Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will einst volkseigene Äcker, Wiesen und Wälder in Ostdeutschland vor dem Ausverkauf schützen. "Mir schwebt eine ostdeutsche Stiftung vor, die von den Ländern zu bilden wäre", sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. "Flächen, die von der bundeseigenen Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH (BVVG) noch nicht verkauft wurden, sollten in die Stiftung eingebracht werden."
Ramelow reagierte mit seinem Vorschlag auf Sorgen von Landwirten angesichts stark steigender Preise für Agrarflächen, für die sich zunehmend auch Banken, Fonds, oder Lebensmittelhändler wie 2020 die Aldi-Stiftung in Thüringen interessieren.
Mit dem Stiftungsmodell könnte der Verkaufsdruck gemildert werden, dem auch die BVVG ausgesetzt sei, deren Einnahmen in den Bundeshaushalt flössen, sagte der Thüringer Regierungschef. Die Flächen könnten über die Stiftung für die regionalen Landwirtschaftsbetriebe nutzbar gemacht werden. Das setze jedoch voraus, dass der Bund die bei seiner Gesellschaft zusammengefassten Fläche übertrage. Er habe das Thema auch bei der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz Ost angesprochen, sagte Ramelow.
Über Ausschreibungen verkauft und verpachtet die BVVG Äcker, Wiesen und Wälder. 2020 hatte die Gesellschaft nach eigenen Angaben rund 7.850 ha Acker- und Grünlandfläche verkauft und weitere 22.700 ha neu verpachtet. Die meisten Flächen gingen nach ihren Angaben seit 1992 an regionale Landwirte. Nach einer BMEL-Studie haben sich die Preise für Ackerland in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland verdreifacht. Thüringen gilt als Bundesland mit dem höchsten Anteil an Pachtflächen in der Landwirtschaft. Er liege bei 75 %, der Bundesdurchschnitt bei 59 %.
Banken, Fonds und Lebensmittelhändler kaufen Agrarland und treiben die Preise. Viele #Bauern sind alarmiert. Thüringens Ministerpräsident @bodoramelow hat einen Vorschlag, um Ländereien für ostdeutsche Bauern zu sichern.https://t.co/e0XnHuXsfd
— Nordkurier (@Nordkurier) June 5, 2021
TBV: Alle regionalen Landwirtschaftsbetriebe müssen Flächen erwerben können
Der Thüringer Bauernverband (TBV) steht dem Stiftungsmodell aufgeschlossen gegenüber. Das Ausschreiben von Flächen an den Meistbietenden habe in den letzten Jahren dazu geführt, dass sowohl die Preise für die Flächen stark anstiegen als auch landwirtschaftsfremde Käufer verstärkt investierten.
„Die von der BVVG im Ausschreibungsverfahren aufgerufenen Pacht- und Kaufpreise von Grünland- und Ackerflächen stehen schon seit Jahren in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen, die man mit Ackerbau und Viehzucht erwirtschaften kann“, so Dr. Klaus Wagner, Präsident des TBV. Das Stiftungsmodell könne hier Abhilfe schaffen, wenn sichergestellt werde, dass die Flächen weiterhin für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Dies sei nicht zuletzt aufgrund der fortschreitenden Flächenverluste und steigenden Anforderungen an die Landwirtinnen und Landwirte von zentraler Bedeutung.
Die Vergabe der Flächen durch die Stiftung muss aus Sicht des TBV so ausgestaltet werden, dass keine überhöhten Preise aufgerufen werden. „Die Flächen sollten den Bewirtschaftern zur Verfügung gestellt werden, entweder durch Kauf oder Pacht. Wichtig ist, dass alle regionalen Landwirtschaftsunternehmen, unabhängig von Betriebsform, Betriebsgröße und Bewirtschaftungsart, die Möglichkeit erhalten, diese Flächen zu erwerben oder zu pachten“, so die Forderung Wagners.
Sehr guter Vorschlag von @bodoramelow: Ostdeutsche Stiftung für Landwirtschaft um die bizarren Bodenspekulationen zu beenden. https://t.co/9a6AqnjX96
— Stefan Gebhardt (@StefGeb) June 5, 2021