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Geflügel mobil schlachten: eine Nische oder mehr?

Landwirt Matthias Mayr entwickelte eine mobile Schlachteinheit für Geflügel. So will er die regionale Wertschöpfung halten und das Tierwohl steigern. Was ist bei der mobilen Schlachtung zu beachten?

Lesezeit: 6 Minuten

Keine langen Transportwege, kein Stress vor der Schlachtung: Direktvermarkter Matthias Mayr suchte eine Möglichkeit, seine Hühner auf schonende Weise zu schlachten. Der Junglandwirt führt seit 2015 gemeinsam mit seiner Frau Theresa den Oberländerhof nahe Innsbruck in Österreich. Neben 500 Legehennen in zwei Mobilställen leben rund 3.000 Masthühner auf dem Betrieb.Der ehemalige Milchviehbetrieb hat in den vergangenen Jahren eine Neuausrichtung hin zur mobilen Geflügelhaltung mit Direktvermarktung erfahren.

Wie viele Geflügelhalter mit Mobilställen steht auch der Oberländerhof vor der Herausforderung, einen regionalen Schlachter für die verhältnismäßig kleinen Bestandseinheiten zu finden. Der Transport lebender Tiere über hunderte Kilometer zum nächsten Schlachthof kommt für die meisten Direktvermarkter nicht infrage und entspricht nicht der Vorstellung von Tierwohl, Regionalität und Qualität. Mit dem Schlachtmobil hat Mayr nun eine Lösung für das Schlachtproblem gefunden.Bruderhähne oder Suppenhühner können zudem das Angebot von Eiern in der Direktvermarktung abrunden.

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Konzept selbst erarbeitet

Jedes Jahr die Legehennen zu verladen und zum Schlachthof zu transportieren, das wollte Matthias Mayr vermeiden. Da stationäre Schlachthäuser im Vergleich zu mobilen Schlachtstätten für den einzelnen Landwirt sehr teuer und in der Regel zu groß sind, kam diese Option für den Landwirt nicht infrage. Nach intensiver Recherche zu den rechtlichen Möglichkeiten der mobilen Schlachtung arbeitete Mayr über fünf Jahre ein Konzept aus, das er zusammen mit Behörden, dem Maschinenring und der Landwirtschaftskammer Tirol in die Praxis umsetzte. Da Mayr knapp zwei Jahre als Berater für Geflügelwirtschaft arbeitete, konnte er auf sein Netzwerk zurückgreifen. „Die mobile Schlachtung von Geflügel war auch für die Behörden Neuland“, sagt er.

Als die Firma Stückler, die Hänger für die mobile Schlachtung herstellt, auf ihn aufmerksam wurde und ihn fragte, ob er die Beratung und Vermarktung und den Aufbau übernehmen wollte, stimmte er zu. Sie haben daraufhin die „Gesellschaft für mobile Schlachtung“ gegründet. „Wir planen, bauen, beraten und vermarkten rund um die mobile Geflügelschlachtung“, erzählt Mayr von seinem Vollzeitgeschäft.

Was bietet ein Schlachtmobil?

Die Gesellschaft für mobile Schlachtung bietet acht verschiedene Modelle für Geflügel an. Die Geflügelschlachtung kommt in Form eines großen Autoanhängers auf den Betrieb. Die Schlachteinheiten unterscheiden sich in Größe und Funktionen. Grundsätzlich gibt es zwei Systeme: Lagersysteme mit integrierter Kühlzelle und Durchlaufsysteme ohne Kühlzelle. Die Anhänger sind in verschiedenen Größen (zwischen 4 und 8 m Länge) erhältlich. Auch individuelle Sonderanfertigungen z. B. mit Schlachtbandanlagen für höhere Schlachtzahlen oder für die Jagd, etwa für Niederwild, sind möglich. „Jegliche Art von Geflügel – von Lege- und Masthenne über Puten und Enten bis hin zu Gänsen – können auf diese Art geschlachtet werden“, sagt Mayr.

Kostenintensiv in der Anschaffung

Mit rund 50.000 € ist eine mobile Schlachteinheit nicht gerade günstig. „Eine Schlachteinheit lohnt sich für den einzelnen Landwirt in der Regel nicht“, sagt Matthias Mayr. „Interessant wird ein Mobil erst bei ca. 3.000 bis 4.000 Tieren pro Jahr“, sagt er. Alternativ hat der Landwirt die Möglichkeit, den Schlachtanhänger zu vermieten oder ihn gemeinsam mit anderen Landwirten zu kaufen. Die elektrische Betäubung ist bereits integriert und nach Angaben des Landwirts absolut tierschutzgerecht.

Der Hof mietet den Schlachtanhänger

Geflügel-Direktvermarkter dürfen in Deutschland nur das hofeigene Geflügel in einem hofeigenen Schlachtraum schlachten, und zwar bis zu 10.000 Tieren pro Jahr. Landwirte müssen diese Schlachtstätte beim Veterinäramt registrieren lassen. Sie dürfen aber keine Lohnschlachtung für andere kleine Geflügelhalter durchführen.

Das Betreiben der Geflügelschlachtanlage gilt nicht als Lohnschlachtung, da das gemietete Schlachtmobil auf dem Hof steht und rechtlich gesehen als „Besitz“ des Betriebsleiters betrachtet wird. Diese Rechtsauslegung ist seit 2018 amtlich, beschlossen durch die Arbeitsgruppe Fleisch- und Geflügelfleischhygiene. Aber Achtung: Auch hier darf nur hofeigenes Geflügel geschlachtet werden. Das bedeutet, dass ein Tierhalter sich folglich die mobile Schlachtanlage mieten kann und eine Person mit Sachkundenachweis mit der Schlachtung beauftragen darf. Diese Person kann auch der Vermieter der mobilen Geflügelschlachtstätte sein. Diese sachkundige Person ist dann der „Dienstleister“ für den Landwirt. Seine Tätigkeit unterliegt der Verantwortung des Landwirts und ist nicht zulassungspflichtig.

Weitere Infos lesen Sie außerdem hier:

Schlachtung nur mit Sachkundenachweis

Landwirte, die eine Geflügelschlachtstätte registrieren lassen, müssen laut Tierlebensmittelhygieneverordnung bestimmte Hygieneanforderungen einhalten. Für die Schlachtung notwendig ist außerdem ein Sachkundenachweis für die Tätigkeiten Handhabung/Pflege, Ruhigstellen, Betäuben und Töten von Geflügel. Die Schlachttieruntersuchung muss mindestens zweimal jährlich in Form einer Gesundheitsüberwachung durch die zuständige Behörde erfolgen, damit Geflügel auch an örtliche Einzelhandelsgeschäfte abgegeben werden darf. Ohne diese Untersuchung darf das Geflügel nur direkt ab Hof an den Endkunden verkauft werden. Von besonderer Bedeutung ist außerdem die Betäubung der Tiere. Die Tierschutz-Schlachtverordnung gibt dazu gesonderte Auskünfte.

Was muss der Geflügelhalter tun?

  • Zuständigen Veterinär informieren
  • Kühlmöglichkeit bieten
  • für Starkstromanschluss, Zu- und Abwasseranschluss sorgen
  • Transportgeräte für Tiere und Schlachtkörper beschaffen
  • Behälter für Schlachtabfälle

Regionale Vermarktung zulässig

Auch aus nicht EU-zugelassenen, „nur“ registrierten Geflügelschlachtbetrieben darf der örtliche Einzelhandel beliefert werden (im Umkreis maximal 100 Kilometern). Dieser Einzelhandel muss das Fleisch direkt an die Verbraucher abgeben und darf es nicht weiterverkaufen, etwa an Filialen. Auch der Verkauf über Marktstände auf regionalen Märkten ist möglich. Voraussetzung für die Abgabe an den Einzelhandel ist eine mindestens zweimal jährliche Schlachttieruntersuchung in Form einer regelmäßigen Gesundheitsüberwachung des Bestandes durch einen amtlichen Tierarzt.

Weitere Informationen sind auf der Seite des Verbands für Landwirte mit handwerklicher Fleischverarbeitung zu finden.

Weitere Projekte in Planung

„Es wird auf jeden Fall ein Nischenthema bleiben. Aber wir bewegen uns auf einem professionellen Niveau“, sagt Landwirt Mayr. Auch wenn das Projekt noch am Anfang steht, haben er und sein Team noch viel vor. Als nächstes will das Team etwa eine mobile Schlachtung für Schweine etablieren.

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