Zu hohe Gebühren, zu hohe Zinsen – dass Banken zu viel abrechnen, ist leider keine Seltenheit: Wo Fehler passieren können, erklärt Rechtsanwältin Ingrid Kühnau, Köln.
Traurig, aber wahr: So manche Bank schlägt aus dem Vertrauen, das die Kunden in sie haben, wirtschaftlichen Profit. Überhöhte Kosten und Zinsen in den Abrechnungen tauchen vor allem bei den Überziehungszinsen für das laufende Betriebskonto auf. Hier einige gängige Fehlerquellen:
- Zins nicht angepasst: Besonders häufig bedienen sich die Banken bei Überziehungskrediten mit variablen Zinsen. Dazu muss man wissen: Seit 2009 ist der „Einkaufszins“ der Banken, der 3-Monats-Euribor, um rund 5% regelrecht abgestürzt. Weil variable Zinsen sich an dem Euribor orientieren, hätten die Banken diese Zinssenkung weitergeben müssen. Das ist häufig nicht passiert. Ein Beispiel zeigt, wie sich die Banken dadurch bereichern können: Landwirt Ahlers hat 2008 einen Überziehungsrahmen für sein Betriebskonto von 50000 € vereinbart. Nimmt er das Geld in Anspruch, zahlt er einen variablen Zinssatz, 2008 waren das 12%. Wegen des Absturzes des Euribor (s. Übersicht) hätte die Bank den Abrechnungszins in der Zwischenzeit anpassen müssen. Sie rechnet aber bis heute mit Zinsen im Bereich von 12% ab. Überzieht Ahlers sein Konto z.B. an 100 Tagen im Jahr um 30000 €, zahlt er bei 12% Zinsen deshalb 1000 € (siehe Kasten). Die Bank hätte den Zinssatz aber senken müssen, z.B. auf 7%. Dann wären nur 583,33 € fällig geworden – jährlich also 416,67 weniger!
- Limit verschieben: Die Bank drückt für die Abrechnung das vereinbarte Überziehungslimit nach unten, um bei Kontoüberziehungen eher die höheren Überziehungszinsen zu kassieren.
- Doppelberechnung von Zinsen: Bei Überziehung des betrieblichen Girokontos Zinsen doppelt abzurechnen, kommt ebenfalls vor. Auch dazu ein Beispiel: Um Zahlungsengpässe zu vermeiden, hat Landwirt Meyer mit der Bank einen Überziehungsrahmen in Höhe von 100000 € vereinbart. Nutzt er den Kredit, berechnet ihm die Bank tagesgenau Sollzinsen in Höhe von 10%. Überzieht Meyer sein Konto z.B. sechs Tage lang mit 30000 €, kostet ihn das 50 € Zinsen (s. Berechnung im Kasten).
Gerät Meyer über die vereinbarten 100000 € hinaus in die Miesen, zahlt er laut Vereinbarung zusätzlich 5% p.a. Überziehungszinsen für den Betrag oberhalb des Limits. Beansprucht er z.B. für sechs Tage 130000 €, zahlt er für die 100000 € 10% Zinsen (166,67 €) und für die 30000 € 15% Zinsen (75 €), insgesamt 241,67 €. Doch die Bank berechnet ihm 291,67 €. Hintergrund ist, dass sie die Sollzinsen unrechtmäßig doppelt angesetzt hat: Zusätzlich zu den rechtmäßigen 15% Zinsen für das Überschreiten des Überziehungsrahmens schlägt das Kreditinstitut für die 30000 € noch einmal die vertraglich vereinbarten 10% Sollzinsen auf. Meyer zahlt daher 25% anstatt der vertraglich vereinbarten 15% Zinsen für die Überziehung des Kredites.
Hohe Schäden:
Die Schäden durch Falschabrechnungen summieren sich oft auf mehrere tausend Euro. Denn:- Landwirte können die abgerechneten Posten in der Regel nicht selbst überprüfen. Ein Girokonto weist zu viele Kontenbewegungen auf, die Tarifstruktur der Banken ist zu unübersichtlich.
- Die einzelne Falschabrechnung fällt meist wenig ins Gewicht, über die Jahre summiert sich der Schaden.
- Da der Landwirt über das zu viel berechnete Geld nicht verfügt, kann er auch keine Zinsen dafür bekommen bzw. muss sich wiederum etwas bei der Bank leihen. Es entsteht ein Nutzungsausfall.
Wie reagieren?
Grobe Fehler können Sie selbst erkennen, indem Sie die monatlichen Abbuchungen der Bank vergleichen. Sind die Gebühren bei nahezu gleichbleibenden Ein- und Auszahlungen plötzlich viel höher, sollten Sie Kontakt zu Ihrem Bankberater aufnehmen. Fehlerhafte Abrechnungen entstehen fast immer durch falsche Eingaben im PC bzw. fehlerhafte Programme. Mauert die Bank, bleibt nur, einen Rechtsanwalt oder Kontenprüfer einzuschalten.Eine Klage sollten Sie aber erst dann in Betracht ziehen, wenn Sie wirklich sicher sind. Zu bedenken ist dabei, dass Sie mit einer Klage die gute Handelsbeziehung zu Ihrer Bank aufs Spiel setzen. Und: Auch Anwalt und Kontenprüfer sind teuer – der Schaden durch Falsch-abrechnungen muss deutlich höher sein (siehe Kasten unten).
Anspruch auf Schadensersatz?
Haben Sie tatsächlich zu viel gezahlt, greift ein Rückzahlungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) Nutzungsentschädigungsansprüche bejaht. Die Bank muss nicht nur die unberechtigt erhobenen Summen zurückzahlen, sondern auch einen Ausgleich dafür, dass sie unberechtigt einen Nutzen aus Ihren Geldern zog.Wann verjähren Ansprüche?
Seit 2002 gilt eine Verjährungsfrist von nur drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Allerdings kann sich der Zeitraum auf maximal zehn Jahre verlängern, wenn Sie nachweisen, dass Sie von der Schädigung nichts wussten. Die Verjährung läuft dann ab dem Datum, an dem Sie von dem Schaden Kenntnis erlangt haben.Bei Falschabrechnung von Girokonten, die noch laufen, stellt sich allerdings die Frage, ob falsche Berechnungen überhaupt verjähren können, weil die aus den Zahlungen entstandenen Schäden sich ja immer weiter auf den Kontostand auswirken.
Worauf achten bei Vertragsabschluss?
Schon beim Vertragsabschluss sollten Sie auf folgende Dinge achten:- Kreditbearbeitungsentgelte sind nach den Urteilen des BGH nur noch ausnahmsweise zulässig (Az.: XI ZR 562/15 und XI ZR 233/126).
- Die Zinsanpassungsklauseln, welche die Anpassung von variablen Zinssätzen in Abhängigkeit von einem Referenzzins regeln (z.B. 3-Monats-Euribor), müssen nach diversen BGH-Urteilen für Sie verständlich, transparent und kontrollierbar sein (Az.: XI ZR 78/08).
- Zinssenkungen müssen möglich sein.
- Die Zinshöhe muss sich an einem Referenzzins (beispielsweise dem 3-Monats-Euribor) ausrichten, den Sie nachvollziehen und überprüfen können.
Grundsätzlich ist ratsam, sich von der Bankfiliale nicht mit einem Vertrag „überfallen“ zu lassen, den Sie mal schnell unterschreiben sollen. Prüfen Sie lieber in Ruhe zu Hause und fragen Sie beim Berater nach.
Franzis Ester-Heuing
Kontakt: gesa.harms@topagrar.com