Herbstzeit – Erntezeit. Wir feiern, je nachdem, aus Freude über die reiche Ernte oder aus Dankbarkeit, weil es ja noch viel schlechter hätte werden können, das Erntedankfest. Gründe zum Danken haben wir ja reichlich: Getreide, Gemüse, Kartoffeln, Milch, Fleisch, Äpfel, Birnen, Wein und so weiter. Alles das lässt der liebe Gott bei uns gedeihen, wenn man so will – oder die Schöpfung, für den, der es weniger heilig mag – oder auch nur gute Böden als Produktionsgrundlage im Zusammenwirken mit einer ausgefeilten Produktionstechnik und 1 A-Management für den, der in der Landwirtschaftsschule gut aufgepasst hat und nur an sich selber glaubt.
Neben allen Früchten des Feldes dürfen wir uns aber auch noch für andere Früchte bedanken, welche immer üppiger aus dem Boden sprießen: Unsere so genannten Produkthoheiten, also die Königinnen (z. B. Kartoffel-Königin) und Prinzessinnen, welche die Früchte des Feldes repräsentieren und bewerben. Die „Kronen der Schöpfung“ gewissermaßen. Besonders als Mann möchten einem da schon manchmal die Augen übergehen ob der lieblichen Eleganz und des oft einem prall gefüllten Erntekorb gleichenden Dekolletés dieser gewählten Landadeligen auf Zeit. Nichts gegen Zirkus und Theater, aber weniger wäre hier oft mehr.
Ich als Bauer brauche natürlich auch Werbung für meine Produkte, aber diese Inflationsköniginnen gehen mir gegen den Strich. Ich lasse mir ja noch eine gediegene Erntekönigin gefallen oder meinetwegen eine althergebrachte Weinkönigin. Wenn aber manche Kollegin ihrem erdigen Titelprodukt durch ihr Aussehen Ehre macht, dann frage ich mich schon, ob das immer den Absatz steigert. Bei einer Milchkönigin mag das noch angehen (siehe Dekolleté), bei Kartoffeln, Rüben, Kürbissen oder gar Biogas ergeben sich da gewisse Probleme.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es gibt nichts Schöneres als eine schöne Frau, aber müssen es gleich so viele auf einmal sein? Zugegeben, ich bin ein bisschen neidisch, weil ihre holden Lieblichkeiten auf allen Veranstaltungen immer an den Ehrentischen mit den greisen Funktionären sitzen. Nicht eine hat sich je zu mir in die letzte Bank verirrt, wo ich doch auch noch gut funktioniere. Neuerdings gibt es sogar für bäuerliche Frauenverehrer, welche sich dem Adel nicht so sehr verpflichtet fühlen, eine Miss Maschinenring.
Also, wenn Sie mich fragen, ich glaube, dass manche Miss-Wahl zu einer Misswahl wird, und dass wir auch dieses Jahr wieder eine allzu reichliche Miss-Ernte eingefahren haben.
Aber mich fragt ja keiner!
Herzlichst Ihr
Hans Neumayer