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topplus Positionspapier vorgelegt

Seeheimer Kreis: SPD will Landwirtschaft gestalten

Weil sich Union und SPD bei agrarpolitischen Themen nicht einigen können, hängen die Landwirte in der Luft. Der Seeheimer Kreis möchte die Bauern mit seinem Positionspapier wieder in den Fokus nehmen.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Bericht ist zuerst erschienen im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben 43/2020.

Die SPD will sich offenbar stärker um landwirtschaftliche Themen kümmern. Diesen Eindruck erweckt zumindest das Positionspapier „Mut zu mehr“, das die knapp 60 Abgeordneten des Seeheimer Kreises im September 2020 veröffentlicht haben.

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In sieben Kapiteln schildern die aus ihrer Sicht eher pragmatischen sowie wirtschaftsorientierten Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion ihre Ideen, ein sozialdemokratisches Jahrzehnt zu gestalten. Bereits im zweiten Kapitel „Arbeit, Wirtschaft und Klimaschutz zusammendenken“ gehen sie dabei auf die Landwirtschaft ein. Hier einige Schlaglichter:

  • Klimaschutz: Sie begrüßen ausdrücklich die Bestrebungen auf europäischer Ebene, den Kontinent klimaneutral aufzustellen. Ein europäischer Binnenmarkt, der nur CO2-neutral produzierte Waren ein- und ausführt, wäre ein internationales Vorbild und würde weltweit maßgeblich zum Schutz des Klimas und der Umwelt beitragen.



  • Energiewende: Die Abgeordneten wollen die Energiewende vorantreiben und Investitionen in eine klimaneutrale Produktion steuerlich fördern. Deutschland müsse die Herausforderungen des Klimawandels als Chance für technologischen Fortschritt sowie internationale Wettbewerbsfähigkeit ergreifen.



  • Finanzmittel: Die Mittel für die „Gemeinschaftsaufgabe – Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und die „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz“ sollen auf dem aktuell hohen Niveau bleiben.



  • Förderung: Die flächenbezogenen Direktzahlungen sollen künftig zu 25 % aus einer Basisprämie für die Betriebe und zu 50 % aus einer Förderung für von der Landwirtschaft erbrachte Ökosystemleistungen über dem gesetzlichen Standard bestehen. Die restlichen 25 % sollen programmbezogenen Umwelt- sowie Klimamaßnahmen vorbehalten bleiben.



  • Zukunft: Die Zukunft der Landwirtschaft könne nur im Dreiklang aus gerechten Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten – insbesondere auch für die Familien auf den landwirtschaftlichen Höfen -, dem Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen sowie der Produktion qualitativ hochwertiger Agrarprodukte gelingen.



  • Digitalisierung: Die SPDler fordern eine stärkere Digitalisierung der Landwirtschaft. Eine staatlich initiierte Agrar-Masterplattform soll als Drehschreibe der Landwirtschaft dienen, ein intelligentes Daten-Managementsystem für die gesamte Wertschöpfungskette.

Wiese: SPD unterstützt Landwirte

Im Wochenblatt-Interview stellte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese klar, dass das Papier langfristig und strategisch angelegt sei; die SPD habe dafür viel Lob bekommen. Die Landwirtschaft stehe aktuell vor enormen Herausforderungen und Veränderungen. Gerade die junge Generation der Hofnachfolger brauche daher eine verlässliche und vor allem planbare Zukunftsperspektive, so Wiese.

Auf die Frage, ob sich die SPD bislang zu wenig um die Landwirte gekümmert habe, sagte der Politiker: "Ja und nein. Dass die SPD Landwirtschaft kann, zeigt Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus seit 22 Jahren. Dennoch haben wir bei Landtagswahlen das Agrarministerium zu schnell an die Union und vor allem die Grünen abgegeben." Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze sehe es als wichtigen Anstoß, die Landwirtschaftspolitik der SPD sichtbarer zu machen und Verbindendes in den Fokus zu nehmen.

Union will keine Veränderung

Auf die Borchert-Kommission angesprochen, schießt Wiese gegen die Union. "Die Borchert-Vorschläge heißen Veränderung, Teile insbesondere der CDU setzen aber aufs Beharren. Man hat schon den Eindruck, dass einige Kollegen des Koalitionspartners bei den Borchert-Vorschlägen zuerst an die Auswirkungen auf ihrem eigenen Betrieb in Weser-Ems oder im Münsterland denken und danach erst ans große Ganze.

Eine Blockade der Sozialdemokraten könne er jedenfalls nicht erkennen, das sei "politisches Geplänkel". "Wir haben uns direkt hinter die Vorschläge der Borchert-Kommission gestellt. Deren Umsetzung erfordert aber Mut zu Veränderungen und den Willen, die Zukunft der Landwirtschaft aktiv zu gestalten. Das kann ich bei einigen aktuell nicht erkennen", sagt Wiese.

Baurecht, Flächenbindung, Tierzahl

Beim Thema Baurecht meint der Briloner, dass die reine Fokussierung darauf zu kurz greife. Schon die Änderung von entsprechenden Verordnungen könnte das Geld zum Beispiel beim Umbau der Kastenstände schnell in die Fläche bringen. Eine Zementierung der Intensivtierhaltung über das Baurecht, wie es einigen Schweinehaltern vorschwebt, hält er für den falschen Weg.

Wie der stellv. Fraktionsvorsitzende im Gespräch mit dem Wochenblatt weiter erklärte, sei er auch für eine stärkere Flächenbindung. "Die Probleme beispielsweise mit der Düngeverordnung haben wir primär in den Regionen mit mehr als 2 Großvieheinheiten (GV) pro Hektar, also viele Tiere auf wenig Fläche. Hier im Sauerland ist es genau umgekehrt – wenig Tiere auf viel Fläche. Hier gibt es keine großen Probleme. Aber wir werden in Mithaftung genommen für diejenigen, die es über Jahrzehnte übertrieben haben."

Provokant seine Einschätzung, dass es in einigen Regionen nicht ohne eine Reduzierung der Tierzahlen gehen wird. Zu viele Tiere auf zu wenig Fläche ist seiner Überzeugung nach die Ursache für viele der aktuellen Probleme und damit auch Gesetzesverschärfungen. Die Legitimation für die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik mit den entsprechenden finanziellen Unterstützungen sei die Lebensmittelsicherheit und -versorgung, nicht die stetige Erhöhung des Weltmarktanteils, sagt Wiese.

"Hofreiter als Agrarminister wäre nicht gut"

Er habe allerdings große Sorge vor einer Schwarz-Weiß-Diskussion zwischen den Beharrern in der Union und den Bevormundern bei den Grünen. "Wir als SPD wollen die Landwirtschaft eng in den Diskurs einbinden und mitnehmen, wir wollen Hofnachfolgern eine Zukunftsperspektive geben und für vernünftige Einkommen auf den Höfen sorgen. Ich sehe uns als Vermittler zwischen den Extremen und stehe an der Seite der Landwirte. Denn mal ehrlich: Eine schwarz-grüne Regierung mit Anton Hofreiter als Bundeslandwirtschaftsminister wäre nicht gut für die Landwirtschaft. Teile der Grünen verschleiern das aber gerade und machen den Remmel im Schafspelz."

Die Seeheimer sind eine Arbeitsgemeinschaft von Abgeordneten, die in der SPD-Bundestagsfraktion für eine nach eigener Einschätzung moderne und pragmatische Politik auf der Höhe der Zeit stehen. Seit ihrer Gründung 1974 sind sie eine feste Größe - und seitdem ist ihr Maßstab für politisches Handeln die Realität. Ihr Anspruch ist auch, Vertrautes kritisch zu hinterfragen und liebgewonnene, lange eingeübte Ansätze zu überdenken. Verbesserungen im Alltag würde oft nur über pragmatische und undogmatische Politik erreicht.

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