Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

News

Bauern in Rheinland-Pfalz mit dem Rücken an der Wand

Scharfe Kritik am Lebensmittelhandel hat BWV-Präsident Michael Horper geübt: „Es gibt Teile unserer Wirtschaft, die nicht in der Lage sind, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Dazu zählen vor allem die bedeutendsten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels!

Lesezeit: 5 Minuten

Scharfe Kritik am Lebensmittelhandel hat der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper, geübt: „Es gibt Teile unserer Wirtschaft, die nicht in der Lage sind, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Dazu zählen vor allem die bedeutendsten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels! Diese benehmen sich wie „Raubtierkapitalisten“ und vernichten die Erzeuger sowie Verarbeiter landwirtschaftlicher Produkte. Die soziale Marktwirtschaft wird mit Füßen getreten.“

 

Horper verdeutlichte, dass es den Landwirten wirtschaftlich durchaus besser gehen könnte, wenn der Lebensmitteleinzelhandel die weltwirtschaftlich angespannte Situation auf den Agrarmärkten nicht noch zusätzlich durch eigenes Tun verschärfen würde. Die Verbraucher würden nur noch ca. zehn Prozent ihrer Einkommen für Lebensmittel ausgeben. Es werde endlich Zeit, diesen Anteil zu erhöhen. Dies würde nicht nur den Bauern sondern dem ganzen Land helfen. Schließlich seien enorm viele Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Bereichen von den landwirtschaftlichen Investitionen abhängig.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Investitionen in Tierwohl werden nicht honoriert


Landwirt Michael Steils aus Sellerich, bei dem Horper zu Gast war, erläuterte die aktuelle Situation anhand seines Betriebes. Er habe in den letzten Jahren u.a. in das Wohl seiner Tiere investiert. Gerade diese Investitionen würden nicht honoriert. Es sei ein Armutszeugnis, dass er zur Zeit nur mit Hilfe der Banken überleben könne. Er rief die Verbraucher dazu auf, billige Produkte zu meiden und endlich verstärkt heimische Markenware nachzufragen.

 

Schweinehalter Gerhard Thiel aus Ingendorf ging ebenfalls mit dem Kaufverhalten der deutschen Verbraucher ins Gericht. Jede Sonderausstattung an einem Auto werde klaglos bezahlt, die Investitionen in das Tierwohl und in die Qualitätsproduktion hingegen nicht. Wenn ein 25 Kilogramm schweres Ferkel nur 30 Euro koste, seien gerade einmal die Hälfte der Produktionskosten abgedeckt. Kein Betrieb könne dies auf Dauer überstehen. Die Politik müsse auf die unterschiedlichen Strukturen in der Schweinehaltung reagieren. Während beispielsweise im Kreis Vechta ein Selbstversorgungsgrad von 2.000 Prozent vorliege, könnten die Schweinehalter in Rheinland-Pfalz gerade einmal 15 Prozent der Bevölkerung versorgen. Trotzdem unterlägen im Rahmen der Globalisierung alle Betriebe dem gleichen Preisdruck. Eine solche regionale und marktwirtschaftliche Schieflage könnten die einzelnen Betriebe nicht kompensieren.



Obwohl die Lebensmittelausgaben zum Sparstrumpf der Gesellschaft geworden seien, schimpften viele Menschen über die Bauern. Das sei unerträglich, so Horper. Nicht den Einsatz von Pflanzenschutz-, Düngemitteln und Antibiotika müsse man verändern, sondern das Verständnis der Gesellschaft hierzu: „Wir wollen gesunde Nahrungsmittel, gesunde Tiere und fruchtbare Böden!“ Das funktioniere ohne die genannten Produktionsmittel nicht.


Schweinepreise auf 12-Jahrestief


Die Mitglieder des BWV nahmen daher am Montag auch an der Demo in Brüssel teil. „Die Bauern weisen zu Recht darauf hin, dass sie über das normale Maß hinaus tagtäglich arbeiten, mit den Wetterkapriolen zurechtkommen müssen und dann auch noch für gute Qualität schlecht bezahlt werden“, so Horper dazu. Das erste Halbjahr dieses Jahres habe sich für die Schweinemäster und Sauenhalter enttäuschend entwickelt. Gegenüber dem Vorjahr hätten die Erzeuger deutlich weniger erlöst. In Anbetracht der bisherigen geringen Gewinnspanne sei diese Entwicklung eine Katastrophe.


Seit Sommer letzten Jahres habe das russische Embargo für tierische Produkte aus Europa zu weiteren Einbußen in den Veredlungsbetrieben geführt. Im Juli habe sich die Situation noch einmal deutlich verschärft. Die Preise für Schweinefleisch befänden sich mittlerweile auf einem 12-Jahrestief. Da helfe es auch gar nichts, wenn die Preise im Futtermittelbereich weitgehend konstant blieben.



Die deutsche Milch gehe fast zur Hälfte in den Export. Der hohe Exportanteil zeige, dass die deutschen Molkereien bereits heute einen intensiven Handel mit Milchprodukten betreiben würden: „Die Landwirtschaft erlöst jeden vierten Euro über den Export. Bei den nachgelagerten Bereichen, wie der Ernährungsindustrie und der Landtechnikindustrie sind die Erlösanteile sogar noch höher“, so Horper. Wirtschaftliche Entwicklungen in Exportmärkten wirkten sich demzufolge selbstverständlich auf den heimischen Markt aus.


Hohe finanzielle Belastungen


In dieser schwierigen Situation würden nun die zusätzlich höheren steuerlichen Belastungen, aufgrund der Gewinne von 2013/14, die deutschen Bauernfamilien zusätzlich hart treffen. Horper: „Diese fiskalischen Forderungen kommen nun zu einem absolut ungünstigen Zeitpunkt. Darüber hinaus müssen einzelne Betriebe hohe Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung der einzelbetrieblichen Milchquote hinnehmen.“ Präsident Horper forderte daher die Bundesregierung auf, die Normalisierung der Handelsbeziehung mit Russland zu forcieren. Außerdem seien Anstrengungen zu unternehmen, um alternative Märkte außerhalb der EU zu erschließen.



Um Liquiditätsengpässen begegnen zu können, müsse sichergestellt werden, dass die diesjährigen Betriebsprämien schon zum 1. November ausgezahlt würden. Auch ein zusätzliches Liquiditätsprogramm von Bund und Ländern müsse aufgelegt werden. Dies müsse für alle Betriebe mit günstigsten Zinsen zugänglich sein. Viele Unternehmer müssten schließlich noch weitere Kapitaldienste leisten.



Der Interventionspreis und die Interventionsmengen für Milch müssten zeitlich befristet deutlich angehoben werden. Dies würde zu einer Entspannung auf dem Milchmarkt führen.



Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen und die Einführung eines steuerlichen Risikoausgleichs seien weitere wichtige Maßnahmen, um die Liquidität der landwirtschaftlichen Betriebe zu verbessern. Bei Steuermehreinnahmen von 21 Milliarden Euro müssten Finanzmittel für die stark angeschlagene Branche der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden! Auch eine Stärkung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) sei enorm wichtig.

Die Redaktion empfiehlt

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.