Über Jahrzehnte stiegen die Verwertungskosten für Gülle und Gärreste immer weiter und belasteten die Tierhaltung. Das galt vor allem für die Veredelungshochburgen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Doch nun dreht der Wind, berichtet Kathrin Albers von der Naturdünger-Verwertungs GmbH (NDV): „Weil die Tierbestände sinken und gleichzeitig die Kosten für Mineraldünger explodieren, lässt sich Wirtschaftsdünger immer besser abgeben“.
Sie rechnet im nächsten Jahr mit deutlich weniger Gülleanfall in Niedersachsen, weil vor allem Schweinemäster ihre Ställe aktuelle zeitweise leer stehen lassen oder weniger einstallen. Außerdem sei die Belegdichte durch die Vorgaben der Initiative Tierwohl auf vielen Betriebe reduziert.
Ackerbauern suchen Gülle
Aktuell sei die Nachfrage der Ackerbauern nach Wirtschaftsdünger saisonbedingt zwar noch klein. Zur Ausbringungszeit im Frühjahr 2022 rechnet sie aber mit einer lebhaften Nachfrage. „Die Ackerbauern wissen die Vorteile der Gülle immer mehr zu schätzen“, beobachtet Albers. Im Gegensatz zum Mineraldünger könne man mit einem Humusaufbau durch die Gülleausbringung rechnen und zusätzlich CO2 speichern.
Rückenwind bekommt die Entwicklung durch den Ausnahmezustand am Mineraldüngermarkt. Wegen der Energiekrise können viele Ackerbauern derzeit kaum Mineraldünger vorkaufen. Ob sich das bis zum Frühjahr ändert ist fraglich. Sicher ist aber, dass der Dünger vorerst teuer bleibt. „Das macht Wirtschaftsdünger wie Gülle zusätzlich interessant“, erklärt Albers.
„Lage ist aktuell undurchsichtig“
Die Geschäftsführerin der Naturdünger-Verwertungs GmbH, deren Gesellschafter unter anderem die beiden Kreislandvolkverbände Cloppenburg und Vechta sind, beobachtet, dass sich der Handel mit Gülle & und anderen Wirtschaftsdüngern schon jetzt belebt.
„Wir haben in der Nährstoffzentrale des Kreislandvolkverbandes Vechta mehr Bewegung“, erklärt sie. Die Onlineplattform bringt über Anzeigen Abgeber und Aufnehmer von Wirtschaftsdünger in den Regionen zusammen. Sie kann den Tierhaltern keine konkreten Empfehlungen geben. Die Entwicklung auf dem Energiemarkt und die politische Situation in Berlin und Brüssel seien schwer abzuschätzen. Die Lage sei sehr unübersichtlich und Tierhalter sollten den Markt im Auge behalten.
Was kostet der Abgabe von Gülle?
Aufnehmer von Geflügelmist müssten schon länger dafür zahlen, nun sei es bei Gülle auch so weit, sagt Albers. „Früher war es durchaus üblich, dass der abgebende Betrieb die Einarbeitungskosten übernehmen musste“, berichtet sie. Sie könne sich aber gut vorstellen, dass sich im nächsten Jahr je nach Wetter und Region der aufnehmende Betrieb an der Transportkosten beteiligen müsse, um an den guten Dünger zu kommen. Was die Verwertung nun konkret kostet oder vielleicht sogar an Erlösen bringt, ließ Albers offen. Das sei regional sehr unterschiedlich und hänge letztlich auch vom Wetter ab.