Ich erinnere mich noch gut an eine Exkursion auf einen landwirtschaftlichen Großbetrieb in der einstigen Tschechoslowakei hinter dem Eisernen Vorhang. Ein mitreisender Getreidebauer aus der Münchner Schotterebene wollte vom Betriebsleiter wissen, wie sie dort die Fahrgassen planen. Trotz Dolmetscher konnte dieser sich unter dem Begriff nichts vorstellen. Endlich fiel das Wort „Spritzen“, worauf der Chef erleichtert erklärte, dass sie das selbstverständlich per Flugzeug erledigten.
Ja, die hatten es gut. Sie brauchten sich „über den Spritzwolken“ um die persönliche Schutzausrüstung keine großen Sorgen machen. Auch der frühere „Spritzenwart“ unserer gemeinschaftlichen Feldspritze machte sich darüber keine Sorgen. Zur Unterstützung des hydraulischen Rührwerks griff er schon gerne mal mit der Hand bis zum Unterarm in die Brühe, um das Aufrühren zu beschleunigen und natürlich auch zur Qualitätssicherung. Insgeheim versprach er sich wohl auch besonders von Wuchsstoffherbiziden eine positive Wirkung auf seine unterdurchschnittliche Körpergröße. Aufgrund seines leichtsinnigen Umgangs mit den Giften verbot seine Frau ihm allerdings bald das Lohnspritzen. Ist er seitdem auch nicht mehr gewachsen, so erfreut er sich doch wenigstens einer guten Gesundheit. Ich vermute nun, dass es mehr solche Frauen gibt, die ihren Männern den heldenhaften Umgang mit solchen Gefahrstoffen nicht gegönnt haben. Nur so kann ich es mir erklären, dass der Gesetzgeber nun eine persönliche Schutzausrüstung für Anwender strikt vorgeschrieben hat. Diese Astronautenanzüge könnten aber arg- und ahnungslose Spaziergänger in Angst und Schrecken versetzen. Gerade letzte Woche ergriff eine Gassi gehende Hundehalterin die Flucht, als sie mich beim Spritzen des Maisfeldes sah. Dabei erledigte ich das noch grob rechtswidrig ohne Schutzanzug. Was hätte sie wohl in der Hundeschule erzählt, wenn sie auch noch ein Marsmännchen auf dem Bulldog gesehen hätte? Und das arme Hündchen hätte sich am Ende auch erschreckt?
Genau diesen psychologischen Aspekt hat sich jetzt ein Hersteller für Schutzausrüstung zu Herzen genommen. Wie ich lese, bietet er eine persönliche Schutzausrüstung an, die aussieht wie normale Arbeitskleidung. Besonders wirbt er damit, dass diese „auf Passanten weniger bedrohlich wirken“ soll.
Na, das wurde auch Zeit. Tarnen und Täuschen ist ja gerade im Trend und es ist allemal besser, die Leute im Glauben zu lassen, wir würden nur harmlos unsere Arbeit tun, anstatt sie zu vergiften. „Bedrohlich wirken“ möchten wir ja nur auf Mehltau, Unkraut und Sauginsekten.Herzlichst Ihr Hans Neumayer
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Ich erinnere mich noch gut an eine Exkursion auf einen landwirtschaftlichen Großbetrieb in der einstigen Tschechoslowakei hinter dem Eisernen Vorhang. Ein mitreisender Getreidebauer aus der Münchner Schotterebene wollte vom Betriebsleiter wissen, wie sie dort die Fahrgassen planen. Trotz Dolmetscher konnte dieser sich unter dem Begriff nichts vorstellen. Endlich fiel das Wort „Spritzen“, worauf der Chef erleichtert erklärte, dass sie das selbstverständlich per Flugzeug erledigten.
Ja, die hatten es gut. Sie brauchten sich „über den Spritzwolken“ um die persönliche Schutzausrüstung keine großen Sorgen machen. Auch der frühere „Spritzenwart“ unserer gemeinschaftlichen Feldspritze machte sich darüber keine Sorgen. Zur Unterstützung des hydraulischen Rührwerks griff er schon gerne mal mit der Hand bis zum Unterarm in die Brühe, um das Aufrühren zu beschleunigen und natürlich auch zur Qualitätssicherung. Insgeheim versprach er sich wohl auch besonders von Wuchsstoffherbiziden eine positive Wirkung auf seine unterdurchschnittliche Körpergröße. Aufgrund seines leichtsinnigen Umgangs mit den Giften verbot seine Frau ihm allerdings bald das Lohnspritzen. Ist er seitdem auch nicht mehr gewachsen, so erfreut er sich doch wenigstens einer guten Gesundheit. Ich vermute nun, dass es mehr solche Frauen gibt, die ihren Männern den heldenhaften Umgang mit solchen Gefahrstoffen nicht gegönnt haben. Nur so kann ich es mir erklären, dass der Gesetzgeber nun eine persönliche Schutzausrüstung für Anwender strikt vorgeschrieben hat. Diese Astronautenanzüge könnten aber arg- und ahnungslose Spaziergänger in Angst und Schrecken versetzen. Gerade letzte Woche ergriff eine Gassi gehende Hundehalterin die Flucht, als sie mich beim Spritzen des Maisfeldes sah. Dabei erledigte ich das noch grob rechtswidrig ohne Schutzanzug. Was hätte sie wohl in der Hundeschule erzählt, wenn sie auch noch ein Marsmännchen auf dem Bulldog gesehen hätte? Und das arme Hündchen hätte sich am Ende auch erschreckt?
Genau diesen psychologischen Aspekt hat sich jetzt ein Hersteller für Schutzausrüstung zu Herzen genommen. Wie ich lese, bietet er eine persönliche Schutzausrüstung an, die aussieht wie normale Arbeitskleidung. Besonders wirbt er damit, dass diese „auf Passanten weniger bedrohlich wirken“ soll.
Na, das wurde auch Zeit. Tarnen und Täuschen ist ja gerade im Trend und es ist allemal besser, die Leute im Glauben zu lassen, wir würden nur harmlos unsere Arbeit tun, anstatt sie zu vergiften. „Bedrohlich wirken“ möchten wir ja nur auf Mehltau, Unkraut und Sauginsekten.Herzlichst Ihr Hans Neumayer