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Gemeinsam fällt der Einstieg leichter

Lesezeit: 6 Minuten

L andwirte, die heute neu in die Direktvermarktung einsteigen wollen, stehen allein oft auf verlo-renem Posten. Denn die Konkur-renz ist groß und wird immer pro-fessioneller. Nur mit selbsterzeug-ten Produkten lässt sich meist kein vollständiges Sortiment zusam-menstellen. Und beim Zukauf blei-ben nur geringe Gewinnmargen übrig. Die Lösung könnte deshalb eine Zusammenarbeit in der Ver-marktung sein. Hierbei betreiben zum Bei-spiel mehrere Landwirte gemeinsam einen Bauernladen oder Marktstand und kön-nen so eine größere Produktpalette anbie-ten. Weiterere Vorteile: Arbeitsbelastung, Investitionen und Risiko verteilen sich auf mehrere Schultern. Eigene Potenziale realistisch abschätzen! Eine Kooperation in der Direktver-marktung kann viele Gesichter haben: Einen oder mehrere Partner. Feste vertragliche Vereinbarung oder loser Zusammenschluss. Gemeinsamer Hofladen, Verkaufswa-gen, Lieferservice oder Marktstand. Eigenständige Produktion oder Ab-sprachen der Betriebe. Welche Lösung die Richtige ist, hängt von den Neigungen der beteiligten Land-wirte und von den Voraussetzungen der Betriebe ab. Hat ein Partner bereits Er-fahrungen in der Direktvermarktung, bie-tet es sich an, bestehende und bewährte Vermarktungswege auszubauen. Durch die Kombination neuer Absatzwege und verschiedener Vermarktungsformen kön-nen neue Kunden erreicht werden. Neueinsteiger müssen zuerst die Ab-satzchancen und -wege ausloten: Hat ein Betrieb einen günstigen Standort, z. B. an einer vielbefahrenen Straße oder in der Nähe von Verbraucherzentren, dann kann es sich lohnen, dort einen gemeinsa-men Hofladen zu eröffnen. Um die Inves-titionen zu drücken, ist es von Vorteil, wenn vorhandene Altgebäude ohne gro-ßen Aufwand umgebaut werden können. Welche Umsätze ein Hofladen erzielen muss, hängt maßgeblich von den getätigten Investitionen und den laufenden Kosten ab. Als allgemeine Faustzahl nennen Ex-perten einen Mindestumsatz von 1 000 DM pro Tag. Dafür sind erfahrungsgemäß täg-lich 50 bis 100 Kunden nötig. Bei ungünstigen Standorten der Be-triebe müssen die Vermarkter den Kun-den entgegenkommen. Hierfür könnte ein gemeinsamer Lieferservice geeignet sein. Auch ein gemeinsamer Marktstand oder Verkaufswagen ist standortunabhän-gig einzusetzen. Auf normalen Wochen-märkten könnte es für Neueinsteiger allerdings schwierig sein, sich zu etablie-ren, da der Markt zwischen den Anbietern meistens bereits aufgeteilt ist. Deshalb bieten besonders Bauern-märkte für Landwirte eine Einstiegschan-ce. Hier müssen sie nicht mit den klassi-schen Händlern konkurrieren. Erfolgrei-che Bauernmärkte leben von dem direk-ten Kontakt zwischen Kunden und Land-wirten. Die nachvollziehbare Herkunft der Produkte sowie das besondere bäuer-liche Flair unterscheidet sie von Wochen-märkten. Besonders in Bayern hat sich diese Vermarktungsform etabliert. In der Praxis hat es sich bewährt, die Kooperation langsam aufzubauen und aus-zuweiten. Das ist wie eine Testphase für die Teamfähigkeit der Partner und kann fi-nanzielle Verluste in Grenzen halten. Die Beteiligten sollten sich aber für eine be-stimmte Zeit fest binden, damit die Ko-operation überhaupt ein Chance hat. Große Projekte, wie gemeinsame Bau-ernmarkthallen in der Stadt oder an viel befahrenen Straßen, erfordern einen grö-ßeren Organisationsaufwand, höhere In-vestitionen und bergen ein größeres Risi-ko des Scheiterns, wie Fachleute zu be-denken geben. Denn Markthallen stehen in Konkurrenz zu Supermärkten und brauchen sehr gute Produktqualitäten, ein breites Sortiment und müssen außerdem ein bäuerliches Einkaufserlebnis bieten, um sich abzuheben. Breites Sortiment zieht Kunden an Die Verbraucher wollen nicht für ver-schiedene Produkte mehrere Direktver-markter abklappern. Zur Produktpalette sollten deshalb Kartoffeln, Gemüse, Obst und Fleisch gehören, aber auch verarbei-tete Produkte, wie z. B. Brot, Milchpro-dukte, Marmelade und Säfte. Einige Di-rektvermarkter verkaufen überdies mit Erfolg selbsterzeugte Convenience-Pro-dukte, wie Eintöpfe im Schlauch, Roula-den oder Frikase im Glas und Salat- so-wie Gemüsemischungen. Der Arbeitsauf-wand für die Verarbeitung sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Sind alle Part-ner bereits voll ausgelastet, kann das Sor-timent auch durch den Zukauf bei ande-ren Landwirten, Direktvermarktern oder vom Handel abgerundet werden. Um selbst ein möglichst breites Sorti-ment erzeugen zu können, empfehlen Be-rater den Partnern, ihre Anbaupläne und die Tierhaltung aufeinander abzustim-men. Jeder kann sich dann auf bestimmte Produkte spezialisieren und Arbeitsab-läufe rationalisieren. Abrechnung regeln, Aufgaben verteilen Von vornherein sollten die Abläufe, wie die Lieferung und Abrechnung der Produkte, geregelt sein. Auch über die Vergütung der eingebrachten Arbeitszeit und die Gewinnverteilung müssen sich die Partner einigen. Erfolgreiche Gemein-schaftsvermarkter und Experten nennen hierfür folgende Lösungen: Die landwirtschaftlichen Betriebe lie-fern ihre Produkte gegen Rechnung an die Vermarktungsgesellschaft. Die Erzeuger-preise orientieren sich dabei an Großhan-delspreisen, wobei ein Aufschlag für Fri-sche oder besondere Produktionsweisen möglich ist. Die Verkaufspreise können bis zu 30 Prozent über den Erzeugerpreisen lie-gen. Bei verarbeiteten Produkten müssen Materialkosten und Arbeitsaufwand ein-gerechnet werden. Häufig orientieren sich die Verbraucherpreise auch an vergleich-baren Konkurrenzprodukten im regiona-len Wettbewerb. Aus dem Umsatz der Vermarktung müssen die laufenden Kosten, wie z. B. Wasser, Strom, Telefon, Stand- oder La-denmiete, Löhne, Versicherung etc., be-zahlt werden. Was am Jahresende als Ge-winn übrig bleibt, wird aufgeteilt. Die Ge-wichtung erfolgt nach den Anteilen der Partner am Umsatz. Bei der Entlohnung der Arbeit muss be-rücksichtigt werden, wie viel Zeit jeder Ge-sellschafter aufbringt. Ist der Arbeitsauf-wand ungleichmäßig verteilt, müssen Spit-zen vergütet werden. Für die Verkaufsar-beit wird ein Stundenlohn gezahlt. Bei Ko-operationen kann sich dafür die Einstel-lung einer Fremdarbeitskraft auf 630 DM-Basis lohnen. Daneben dürfen Aufgaben wie die Buchführung, die Werbung und Öffent-lichkeitsarbeit, die Planung des Sorti-ments und die Organisation des Zukaufs nicht vergessen werden. Gut funktionie-ren kann all dies nur, wenn sich immer je-mand dafür zuständig fühlt. Alle müssen an einem Strang ziehen Für den Erfolg einer Kooperation gibt es kein Patentrezept. Der Knackpunkt ist, dass die Chemie zwischen den Partnern stimmen muss. Dazu gehören Toleranz und die Bereitschaft, Kompromisse einzu-gehen sowie Entscheidungen abzugeben. Die Beteiligten müssen offen für Neues sein und Vertrauen zueinander haben. Die Direktvermarktung stellt außerdem hohe Ansprüche an die Familie. Vor allem die Frauen sind bei der Verarbeitung der Produkte gefordert. Beim Verkauf schafft die fachkundige Beratung durch eine Landwirtin und eine rustikale Dekoration des Hofladens oder Marktstandes ein un-verkennbares bäuerliches Ambiente. Die Kunden kommen nur dann wieder, wenn sie etwas finden, was der nächste Super-markt nicht bieten kann. Wichtig ist des-halb, dass die Verbraucher immer erken-nen können, welcher Betrieb die Produkte erzeugt hat. Eine Info-Ecke über die Be-triebe bringt Transparenz und stärkt das Verbrauchervertrauen. Wie landwirtschaftliche Betriebe in der Praxis gemeinsam direkt vermarkten, le-sen Sie in unseren drei Reportagen. S. Meyer

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