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Die Welt verlangt Fleisch

Lesezeit: 9 Minuten

Der globale Fleischhandel wächst weiter. Laut USDA entwickeln sich die Fleischarten jedoch unterschiedlich. Was das für die EU bedeutet, hat Heribert Breker, LWK-Nordrhein-Westfalen, analysiert.


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Während Deutschland über Fleischverzicht debattiert, setzen Rind-, Geflügel- und auch Schweinefleisch ihren Siegeszug auf den Tellern dieser Welt unbeirrt fort. Laut dem jüngsten Vieh- und Fleisch­bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) sollen Erzeugung und Konsum sogar wieder deutlich schneller wachsen als in den Vorjahren.


Davon profitiert auch der internationale Fleischhandel, bei dem auch deutsche und europäische Unternehmen kräftig mitmischen.


Trendwende bei Rindfleisch:

Die Rindfleischerzeugung stagniert seit Jahren und soll 2015 sogar um gut 2 % schrumpfen. Das dürfte sich 2016 ändern (siehe Übersicht 1). Das USDA rechnet mit einem Anstieg der weltweiten Produktion um 1,3 % auf 59,2 Mio. t:


  • In den US-amerikanischen Weidegebieten hat es endlich wieder ergiebig geregnet. Das brachte günstiges Futter für die Rinder-Hochburgen und traf auf rekordhohe Rindfleischpreise von umgerechnet bis zu 6 € je kg SG. Kein Wunder, dass die US-Farmer ihre Herden aufstocken. Mittlerweile sind die Preise zwar auf rund 4,50 €/kg SG abgerutscht. Die Rechnung geht aber immer noch auf, sodass für 2016 mit einer Zunahme der US-Produktion um knapp 5 % auf rund 11,4 Mio. t gerechnet wird.
  • Brasilien ist mit 9,4 Mio. t im laufenden Jahr die Nummer zwei beim Rindfleisch, konnte die Produktion aber in den letzten Jahren kaum noch ausbauen, weil der Inlandsverzehr stagnierte. Mehr Luft verschafft nun der Export, der um rund 10 % auf 1,8 Mio. t im kommenden Jahr steigen soll. Rückenwind dafür gibt es durch die schwache brasilianische Währung, die Ausfuhren erleichtert.
  • Auch die EU spielt im Konzert der Großen mit, kommt aber an die Rekordmengen früherer Jahre nicht mehr heran. Aufgrund der wachsenden Milch-kuhbestände schafft die Staatengemeinschaft aber nun zumindest die Trendwende und soll im kommenden Jahr die Produktion an Rindfleisch leicht auf 7,56 Mio. t erhöhen.
  • Besonders dynamisch wächst die indische Erzeugung – mit durchschnittlich 6 % pro Jahr. Die Rekordmenge von 4,65 Mio. t soll fast zur Hälfte in den Export gehen. Das preiswerte Halal-Fleisch wird bei Preisen von umgerechnet 2,50 €/kg in islamischen Ländern stark nachgefragt. Die Inder selbst halten sich beim Verzehr aus religiösen Gründen zurück und kommen nur auf einen Pro-Kopf-Verbrauch von 2,5 kg.
  • Australiens Bedeutung für den Rindfleischmarkt sinkt hingegen. Das Wetterphänomen El Niño ist derzeit sehr ausgeprägt und sorgt in Ozeanien für Trockenheit und knappes Futter. Das USDA rechnet 2016 mit mindestens 10 % weniger Ware in Down-Under.
  • Neuseeländer haben zwar das gleiche Wetter wie die Australier. Hier gibt es aber einen Sondereffekt: Viele wirtschaftlich angeschlagene Milchviehbetriebe steigen derzeit auf die Fleischrinder-Haltung um. Da 90 % der Erzeugung in den Export gehen, kommen 2016 immerhin 600 000 t neuseeländisches Rindfleisch auf den Weltmarkt.


Mehr Rind auf dem Teller:

Die weltweit rund 750 000 t Rindfleisch, die 2016 zusätzlich vermarktet werden müssen, dürfte der Markt gut verkraften, glauben die US-Analysten. Denn der Rindfleischverzehr soll 2016 spürbar steigen und zwar um 1 %. Zwar stagniert der Verbrauch in den Industrieländern, in den Schwellenländern mit wachsender Bevölkerung und steigenden Einkommen gibt es aber noch Luft.


Vor allem China spielt derzeit eine Schlüsselrolle. Bei Verbrauchszuwächsen von 1,5 % wird jedes Jahr mehr Rindfleisch importiert. In den letzten vier Jahren haben sich die Einfuhren nach China und Hongkong auf 1,2 Mio. t fast vervierfacht (siehe Übersicht 2). Lieferanten sind vor allem „Billigländer“ wie Indien, Australien und Neuseeland.


Die EU profitiert von dem Nachfrage-Schub aus dem Reich der Mitte kaum, weil das Preisniveau zu hoch ist. Dämpfend wirkt zudem der russische Importstopp, der für 70 000 bis 90 000 t Rindfleisch pro Jahr stand. Diese Ware wird zwar im Nahen Osten, Südostasien und teilweise in Afrika abgesetzt, aber wohl zu schlechteren Preisen. Das USDA sieht den EU-Export der Europäer 2016 lediglich bei rund 300 000 t.


Etwas Entlastung gibt es über das Ventil Türkei, wo Rindfleisch knapp ist. Die Preise sind binnen eines Jahres um ein Drittel gestiegen. Zuletzt exportierte die EU deshalb wieder mehr Lebendvieh an den Bosporus. Verarbeiter von Rindfleisch suchen HF-Kühe von mäßiger Qualität. Um die heimischen Erzeuger zu schützen, schreibt die türkische Regierung den Verarbeitern allerdings vor, mindestens 60 % Inlandsware zu verwenden. Ein Balanceakt, denn auch die Verbraucher will man nicht mit zu hohen Preisen verärgern. Zuletzt lieferte die EU umgerechnet 5 000 t je Monat an die Türken. Viel Luft nach oben gibt es nicht mehr, denn die Urlaubssaison geht zu Ende.


Schweine noch unter Druck:

Bei der globalen Schweinefleischerzeugung rechnet das USDA für 2015 nur mit einem Zuwachs von 0,8 % und für 2016 sogar mit noch weniger. In den vergangenen Jahren wuchs die Erzeugung im Schnitt um 1,3 % pro Jahr.


  • China spielt eine entscheidende Rolle: Der Schweinebestand ist seit 2013 regelrecht eingebrochen. Bis Anfang 2016 soll der Bestand um 12 % oder etwa 56 Mio. Tiere schrumpfen. Vor allem Ferkelerzeuger stockten ab: Seit 2013 ist jede fünfte Sau verschwunden. Experten sehen den Grund dafür in den staatlich gestützten Getreidepreisen, die die Futterkosten in die Höhe treiben. Selbst bei Erzeugerpreisen von 2,50 bis 3 € je kg SG kommen Schweinehalter nicht auf ihre Kosten. Erstaunlich ist aber, dass trotz der fehlenden Tiere die chinesische Erzeugung 2015 lediglich um 0,6 % nachgibt. Mit schwereren Schweinen und höherer Produktivität wird der Abschwung aufgefangen. Für 2016 rechnet das USDA wieder mit einem leichten Anstieg um 0,2 %.
  • Die EU verteidigt den zweiten Platz unter den großen Erzeugern. Die US-Experten rechnen mit 22,9 Mio. t Schweinefleisch für das Jahr 2016 – nur 100 000 t weniger als im Vorjahr. Die EU-Kommission erwartet in ihrer Vorschau für 2016 hingegen sogar 200 000 t mehr Ware als im laufenden Jahr. So oder so bleiben die Exporte wohl hoch bzw. müssen sogar leicht steigen. Denn der EU-Verbrauch pendelt laut USDA etwas zurück, und zwar um 80 000 t.
  • Die USA erzeugen im nächsten Jahr 11,3 Mio. t SG (plus 1,3 %). Ein Wieder­aufflammen der durch das PED-Virus ausgelösten Durchfallerkrankung wird nicht erwartet. Die Vorräte steigen, und der feste Dollar belastet den Export: Seit Ende Oktober fiel der Schweinepreis um rund 25 €-Cent/kg. An der Börse liegen Dezember-Schweine nur noch bei umgerechnet 1,15 €/kg SG.
  • Brasilien produziert im kommenden Jahr wohl knapp 2 % mehr Schweinefleisch als 2015. Das USDA schätzt die Erzeugung auf 3,51 Mio. t. Da der Inlandsverbrauch ebenfalls um 1,5 % steigt, hat das kaum Folgen für den Export. Er soll 2016 auf 580 000 t anziehen.


Abnehmer gesucht!

Unterm Strich bleibt der Weltmarkt auch 2016 mit Schweinefleisch gut versorgt. Der internationale Handel soll aber etwas an Fahrt gewinnen (s. Übersicht 3). Dort liefern sich die USA und die EU, die für rund zwei Drittel des Handels stehen, weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen.


Die Nase vorn hatten die Europäer in den vergangenen Jahren vor allem in Russland. Das ist nun Geschichte, denn mit der Importsperre und staatlicher Stützung versucht Putin seit 2014, die Eigenerzeugung mit „Gewalt“ anzukurbeln. Der Erfolg ist zwar mäßig, denn Russland konnte in dieser Zeit die Produktion nur um 200 000 t auf 2,6 Mio. t steigern. Fakt ist aber, dass die Importe aus der EU binnen zwei Jahren von 750 000 t auf nahezu Null einbrachen. Ausgeglichen wurde diese Lücke kaum. Stattdessen zwingt Putin seine Landleute zum Fleischverzicht und belastet unnötig den Weltmarkt.


Der weltweit wichtigste Abnehmer für Schweinefleisch bleibt Japan mit 1,27 Mio. t – Tendenz leicht fallend. Die EU schneidet sich mit gut 300 000 t pro Jahr ein großes Stück vom Kuchen ab. Interessant ist dieser Markt wegen der hohen Erlöse von 3,50 €/kg im Schnitt.


Im Vergleich dazu sind die Preise im China-Geschäft mit nur 1,35 €/kg zwar bescheiden. Mengenmäßig hat der chinesische Markt aber noch Luft nach oben. Der Importbedarf soll 2016 auf 850 000 t Schweinefleisch steigen. Dazu kommen noch rund 400 000 t, die über Hongkong abgerechnet werden. Die EU profitiert von der hohen Nachfrage, den fehlenden Russlandabsatz kann China aber auch nicht wettmachen.


Ob die EU oder die USA 2016 Exportweltmeister für Schweinefleisch werden, ist offen. Das USDA sieht die Amerikaner mit 2,37 Mio. t im nächsten Jahr zwar etwas im Vorteil. Dagegen spricht aber der starke Dollar und der schwierige Zugang zum chinesischen Markt. China lehnt nämlich Fleisch ab, das von Tieren stammt, die mit dem Wachstumsförderer Ractopamine behandelt wurden. In den USA ist das aber Standard. Gut möglich, dass am Ende doch die EU ihren „Titel“ verteidigt, was unsere Schweinepreise stützen würde.


Geflügel wächst stetig:

Die Hähnchen-Erzeugung wächst stetig um etwa 1,6 % pro Jahr und damit deutlich schneller als die Märkte für „rotes Fleisch“. Der internationale Handel wächst sogar noch schneller um fast 5 %.


  • Marktführer sind die USA, die mit rund 18 Mio. t Hähnchenfleisch jedes fünfte Kilogramm weltweit erzeugen. In den letzten beiden Jahren stieg die Produktion kräftig, weil sowohl Schweine- als auch Rindfleisch am US-Markt fehlte. Der Boom ist nun beendet, da die Amerikaner derzeit mit der Vogelgrippe kämpfen. Die Epidemie trifft zwar hauptsächlich Legehennen und Puten, aber der US-Export von Hähnchenfleisch bekommt dadurch einen Dämpfer. Die Erzeuger hoffen auf Entspannung im Jahr 2016.
  • Brasilien hat als zweitgrößter Hähnchenfleischerzeuger nach Jahren der Stagnation seine Erzeugung im Jahr 2015 auf 13 Mio. t erhöht. Für 2016 soll die Erzeugung nochmal um 3 % gesteigert werden. Bei nur mäßiger Erhöhung des Inlandsverbrauchs gehen 3,7 Mio. t in den Export. Für das Jahr 2016 schätzt man die Zunahme auf mindestens 3,7 %.
  • Chinas Geflügelwirtschaft kämpft mit ständigen Ausbrüchen von Geflügelgrippe. Darunter leidet nicht nur die Produktion, sondern auch der Verbrauch, weil sich viele Chinesen vor einer Ansteckung fürchten. Die Produktion stagniert bei etwa 13 Mio. t. Das dürfte auch 2016 so bleiben.
  • In der EU steigt die Hähnchenfleisch-erzeugung stetig und erreicht in diesem Jahr 10,6 Mio. t. Der Binnenkonsum kann nicht ganz Schritt halten, sodass die Abhängigkeit vom Export langsam wächst. Der schwache Euro stützt allerdings die Ausfuhren.
  • Die russische Importsperre hat beim Geflügel ihr Ziel erreicht. In 2 Jahren ist die Eigenerzeugung in Russland um rund 20 % gewachsen. Der Selbstver­sorgungsgrad bei Hähnchenfleisch liegt bei 97 %. Russland will in den nächsten Jahren sogar ins Exportgeschäft ein­steigen. -ab-

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