In Deutschland gibt es aktuell rund 120 Gigawatt Solar- und Windenergieleistung. „Die Leistung, die wir in Deutschland in den letzten 15 Jahren aufgebaut haben, trägt aber überhaupt nicht zur gesicherten Leistung bei“, warnt Prof. Dr.-Ing. Harald Schwarz, der an der BTU Cottbus-Senftenberg Energieverteilung und Hochspannungstechnik lehrt, in einem Interview mit dem Lausitzmagazin. Daher kann er nicht verstehen, warum viele die Erfolge bei den erneuerbaren Energien feiern. „Die Medien suggerieren, dass mit einer Quote von 40 % erneuerbarem Strom auch 40 % Deutschlands mit regenerativem Strom gesichert versorgt werden. Dem ist aber nicht so“, sagt er.
Gesicherte Kraftwerksleistung fehlt
Die so genannte gesicherte Kraftwerksleistung sei aber wichtig für eine sichere Stromversorgung. Bislang haben das Atom- und Kohlekraftwerke übernommen. Aktuell liegt der maximale Stromverbrauch in Deutschland (Höchstlast) bei 85 Gigawatt (GW), die gesicherte Leistung beträgt 90 GW. Wenn wie im Kohlekommissionsbericht sieht bereits in drei Jahren weitere 20 GW gesicherte Leistung abgeschaltet werden, gehe immer mehr gesicherte Leistung verloren, warnt der Wissenschaftler.
Die Bundesregierung habe kein Konzept, woher der Rest kommen soll. Der Hoffnung, dass Nachbarländer in einer Dunkelflaute Strom nach Deutschland liefern könnten, erteilte Schwarz eine Absage: Wenn in Deutschland keine Sonne scheine und kein Wind wehe, sei das auch bei unseren Nachbarn der Fall. Daher sei der Kohlekommissionsbericht realitätsfern.
Erdgas ist keine Lösung
Auch kritisiert er das Ansinnen, die wegfallende Kohlekraftwerksleistung durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Von der Gasförderung über den Transport bis zur Verbrennung würden mehr Emissionen freigesetzt als bei der Kohleverstromung, vor allem bei amerikanischem Schiefergas.
Schwarz plädiert dafür, die Kohlekommission mit wirklichen Experten zur Versorgungssicherheit zu besetzen. Die bisherige Kommission sei fachlich nicht qualifiziert. „Über das Lockmittel Strukturhilfen wird das Thema Versorgungssicherheit völlig ausgeblendet“, moniert er.
Als Lösung für die Energiewende sieht er die Umwandlung von nicht genutztem Strom in Gas. „Die Überschüsse müssen ins Gasnetz“, fordert er. Der notwendige Prozess der Elektrolyse sei aber sehr teuer und müsste dringend vorangetrieben werden, anstatt riesige Summen in die Verkabelung der großen Nord-Süd-Leitungstrassen zu stecken.