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Kalt-Abrechnung beim Rind erhitzt Gemüter

Schlachthöfe ziehen bei Rindern 2 % vom Warmgewicht ab und zahlen den Bauern das Kaltgewicht. Das sorgt für Kritik.

Lesezeit: 5 Minuten

Im Jahr 2022 wurden in Österreich 638.990 Rinder geschlachtet. Die Klassifizierung zieht das Warmgewicht für die Abrechnung heran, sprich etwa 30 Minuten nach dem Ausweiden des Rindes wird am Haken gewogen. Doch auf der Abrechnung für die Bauern finden sich 2 % Abzug, weil das Kaltgewicht für die Verrechnung herangezogen wird.

Nimmt man diese 2 %, haben Bauern im Vorjahr 12.779 Rinder nicht ausbezahlt bekommen. „Hier geht es um eine Menge GeId und jeder nimmt es stillschweigend hin“, erklärt Stiermäster Heinz U. (Anm.: Name von der Redaktion geändert). Er will anonym bleiben, da er Repressalien von den Schlachthöfen befürchtet, wenn er öffentlich Kritik übt. Denn das Thema werde nur ungern besprochen, meint er.

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UBV-Antrag abgelehnt

Zumindest ist die Thematik nicht neu. 2010 hat der Unabhängige Bauernverband (UBV) in Oberösterreich bereits einen Antrag auf Änderung in der Landwirtschaftskammer gestellt und ist abgeblitzt. Große Verhandlungen habe es mit der Branche bisher nicht darüber gegeben.

Landwirt Christoph Haller, der in Markt Allhau im Südburgenland einen Stiermastbetrieb betreibt, ist mit der Abrechnungsmethode ebenfalls unzufrieden. „Wir kritisieren diese Vorgabe schon lange, hier geht den Bauern viel Geld verloren und der Handel profitiert, weil das gesamte Preisniveau beim Rindfleisch um diese 2 % gesenkt wird“, erklärt Haller gegenüber top agrar Österreich.

Er verkauft jedes Jahr rund 1.200 Stiere an diverse Schlachthöfe in Österreich, bis zu 20 % des Fleischs vermarktet er direkt. „Bei meiner Menge kann man beim Preis schon gut verhandeln, aber die 2 % muss ich auf jeden Fall abziehen, das sind umgerechnet 24 Stiere im Jahr“, sagt der Landwirt. Vielen Bauern sei dies gar nicht bewusst.

Historisch gewachsen

Historisch kommen die besagten 2 % Abzug von der Lebend- auf die Tot-Umstellung bei der Abrechnung. „Es war eine Kompromisslösung“, sagt Werner Habermann, Geschäftsführer der ARGE Rind. Als die Klassifizierung installiert wurde, sei die Abrechnungsart auf Kaltgewicht geändert worden. Das Kaltgewicht errechnet sich aus einem entbluteten, enthäuteten und ausgeweideten Tier ohne Geschlechtsorgane, Füße, Kopf, Schwanz, Nieren und Nierenfett sowie ohne Euter.

Das Warmgewicht ist jenes am Ende des Schlachtbandes, nach dem Ausweiden und Zurichten der Tiere. Um die Rechnung zu vereinfachen, arrangierten sich Landwirte und Schlachthöfe auf eine Pauschale von 2 %, die abgezogen wird. Für Josef Mair, Obmann des Landesverbands für Leistungsprüfung und Qualitätssicherung in Oberösterreich (LFL), der die Klassifizierung bei Rindern vornimmt, kann über die Abrechnungsart diskutiert werden. „In unserer nächsten Sitzung werde ich das sicher ansprechen. Aber wenn wir die Branchenvereinbarung öffnen, können auch von den Schlachthöfen Dinge hinterfragt werden.“

In einigen EU-Ländern wird das Schlachtgewicht warm abgerechnet, wie in Deutschland oder Polen. „In Bayern müssen die Landwirte aber den Transport übernehmen“, weiß Habermann. In Österreich zahle dafür in der Regel der Schlachthof. „Man kann es diskutieren. Aber wenn wir das ändern, sollen wir nicht schlechter dastehen als vorher“, sagt Habermann. Er meint, das österreichische Modell sei „bauernfreundlicher“.

Stiermäster Heinz U. sieht es anders: „Wenn der Lkw kommt, holt er ja nicht nur einen Stier, sondern 12. Das sind bei 440 kg Gewicht mit Steuer fast 50 € pro Stier und 600 € für die Fuhr.“ Hinzu komme, dass die Innereien, der Kopf, die Geschlechtsorgane und die Haut sowieso nicht gewogen werden und der Schlachthof trotzdem vom Verkauf profitiert. „Allein die Zunge, die verwurstet wird, kostet fast 10 € pro kg“, meint der Landwirt. Mit diesem 5. Viertel, das ursprünglich als Schlachterlohn eingeführt wurde, wäre der Transport bezahlt.

Branche sieht faires System

Der Vorsitzende des Ausschusses Vieh- und Fleischgroßhandel in der Wirtschaftskammer Roland Ackermann erklärt, dass das österreichische System mit Deutschland nicht vergleichbar ist. „In Österreich gibt es eine im Vorhinein ausverhandelte Preisfestlegung. Diese beinhaltet auch die Warm-/Kaltabrechnung. In Deutschland gibt es eine Preisnotierung, die im Nachhinein festgestellt wird“, sagt der Geschäftsführer von Alpenrind.

Vor allem die Regelung von nur notwendigen Abschnitten vor der Waage und einer sehr kurzen Bearbeitungszeit zwischen Schlachtung und Waage, sei eine der besten Formen der Abrechnung für den Einsender, meint Ackermann. Die Kontrollfrequenz der AMA ist – in Vergleich zu anderen EU-Staaten – gerade im Bereich Verwiegung und Zuputz sehr hoch. Zusätzlich sei bedingt durch die angespannte österreichische Wettbewerbssituation der Schlachthöfe und der Fleischerzeuger untereinander hier ein Vorteil für alle Einsender zu sehen.

Im Schweinebereich hat die Branche rund um den EU-Beitritt 1995 auf die Warm-Abrechnung umgestellt. „Es war im Zuge der EUROP-Klassifizierung, damals wurde die Schlachtkörperzurichtung neu geregelt. Weil Rückenmark, Gehirn, Filz und Zwerchfell in etwa 2 % Gewichtsverlust am Schlachthaken ausmachten, einigte sich die Branche als gleichwertige Kompensation, das Warmgewicht zu akzeptieren“, erklärt Johann Schlederer, Geschäftsführer der Österreichischen Schweinebörse.

Für die Aufbringung wird bei den Schweinen 10 Ct/kg zum Basispreis aufgeschlagen und als Notierungspreis veröffentlicht. „Das soll die Vorkosten für den Schlachthof von der Stalltür bis zur Schlachthoframpe decken“, sagt Schlederer. Er rät von einem Verhandlungsstart ohne Konzept ab. „Es geht um 2 % vom Warenwert, das ist eine ganze Stange Geld“, sagt Schlederer.

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