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Fit für den Nebenerwerb

Lesezeit: 6 Minuten

Etliche Bundesländer bieten spezielle Kurse für Nebenerwerbslandwirte an. Die Nachfrage ist riesig, auch weil man im Anschluss die Abschlussprüfung zum Landwirt nachholen kann. Wie sehen die Angebote konkret aus und welche Erfahrungen haben Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemacht?


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Mittwochabend 19 Uhr. Ein Raum des Bildungszentrums für Gartenbau und Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (NRW) ist noch hell erleuchtet. Hier sitzen 30 Zuhörer im Alter von 25 bis 60 Jahren und lauschen gebannt, was Erwin Köster zu sagen hat. Sie absolvieren den Kurs für Nebenerwerbslandwirte. „Immer mehr Landwirte führen ihren Betrieb im Nebenerwerb. Diese wollen wir mit dem Kurs abholen“, sagt Erwin Köster.


Von den Teilnehmern des letzten Lehrgangs bewirtschaftet etwa die Hälfte den Betrieb im Nebenerwerb, ein Viertel im Haupterwerb, die restlichen haben keinen Betrieb zu Hause. „Die Motivation ist bei allen Teilnehmern hoch. Einige fahren bis zu zwei Stunden, um mitzumachen“, erzählt der Dozent.


Kurse für Nebenerwerbler und Quereinsteiger


Um Quereinsteiger und Nebenerwerbslandwirte auf das Führen eines Betriebes vorzubereiten, bieten mehrere Bundesländer diese Kurse an, unter anderem Niedersachsen, NRW, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.


Die Kurse finden in der Regel in den Winterhalbjahren von September bis März an einem Abend in der Woche statt. Die stressige Erntezeit mit ihren Abeitsspitzen wird dabei bewusst ausgelassen, um die Nebenerwerbler zu entlasten. In Niedersachsen gibt es sogar einen Kurs, der einen Winter lang drei Monate in Vollzeit geht.


In Bayern laufen die Kurse für Nebenerwerbslandwirte und Quereinsteiger unter der Bezeichnung „Bildungsprogramm Landwirt“ (BiLa). Die Kurse werden von allen 32 Landwirtschaftsämtern im Freistaat angeboten. Die Module sind frei wählbar und laufen je nach Nachfrage der Teilnehmer ein oder zwei Jahre. Dazu gehören auch die jeweils einwöchigen Tierhaltungs- und Landtechnik-Lehrgänge.


Fachkraft für Landwirtschaft


In Baden-Württemberg bieten vorwiegend die landwirtschaftlichen Berufsfachschulen Ergänzungsangebote für Nebenerwerbslandwirte an. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein abgeschlossener Berufsabschluss. Der Unterricht umfasst mindestens 600 Unterrichtsstunden, die vor allem abends und an den Wochenenden stattfinden. Der gesamte Kurs dauert in der Regel eineinhalb Jahre und endet mit der Prüfung zur Fachkraft für Landwirtschaft.


In einigen Landkreisen im Norden und Osten Baden-Württembergs bieten auch die Fachschulen der unteren Landwirtschaftsbehörden Kurse an, mit denen man sich zur Fachkraft für Nebenerwerbslandwirtschaft qualifizieren kann.


In Hessen finden die entsprechenden Kurse ausschließlich an den vier landwirtschaftlichen Fachschulen statt, und zwar jeweils in zwei Winterhalbjahren. In NRW gibt es zurzeit zwei Kurse mit je 30 Teilnehmern für landwirtschaftliche Quereinsteiger.


Produktionstechnik und Betriebsführung


Sich fachliches Wissen anzueignen und die Fähigkeit zu erlangen, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, ist für die meisten Teilnehmer das entscheidende Motiv, die entsprechenden Kurse zu belegen. ▶


Die Inhalte der Qualifizierung sind in allen Bundesländern weitgehend identisch. Die Teilnehmer lernen zum einen die Grundlagen in der Tier- und Pflanzenproduktion, wobei überbetriebliche Lehrgänge in der Tierhaltung in einigen Fällen verpflichtend sind, ansonsten freiwillig besucht werden können. Hinzu kommen soziale und rechtliche sowie förderrechtliche Aspekte, die wichtig für die Betriebsführung sind.


Mit dem Kurs erwerben die Teilnehmer je nach Bundesland auch Sachkundenachweise, zum Beispiel für den Pflanzenschutz oder für das Halten und Töten von Tieren.


In NRW kommt der Qualifizierung noch aus einem anderen Grund eine große Bedeutung zu. „Wer den Kurs absolviert, bekommt ein Abschlusszertifikat, das die erfolgreiche Teilnahme bescheinigt. Dieses Zertifikat kann im Erbfall beim Landwirtschaftsgericht hilfreich sein bei der Frage, welcher Erbe wirtschaftsfähig im Sinne der Höfeordnung ist“erläutert Dozent Köster.


Eva Krug, Christian Klosterkamp sowie ihr Mitschüler Stefan Belting besuchten den letzten Kurs in Münster. Sie sind sich einig, dass der Kurs ihnen auch im Umgang mit Verbrauchern und Kritikern weiterhilft. „Wir sind als Nebenerwerbler die Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern, weil wir außerhalb der Landwirtschaft mit vielen Leuten in Kontakt kommen“, sagt Stefan Belting.


Berufsabschluss ist möglich


Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Teilnehmer der Nebenerwerbskurse berechtigt, an der Abschlussprüfung für den Beruf Landwirt teilzunehmen. Die Voraussetzungen, um zur Prüfung zugelassen zu werden, unterscheiden sich in den Bundesländern in einigen Details (siehe Kasten auf Seite 56).


Von dieser Möglichkeit machen viele Kursteilnehmer Gebrauch. „2021 kamen allein 371 Bewerber für den Berufsabschluss Landwirt aus BiLa-Kursen und 322 haben die Prüfung erfolgreich abgeschlossen“, sagt Reiner Luber vom Referat Bildung im bayerischen Landwirtschaftsministerium.


In NRW und Niedersachsen absolvieren mehr als die Hälfte der Teilnehmer der Kurse für Nebenerwerbler auch die Abschlussprüfung zum Landwirt, in Hessen sogar 90%.


Das Interesse an den Kursen für Nebenerwerbslandwirte ist in allen Bundesländern, die sie anbieten, hoch. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot in manchen Regionen um ein Vielfaches, sodass Wartelisten geführt werden müssen“, heißt es zum Beispiel aus dem Landwirtschaftsministerium in Stuttgart.


Das liegt zum einen daran, dass der Anteil an Nebenerwerbsbetrieben in manchen Regionen, wie etwa in Baden-Württemberg, hoch ist. Zum anderen werden viele dieser Betriebe stabil geführt: „Wir dachten, dass bei der Übergabe der Nebenerwerbsbetriebe die nächste Generation die Landwirtschaft aufgibt. Sie führt sie aber sehr oft im Nebenerwerb weiter“, sagt der Gebietsleiter der Fachschulen in Hessen, Martin Grenzebach. Zudem schreitet der Strukturwandel voran, sodass weiterhin viele Vollerwerbsbetriebe in den Nebenerwerb wechseln.


Der Run auf die Ausbildung für Nebenerwerbsbetriebe könnte sogar noch zunehmen, weil die Junglandwirte-Förderung im Rahmen der GAP ab 2023 deutlich ansteigt, aber an strengere Bedingungen geknüpft wird.


Wer keinen landwirtschaftlichen Berufsabschluss hat, muss nachweisen, dass er an agrarwirtschaftlichen Bildungsmaßnahmen von mindestens 300 Stunden teilgenommen hat, es sei denn, er war mindestens zwei Jahre auf einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben tätig. Letzteres ist über Arbeits- oder Gesellschaftsverträge nachzuweisen.


Zu wenig Dozenten


Wegen der hohen Nachfrage wollen die hessischen Fachschullehrer das Konzept der Kurse überarbeiten, um noch mehr Interessenten unterzubringen. Das Problem ist vor allem der Mangel an Dozenten: „Für unsere Fachschullehrer sind die Kurse neben dem Tagesgeschäft regelmäßig Überstunden. Wir prüfen, ob wir daher noch jemanden für die Kurse einstellen können“, so Fachschullehrer Grenzebach.


Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Nachfrage höher als das Angebot. „Wegen der starken Nachfrage könnten in NRW noch mehr Kurse zustande kommen. Vermutlich fehlen hier auch die Dozenten dafür“, nimmt Erwin Köster, der selbst pensionierter Berufsschullehrer ist, an.


Ihr Kontakt zur Redaktion:maike.schulze-harling@topagrar.comklaus.dorsch@topagrar.com


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