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Bundesgerichtshof

Kein Schadenersatz bei Verletzung durch aufgewirbelten Stein

Ein Passant wurde von einem Stein getroffen, den ein Mähwerk in 50 m Entfernung hochgeschleudert hatte. Der Fall landete vor Gericht. Lesen Sie, wie der Prozess ausging.

Lesezeit: 4 Minuten

Bei bestimmten, grundsätzlich als positiv angesehenen Tätigkeiten sind negative Begleiterscheinungen nicht zu vermeiden. Solche müssen dann gegebenenfalls von den Betroffenen hingenommen werden. In diesem Sinne musste sich auch ein Kläger vom Bundesgerichtshof belehren lassen, der durch einen Steinschlag, verursacht von Mäharbeiten, verletzt worden war, berichtet der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau.

Schadensersatz und Schmerzensgeld für eine Verletzung, die er durch einen von einem Kreiselmäher aufgewirbelten Stein in etwa 50 m Entfernung erlitten hatte, konnte er nicht durchsetzen.

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Empörung der Geschädigten verständlich

Der dem Bundesgerichtshof (BGH) vorliegende Fall ist nicht untypisch. Bei den im Sommer bzw. Herbst im landwirtschaftlichen Bereich notwendigen Erntearbeiten kommt es gelegentlich vor, dass Erdbrocken, Steine oder ähnliches aufgewirbelt werden und zu Sachbeschädigungen bzw, wie im vorliegenden bedauerlichen Fall, auch zu Verletzungen von Personen führen, so der Bauernverband weiter.

Es sei verständlich, dass die Betroffenen dann versuchen, Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld zu erhalten, um die finanziellen Folgen eines Unfalls zu mildern. Dass dies jedoch nicht so einfach ist, zeigt die Entscheidung des BGH.

Landwirt hat nichts falsch gemacht

Der Kläger behauptete, er sei durch den Stein, der bei Mäharbeiten hochgewirbelt wurde, am Auge schwer verletzt worden und verlangte daher einen finanziellen Ausgleich. Auch wenn die Herkunft der Verletzung prinzipiell unstreitig war, so verneinte der BGH aber die begehrten Zahlungen. Weder habe der Traktorführer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, noch müsse der Halter des Traktors für die „Betriebsgefahr“ haften.

Diese gesetzlich geregelte Betriebsgefahr ist insbesondere bei Unfällen mit Fahrzeugen im Straßenverkehr von Bedeutung und führt häufig mindestens zu einem Mitverschulden des Fahrzeugführers. Grund dafür ist, dass ein Schaden „beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ entstanden und daher nahezu unausweichlich ist. Damit hat der Gesetzgeber der Besonderheit Rechnung getragen, dass das Fahren mit Kraftfahrzeugen grundsätzlich eine Gefahrenquelle darstellt und daher Schäden, die dadurch verursacht werden, auch in gewissem Umfang reguliert werden sollen.

Voraussetzung eines solchen Schadenersatzanspruches ist es jedoch, dass der Schaden auch beim Betrieb des Kraftfahrzeuges entstanden ist und insofern die typische Gefahr, die der Gesetzgeber bei der Regelung des § 7 Abs. 1 StVG im Auge hatte, auch realisiert wurde. Dazu ist es weiterhin erforderlich, dass der Schaden und die Zurechnung zur Betriebsgefahr einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang eines Kraftfahrzeuges aufweisen.

Straßenverkehrsrechtliche Regelungen gelten hier nicht

Diesen Zusammenhang sahen die Richter bei dem zu beurteilenden Fall jedoch nicht. Sie vertraten vielmehr die Auffassung, dass der Traktor bei der Durchführung der Erntearbeiten gerade keine für Fahrzeuge typische Fortbewegungs- oder Transportfunktion ausführte, sondern vorrangig als Arbeitsmaschine eingesetzt wurde.

Wenn daher die Arbeitsfunktion im konkreten Fall im Vordergrund stehe, so habe sich gerade das vom Gesetzgeber abzudeckende Risiko „beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ nicht verwirklicht und der Schaden stehe nicht im haftungsrechtlich relevanten Zusammenhang mit der Nutzung des Traktors als Fortbewegungs- bzw. Transportmaschine.

Der Schaden sei daher auch nicht durch die typische Gefahr beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden. Hinzu komme, dass sich der Schaden nicht auf einer öffentlichen oder privaten Verkehrsfläche ereignete, sondern der Traktor im konkreten Fall lediglich als Arbeitsmaschine auf einer landwirtschaftlichen Fläche genutzt wurde.

Eine Haftung aus straßenverkehrsrechtlichen Regelungen schloss der BGH daher genauso aus wie eine solche durch Verletzung von Verkehrssicherungspflichten i.S.d. § 823 BGB. Denn der Führer des Traktors habe angesichts des Umstandes, dass sich Personen zum Zeitpunkt des Unfalls im Abstand von etwa 50 Metern zum Kreiselmäher befunden haben, davon ausgehen können, dass sich diese Personen außerhalb des Gefahrenkreises der Maschine aufhalten würden. Im Ergebnis ging der Betroffene letztlich leer aus.

Rat des Bauernverbandes an die Öffentlichkeit

Die Entscheidung des BGH zeigt laut Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, dass Personen, die sich im Arbeitsbereich von landwirtschaftlichen Maschinen befinden, stets vorsichtig sein müssen. Es sei keineswegs so, dass bei auftretenden Schäden der Fahrer des Traktors bzw. sein Halter automatisch für die entstehenden Schäden haften, insbesondere dann, wenn die Maschinen im konkreten Fall vorrangig als Arbeitsmaschine und weniger als Transportmittel eingesetzt werden.

Für Personen, die landwirtschaftlichen Tätigkeiten beiwohnen, sei also immer ein besonderes Maß an Vorsicht geboten, um sich und das eigene Hab und Gut möglichst vor Beschädigungen zu schützen. Unabhängig davon sei die Frage zu beurteilen, ob der Betroffene Ansprüche gegen eine eigene private Unfallversicherung geltend machen kann. Informationen dazu sind nicht bekannt und mussten vom BGH auch nicht entschieden werden.

(Entscheidung des BGH vom 21.09.2021, AZ: VI ZR 726/20).

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