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Ein Bärendienst für die Umwelt!

Lesezeit: 5 Minuten

D er Deutsche Bauernverband (DBV) befürchtet durch das neue Natur-schutzgesetz eine deutliche Abkehr vom bisherigen Miteinander von Landwirt-schaft und Naturschutz. Wir hätten uns jetzt neue Strategien für einen modernen Naturschutz gewünscht. Der jetzige Ent-wurf stellt dagegen eher einen Rückschritt dar, argumentiert DBV-Umweltreferent Steffen Pingen. Hier die wichtigsten Kritikpunkte aus Sicht von Umweltexperten und der Land-wirtschaft: Vertragsnaturschutz Als großen Rückschritt beurteilen Kri-tiker, dass der Vorrang für den Vertrags-naturschutz im neuen Gesetz gestrichen werden soll. Damit ist vorprogrammiert, dass die in vielen Regionen ausgehandel-ten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Landwirtschaft und Naturschutzbe-hörden auch bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie künftig keine große Rolle mehr spielen werden. Mit verstärkten Auflagen und Verbo-ten wird die mühsam aufgebaute Akzep-tanz der Landwirte für den Naturschutz wieder zerstört, befürchtet Dr. Horst Glatzel, Umweltberater und Rechtsan-walt aus Bonn. Mit dem neuen Gesetz er-weise deshalb das Bundesumweltministe-rium der Umwelt einen Bärendienst. Ausgleichszahlungen Glatzel kritisiert auch, dass die Bundesländer künftig wieder allein für Ausgleichszahlungen im Rahmen des Na-turschutzes verantwortlich sein sollen. Im bisherigen Gesetz von 1998 war dagegen noch ein bundeseinheitlicher Rahmen vorgegeben. Durch den neuen Vorschlag von Minister Trittin werden nicht nur Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Bundesländern geschaffen. Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird künftig mehr oder weniger unmittelbar von der Kassenlage der Länder abhängen, ist Glatzel überzeugt. Gute fachliche Praxis Wichtige Fragen wie Bodenschutz, Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutz-mitteln usw. sind bisher in speziellen land-wirtschaftlichen Fachgesetzen geregelt. Eine Definition der guten fachlichen Praxis habe deshalb im Bundesnaturschutzgesetz nichts zu suchen, kritisiert der Deutsche Bauernver-band. Er befürchtet außer-dem, dass der Landwirt-schaft durch diese Pläne bei der Agrarumweltför-derung ein großer finan-zieller Schaden entstehen könnte. Denn wenn bis-her förderfähige Maßnah-men künftig gesetzlich festgeschrieben werden, würden Agrarumweltpro-gramme überflüssig. Das hätte den Verlust von EU-Mitteln in Millionen-Höhe zur Folge. Der DBV lehnt die ge-forderte schlagspezifische Dokumentation über den Einsatz von Pflanzen-schutzund Düngemitteln ab, weil die Auswirkun-gen auf die Qualität von Natur und Landschaft nicht ersichtlich seien. Hinterfragt werden müs-se auch das Totalverbot eines Grünland-umbruches an Hängen oder in Über-schwemmungsgebieten. Denn damit wür-de z. B. auch der Umbruch mit anschlie-ßender Neueinsaat nicht mehr der guten fachlichen Praxis entsprechen. Völlig unverständlich ist für den Bau-ernverband, dass Minister Trittin im Na-turschutzgesetz nur massive Auflagen für die landwirtschaftliche Nutzung vorsieht, nicht aber für andere Bereiche wie Frei-zeit, Industrie usw. Biotopverbund Durch die pauschale Festschreibung von mindestens 10 % der Landesfläche als Biotopverbund entsteht die Gefahr, dass künftig große landwirtschaftliche Gebiete als so genannte Verbindungsflächen un-ter Naturschutz gestellt werden, völlig un-abhängig davon, ob sie überhaupt schüt-zenswert sind. Es wird praktisch eine wei-tere Schutzkategorie gebildet, nur um das zahlenmäßige Soll zu erfüllen. In Nord-rheinWestfalen z. B. bedeutet der Schutz von 10 % der Landesfläche, dass in die-sem Verbund etwa 14 % der gesamten land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen unter Naturschutz gestellt wer-den müssten. Zusätzliche Belastungen kommen auch auf solche Landwirte zu, die bereits jetzt in unmittelbarer Nähe von Naturschutzge-bieten wirtschaften. Denn in der Umge-bung bestehender Schutzgebiete soll es künftig ebenfalls Auflagen und Beschrän-kungen geben. Dies könnte sich besonders bei der bevorstehenden Ausweisung von großen FFH-Gebieten auswirken. Da die FFH-Richtlinie bereits einen gewissen Umgebungsschutz vorsieht, soll hier also die Umgebung der Umgebung geschützt werden. Auf die Dauer führt dieses zu unkontrollierten Flächenan-sprüchen von Seiten des Naturschutzes, befürchtet Dr. Tilmann Giesen, Rechts-anwalt und Geschäftsführer des Arbeits-kreises Eigentum und Natur-schutz in Kiel. Wiederherstellung Zu der im Entwurf des Natur-schutzgesetzes vielfach geforder-ten Wiederherstellung von Na-tur und Landschaft fordert der Bauernverband eine deutliche Konkretisierung. Das gilt auch für den Bereich der Gewässer-randstreifen. Da sowohl größere Flüsse als auch Entwässerungs-gräben als Gewässer gelten, müsse dieser Begriff so eindeutig definiert werden, dass er von den Bundesländern nicht beliebig ausgedehnt werden könne. Für völlig unüberlegt halten Umweltexperten die geplante Erweite-rung der Liste von gesetzlich geschützten Biotopen. Bisher fallen darunter nur sehr seltene, kleinräumige und besonders schützenswerte Areale. Künftig könnten dagegen einzelne Naturschutzbehörden nach eigenem Ermessen weitere Areale hoheitlich schützen, weil Begriffe wie ,ma-geres Frischgrünland sehr weit gefasst sind, kritisiert Dr. Thomas Esser vom Kölner Büro für Faunistik. Auch der Begriff der natürlichen na-turnahen Buchenwälder ist problema-tisch. Darunter fallen große Teile unse-rer Buchenwälder. Es sieht nicht so aus, als hätte sich hier der Gesetzgeber über die finanziellen Folgen Gedanken ge-macht, bringt Dr. Giesen (Kiel) seine Kritik auf den Punkt. Wir halten fest Mit der bevorstehenden Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes schlägt Um-weltminister Trittin eine härtere Gangart ein. Die Zugriffsrechte auf landwirtschaft-lich genutzte Flächen steigen, während bisherige Regelungen zum Ausgleich von Bewirtschaftungsauflagen, Vertragsnatur-schutz oder Abwägung von wirtschaft-lichen Interessen beschnitten werden. Doch dieses ist offenbar nur der erste Schritt. Nach einem internen Arbeitspa-pier des Bundesumweltministeriums sol-len die künftigen umweltpolitischen An-forderungen an die Landwirtschaft kon-kretisiert werden, berichtet Umweltbe-rater Dr. Horst Glatzel. Neben einer Ver-schärfung des Futtermittelrechts und der Klärschlammverordnung werde dort auch eine Stickstoff- und eine Pestizidabgabe geprüft. Rechtsanwalt Glatzel: Es ist nicht besonders rücksichtsvoll, wenn die-se Naturschutzdiskussion der Landwirt-schaft zu einer Zeit zugemutet wird, in der durch die BSE- und MKS-Krise sowieso schon nackte Existenzangst herrscht! Hinrich Neuman

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