sauerstoff soll in der Zementindustrie genutzt werden. Gleichzeitig wird das in der Zementherstellung freiwerdende, hochreine CO₂ mit dem grünen Wasserstoff zu Methanol synthetisiert. In Folgeprojekten soll das Methanol dann in der Raffinerie Heide weiter­verarbeitet werden, z.B. zu synthetischem Kerosin.

Für 2022 ist der Bau einer ersten Elektrolyseanlage mit 30 MW geplant, später soll die industrielle Produktion mit einer 700 MW-Variante erfolgen. Weitere Ansätze im Projekt sind die Speicherung von Wasserstoff in Salzkavernen, um diese Energie bei Bedarf für weitere Produktionsprozesse nutzen zu können, die Nutzung der Abwärme aus der Elektrolyse zum Heizen eines Gewerbegebiets oder die Einspeisung von H2 ins Erdgasnetz über die derzeit gesetzlich vorgegebene Höchstgrenze von 10 % hinaus.

Unternehmen sollen sich ansiedeln

Mithilfe der Projektinitiative Entree100 soll durch skalier- und übertragbare Energiewendeprojekte und aktive Netzwerkarbeit regionale Wertschöpfung entstehen.

„Wir wollen z.B. in einem geplanten PtX-Businesspark Unternehmen, die im Bereich Energiewende tätig sind, motivieren, sich hier anzusiedeln und Teil unseres Netzwerks zu werden", erklärt Projektmanagerin Anja Träger, die ebenfalls bei der Entwicklungsagentur arbeitet. Wie Träger erläuterte, würden sich hier mehr Unternehmen ansiedeln, wenn der Strompreis spürbar günstiger wäre. Hierzu müsste sich aber das Strommarktdesign in Deutschland grundsätzlich ändern.

Gebäudeheizung mit Wind- und Solarstrom

Prof. Gunther Gehlert vom Fachgebiet Gebäude- und Umwelttechnik an der FH Westküste erklärte im Folgenden, wie die künftige Gebäudeheizung in größeren Häusern oder Wohnquartieren auf Basis von erneuerbaren Energien erfolgen könnte. Dazu hat die FH Westküste ein Gebäude mit 207 m2 Fläche entsprechend ausgestattet. Die Stromversorgung wird über eine Batterie auf Basis von Eisen-Lithium-Ionen gesteuert. Stromquellen sind ein Kleinwindrad mit 9,5 kW und eine Photovoltaikanlage mit 10 kW. An die Batterie sind zwei Wärmepumpen (eine Luft-Wasser und eine Sole-Wasser mit zwei Erdsonden) angeschlossen. „Mit der Batterie können wir aber Strom nur kurzzeitig speichern, es ist keine saisonale Verschiebung möglich“, erklärt er. Künftig soll eine Mini-Elektrolyse aus nicht benötigtem Strom Wasserstoff produzieren und in Flaschen speichern. Dieser kann dann bei Bedarf über eine Brennstoffzelle Strom und Wärme produzieren. Noch ist die Lösung sehr teuer und nicht wirtschaftlich. Aber die FH Westküste will in dem Projekt eine Blaupause für die künftige Gebäudeheizung, Lüftung und Kühlung erstellen.

Solarspeicher für mehr Eigenstromversorgung

Wie Landwirte mithilfe eines Solarspeichers die Eigenstromversorgung im Betrieb erhöhen können, erläuterte am Nachmittag Albert Klaas von Elektro-Klaas aus Albersdorf. Klaas, der das Unternehmen 1994 gegründet hatte, ist im Jahr 2013 in den Vertrieb von Speichern des Herstellers „Sonnen“ eingestiegen und hat bis heute mehr als 1200 Speicher installiert. Sonnen selbst hat weltweit über 45.000 Speicher verkauft. Die Speicher auf Basis von Lithium-Eisenphosphat beginnen mit einer Kapazität von 5 kWh und lassen sich bis 247 kWh erweitern. Die Kosten für eine mittlere Größe gibt Klaas mit 800 €/kWh an, die Speicherkosten mit 10 bis 11 ct/kWh. „Wer Preise von unterschiedlichen Herstellern vergleichen will, sollte darauf achten, was bei dem Batteriesystem alles im Preis enthalten ist. Denn zu dem reinen Akku gehören noch Batteriewechselrichter, Laderegler und andere Komponenten“, rät der Experte. Wie Klaas weiter erläuterte, bietet Sonnen zusammen mit IBM und dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet an, den gespeicherten Strom zur Regelenergie zu nutzen. Dabei kommt die Blockchain-Technologie zum Einsatz.

Ein Zukunftsthema, das bei Kosten von ca. 70.000 bis 100.000 € derzeit nur für Liebhaber geeignet ist, könnte ein Langzeitspeicher mit Wasserstoff werden. Bei der „Home Power Solution“ wird überschüssiger Strom in Wasserstoff umgewandelt und in Flaschen gespeichert. Anschließend kann man daraus mit einer Brennstoffzelle Wärme und Strom produzieren und sich ganzjährig damit versorgen.

Tomaten unter Modulen

Mit dem „Dörps-Agro-Solar“ bietet das Unternehmen „SunFarming Nord“ eine neue Agriphotovoltaiklösung an. Am Standort Dörpling des ansonsten in Erkner bei Berlin ansässigen Unternehmens erläuterte Gerd Schrum das Prinzip: Die bis zu 3 m hoch aufgeständerten Module sind lichtdurchlässig. Darunter lassen sich Früchte wie Tomaten Gurken, Paprika und anderes Gemüse oder Heilkräuter wie z.B. Artemisia annua anbauen. In speziell geformten Kehlen unter den Modulkanten wird das Regenwasser aufgefangen und zur Bewässerung genutzt. „Man kann aber auch Netze darum spannen und die Module als Unterstand für Freilandhühner nutzen“, erklärte Schrum. Mit zwischen den Modultischen ausgesäten Blühmischungen lässt sich die Biodiversität erhöhen.

SunFarming plant und errichtet die Anlagen. Sie hätten mehrfachen Nutzen für die Region, wie er erklärte: Landwirte können damit einen Mehrfachnutzen mit der Fläche erzielen, Gemeinden würden die Gewerbesteuer kassieren, Bürger können mit einem Dorf-Stromtarif günstig Energie kaufen oder sich durch eine Anleihe an der Investition beteiligen.

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