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topplus Faktencheck Teil 2

Setzen ukrainisches Getreide und Raps die EU-Preise unter Druck?

Landwirte in der EU diskutieren engagiert über ukrainische Getreide- und Rapsimporte. top agrar hat sich bei Agrarhändlern und Mischfutterherstellern umgehört.

Lesezeit: 5 Minuten

Welche Bedeutung haben ukrainische Waren wie Getreide oder Raps für die EU-Märkte und wie groß ist der Einfluss auf unsere Preise in Deutschland? Das sind brennende Fragen, die viele Landwirte umtreiben, vor allem weil die Preise mittlerweile unter „Vor-Kriegs-Niveau“ gefallen sind.

Klar ist: Die Lage am globalen Getreide- und Rapsmarkt hat sich grundlegend geändert. Kurz nach dem Angriff der Russen auf die Ukraine im Jahr 2022 schossen die Preis wegen Versorgungsängsten in die Höhe. Rückblickend war diese Panik wohl übertrieben. Zusätzlich hat sich die weltweite Versorgungslage nach zwei guten Getreide- und Ölsaaten-Ernten deutlich entspannt. Weltweit sind die Preis daher deutlich zurückgegangen.

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Baywa und Agravis kaufen „normale“ Mengen

Doch wie groß ist nun der Einfluss auf unsere Preise? Antje Krieger, Unternehmenssprecherin bei Baywa in München, beobachtet für das eigene Haus keine großen Veränderungen. „De facto gibt es keinen nennenswerten Warenstrom aus der Ukraine in den Süden Deutschlands,“ erklärt sie. In der laufenden Saison werde allerdings dem üblichen Warenstrom entsprechend osteuropäische Ware (z.B. aus Polen, Tschechien oder Ungarn) importiert. „Das ist nichts Außergewöhnliches!“ sagt sie.

Bei der Agravis In Münster spielt ukrainische Ware hingegen eine größere Rolle. Unternehmenssprecher Bernd Homann sagt auf top agrar-Nachfrage: „Wir kaufen Mais und Raps aus der Ukraine, denn Deutschland ist ein Nettoimporteur von Mais und Rapssaat. Wir sind auf die Einfuhr speziell von GVO-freiem Mais und Raps aus der Ukraine angewiesen, um unseren hiesigen Bedarf zu decken“, erklärt er. Dabei entsprechen die Mengen, die importiert wurden, denen eines „Normal-Jahres“.

Wir brauchen den ukrainischen Mais für unser Mischfutter.
Vertreter Mischfutterbranche

So beziffert Homann den Importbedarf Deutschlands allein beim Raps auf knapp 5 Mio. t jährlich. Diese Ware käme aus Australien, Kanada und vor allem aus der Ukraine zu uns. Aber auch die Mischfutterbranche möchte nicht auf ukrainischen Mais verzichten. Das bestätigt ein Hersteller aus dem Nordwesten. „Wir sind eine Unterschussregion für Körnermais“, erklärt der Vertreter der Mischfutterbranche, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er sieht die Situation recht nüchtern und verweist darauf, dass schon vor dem Konflikt am Schwarzen Meer viel ukrainisches Getreide zugekauft wurde. „Der Umfang hat aber etwas zugenommen“, gibt er zu.

Preisverfall hat viele Gründe

Mittlerweile käme das meiste Getreide auch wieder per Schiff in die Region, weil es schlicht günstiger sei als der Landweg, erklärt er. Die Kritik an dem zollfreien Zugang der Ukraine auf den EU-Markt hält er für überzogen. „Der Preisverfall hat viele Gründe“, sagt er. So nennt er die weltweit komfortable Versorgung und auch die aktuell recht günstige Witterung in vielen große Anbauregionen der Welt. Der Warenfluss aus der Ukraine habe nur begrenzten Einfluss, meint er. Zudem würden Ackerbauern vergessen, dass sie 2022 und 2023 auch von hohen Preisen profitieren konnten, die nur durch den Krieg in der Ukraine entstanden seien.

Das Gerücht, hiesige Ware sei unverkäuflich, ist falsch!
Antje Krieger, Baywa

Baywa-Sprecherin Krieger kann den Frust vieler Landwirte verstehen, weil nach den starken Preisrückgängen die Wirtschaftlichkeit von unverkaufter Ware teilweise nicht mehr gegeben sei. Sie widerspricht aber ausdrücklich dem Gerücht, hiesige Ware sei teils unverkäuflich. „Als Baywa kaufen wir jede Woche fünfstellige Tonnagen der Ernten 23 und 24 aus der deutschen Landwirtschaft.“

Ukrainische Ware preist sich nach der Ernte gegen deutsche Ware ein. Das ist ein normaler Vorgang
Bernd Homann, Agravis

Bei der Agravis in Münster hat man im vergangenen Jahr schon festgestellt, dass mehr Ware per Zug und Lkw nach Deutschland kam. Der überwiegende Teil der ukrainischen Ware werde aber direkt in den ersten Monaten nach der Ernte angeliefert. Die Importe müssen sich dann gegen hiesige Ware einpreisen. „Das ist aber ein normaler sich jedes Jahr widerholender Vorgang“, erklärt Homann.

Der Markt unterscheidet EU- und Ukraine-Ware nicht

Der Preisvergleich von ukrainischer zu deutscher bzw. EU-Ware spielt an den Getreide- und Ölsaaten-Märkten offenbar keine Rolle. Denn der Markt unterscheidet die Herkunft gar nicht. „Es gibt einen Einheitspreis für EU-Mais“, erklärt der Futtermischer. Die Spezifikation sei üblicherweise „EU-27 inklusive Ukraine“.

Das bestätigt auch der Agrarmarktanalyst Patric Strauß aus Berlin. Im Zuge der Annährung der Ukraine an die EU habe man schon lange vor dem Krieg Getreide und Raps aus der Ukraine mit europäischer Ware gleichgestellt. Er findet die aktuellen Diskussionen deshalb übertrieben. Für ihn seien Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt entscheidend. Wenn die Ukraine Weizen nach Nordafrika liefert und Frankreich dort weniger absetzt, beeinflusst das auch die Preise bei uns in Westeuropa. „Gehen die Franzosen deswegen gegen die Ukraine-Lieferungen protestieren? Wohl kaum!“ sagt er.

Ukrainische Lieferungen nach Nordafrika belasten auch unsere Preise. Dagegen protestiert auch niemand.
Patric Strauss, Agrarmarktanalyst

„Der eigentliche Preisfindungsprozess findet an den Rohstoffbörsen statt und genau hier sorgen die überzogenen Debatten um den angeblichen ukrainischen Warentsunami für die gewünschte Psychologie eines Überangebots,“ gibt er zu bedenken.

Qualität wird nach QS/GMP-Standards überprüft

Deshalb stellt sich für die meisten Marktteilnehmer auch gar keine Qualitätsfrage. „Die Qualität der Ware wird intensiv überwacht und kontrolliert“, sagt Homann von Agravis. Die vertraglichen Dritthandanalysen der Ware werden demnach von unabhängigen Kontrollunternehmen gezogen und offiziell untersucht. „Zusätzlich verfügen wir über unser eigenes, engmaschiges Monitoring, um die Qualität der Ware sicherzustellen“, erklärt er.

Das bestätigt der Mischfuttervertreter: „Die Qualität wird über QS und GMP-Standard garantiert.“ Man kaufe ja nicht selbst Vorort, sondern über seine langjährigen internationalen Handelspartner, die für die Qualität der Ware bürgen. „Mir ist auch keine große Diskrepanz bei den Pflanzenschutzmaßnahmen zwischen der EU und der Ukraine bekannt“, erklärt er.

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