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topplus Spezialreise Regenerative Energien

Neue Geschäftsmodelle für Energiewirte: Ein Blick in die Zukunft

Am dritten Tag der Spezialreise von Farm-Tours erlebten die Teilnehmer im GreenTec Campus Enge-Sande sowie in Reußenköge, wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen könnte.

Lesezeit: 5 Minuten

„You are entering the Future-Zone“: Mit diesem vielversprechenden Spruch empfängt der GreenTec-Campus in Enge-Sande (Landkreis Nordfriesland, Schleswig-Holstein) die Besucher. Und in der Tat: Auf dem 130 ha großen Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots der Bundeswehr konnten die Teilnehmer der Farm Tours-Spezialreise zu regenerativen Energien am dritten Tag wirklich in die Zukunft eintauchen. Eine Fahrt mit einem fahrerlosen, autonomen Bus, der Besuch einer Algenzucht, die Abwärme aus einem darunter liegenden Rechenzentrum nutzt oder der Blick auf verschiedene Systeme, um Strom aus einem Windpark zum Betrieb zu transportieren, waren Beispiele dafür. „Wer den Kraftstoff hat, bestimmt die Zukunft“, ist Visionär Marten Jensen überzeugt, der Inhaber und Gründer des GreenTec-Campus. Sein Appell: Landwirte sollten sich unabhängig von den Stromnetzen machen. „Die Netze sind das letzte Monopol der Energieversorger“, erklärt er.

Strom in Batterien transportieren

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Um die viele Hürden zu umgehen, die bei der Vermarktung von Strom an fremde Verbraucher drohen, hat Jensen eine Idee: Landwirte und andere Energieerzeuger laden große Batterien in Fahrzeugen wie Bussen, Autos usw. nachts am Windpark und fahren sie morgens zum Entladen zu den Häusern oder zum Betrieb. Denkbar wären ebenso austauschbare Akkus für Fahrzeuge und Speicheranlagen, wie sie derzeit in Asien schon angeboten werden. „Bidirektionales Laden mit Fahrzeugen ist eine große Chance“, sagte er.

Neben Großwindparks hält Jensen auch Kleinwindräder für eine ideale Möglichkeit zur Eigenstromversorgung. Gekoppelt mit einer Batterie können sie gerade im Winter und nachts Strom produzieren, wenn Photovoltaik weniger Strom liefert. Auf dem Campusgelände zeigte dazu eine „Insellösung“: auf einem Batteriecontainer ist ein Mast mit einer Kleinwindanlage der Marke „Easywind“ montiert. Die schwere Batterie erhöht die Standfestigkeit, Windkraft und Solarzellen sorgen für kostenlose, grüne Energie. Diese Lösung ist mobil und netzunabhängig. „Kleinwindanlagen für den Eigenverbrauch könnten künftig auch in Großwindparks stehen, wo sie niemanden stören“, stellte Jensen eine Variante vor.

Rechenzentren im Windpark

Genauso hält er es für sinnvoll, Rechenzentren künftig in Windparks anzusiedeln, wo es günstigen Strom gibt. Die Abwärme lässt sich zur Algenzucht verwenden, wie ein Pilotprojekt auf dem Campusgelände zeigt. „Die getrockneten Algen lassen sich derzeit hervorragend vermarkten, z.B. Nahrungsergänzungsmittel oder als Rohstoffe in den Bereichen Kosmetik, Arznei sowie Futtermittel“, erklärt Wolfgang Göttgens, Key Account Manager im GreenTec-Campus.

Eine weitere Innovation auf dem Campus ist die Produktion der „Sunoyster“ (deutsch: Sonnen-Auster) der SunOyster Systems GmbH mit Sitz in Halstenbek. Sie besteht aus einem kleinen PV-Modulfeld, kombiniert mit einem gekrümmten Spiegel. Dieser konzentriert das Solarlicht auf spezielle Photovoltaik-Zellen, womit die Stromausbeute erhöht und neben Strom und Wärme zusätzlich auch Kälte erzeugt werden kann. Der Gesamtwirkungsgrad soll bei 75 % liegen: 30 % des Sonnenlichts wird in Strom, 45 % in Wärme umgewandelt. Bei starkem Wind klappt sich der Spiegel zu, in eine flache Position – wie die Schale einer Auster.

Ideenschmiede im Sönke-Nissen-Koog

Nach dem spannenden Einblick in künftige Entwicklungen erlebten die Reiseteilnehmer am Nachmittag eine weitere Ideenschmiede: Den Dirkshof im Sönke-Nissen-Koog. Inhaber Dirk Ketelsen schilderte eindrucksvoll, wie ein Landwirt mit Mut, Geschäftssinn und Beharrlichkeit viele Projekte umsetzen kann. Den ehemaligen konventionellen Ackerbaubetrieb hatte er 1989 auf Bio umgestellt. Im gleichen Jahr stieg er in die Windenergie ein. Im Laufe der 90er Jahre initiierte er mit anderen Mitstreitern insgesamt acht Bürgerwindparks in der Gemeinde „Reußenköge“. Auf dem 3500 ha großen Gebiet sind heute 95 % der dort wohnenden Bürger beteiligt. Die über 90 Anlagen werden jetzt zum dritten Mal repowert, es ist also schon die dritte Anlagengeneration. Mittlerweile ist der Dirkshof mit über 35 Mitarbeitern auch in der Planung und der technischen sowie kaufmännischen Betriebsführung für andere Regionen tätig.

Zum ersten Januar 2022 übernehmen die Windenergiepioniere das vorhandene 20 kV-Stromnetz in der Gegend. „Wir wollen mit niedrigen Strompreisen und Netzgebühren dafür sorgen, dass sich die Industrie hier ansiedelt“, sagt er.

Eine weitere Lösung aus dem Hause ist die bedarfsgerechnete Nachtkennzeichnung „Parasol“ für Windparks, die der Dirkshof zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) entwickelt hat. Dabei handelt es sich um ein passives Radarsystem.

Leichtflugzeuge mit Wasserstoffantrieb

Ketelsen ist aber auch Geschäftsführer der Breezer Aircraft mit Sitz in Bredstedt, die Ultraleichtflugzeuge herstellt. Die Sportflugzeuge werden heute noch mit Benzin angetrieben. „Künftig wollen wir aber ab 2023 Wasserstoff nutzen, den wir selbst herstellen“, stellt er in Aussicht. Geplant ist, die Sportflugzeuge ab 2023 in die Luft zu bekommen und die Weiterentwicklung mit bis zu 80 Sitzen ab 2025 anzustreben. Damit genügend Zeit für weitere Ideen und Projekte bleibt, hat Ketelsen seinen Biobetrieb inzwischen an Dag Brodersen abgegeben, der nicht nur Möhren und Rote Beete unter Biolandsiegel anbaut, sondern auch 1200 Bio-Mastschweineplätze hat.

eFarm als Wasserstoffcluster

Die letzte Station des Tages war das Unternehmen GP Joule, das ebenfalls in Reußenköge angesiedelt ist. Die 2009 gegründete Firma mit Schwerpunkt Solar- und Windparks hat heute 400 Mitarbeiter. Roland Harbich und Jennifer Buchner stellten das Wasserstoff-Verbundprojekt eFarm vor, das das Unternehmen 2017 initiiert hat. Mittlerweile engagieren sich darin 20 regionale Gesellschafter, darunter Bürgerwind- und Solarparks sowie Stadtwerke. Im Zuge des Projekts wurde eine lokale Wasserstoff-Infrastruktur geschaffen, die von der Erzeugung durch Elektrolyse über die Verbreitung bis zur Flottennutzung in Brennstoffzellenfahrzeugen reicht. Zum Projekt gehören fünf Elektrolysestandorte in der Nähe von bestehenden Windparks, zwei Wasserstofftankstellen in Niebüll und Husum, zwei Brennstoffzellenbusse der Firma Autokraft und bisher dreißig Brennstoffzellen-PKW. Für die Anschaffung von weiteren rund 100 Fahrzeugen liegen bereits Interessenbekundungen vor. Die an den Elektrolyseuren entstehende Abwärme wird zum Beheizen von Gebäuden genutzt.

Die Elektrolyseure werden vorwiegend mit regenerativem Überschussstrom aus Anlagen betrieben, der sonst bei Netzengpässen abgeschaltet werden würden. „Zudem ist diese Art der Nutzung für bestehende Anlagen interessant, die aus dem EEG auslaufen“, sagt Buchner.

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