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topplus Serie: Vollgas im Nebenerwerb

Landwirtschaft: Vom Haupt- in den Nebenerwerb

Wer über einen Wechsel in den Nebenerwerb nachdenkt, sollte wissen, was sich dadurch bei Alterskasse, Steuern oder Baurecht ändert. Dann kann man strategisch vorgehen.

Lesezeit: 6 Minuten

Die wenigsten Landwirte starten mit einem Nebenerwerbsbetrieb, meist steht am Anfang eine Haupterwerbslandwirtschaft. Die Wege in den Nebenerwerb verlaufen dann ganz unterschiedlich: Nimmt der Landwirt einen Job außerhalb der Landwirtschaft an, beginnt der Nebenerwerb zu einem konkreten Stichtag. Bei Betrieben, die nach und nach ein neues gewerbliches Standbein aus der Landwirtschaft heraus aufbauen, gibt es fließende Übergänge.Je nachdem, wie sich der eigene Betrieb in den Nebenerwerb entwickelt, gibt es unterschiedliches zu bedenken.

Baurecht

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Ställe, Hallen, Altenteilerhäuser – beim Bauen im Außenbereich haben Landwirte Sonderrechte, sie sind nach § 35 BauGB privilegiert. Das gilt im Prinzip auch für Nebenerwerbsbetriebe, allerdings muss der Betrieb für die Privilegierung eine ernsthafte und nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht nachweisen. „Erzielt der Betrieb laut Steuerbescheid letztendlich nur noch wenige 1.000 € Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, wird das schwierig,“ berichtet Rechtsanwältin Sonja Friedemann aus ihrer Beratungspraxis beim West­fälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband. Insbesondere Altenteilerhäuser bekommen Nebenerwerbler meist nicht genehmigt. Deshalb rät Rechtsanwältin Friedemann: „Ist abzusehen, dass sich Ihr Betrieb dauerhaft vom Vollerwerb zum Nebenerwerbsbetrieb entwickelt, sollten Sie die Baugenehmigung, besser noch den eigentlichen Bau und die Bauabnahme zu einem Zeitpunkt erhalten, in dem der Betrieb klassisch im Vollerwerb geführt wird.“

Krankenkasse

Nebenerwerbler sind selten in der landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) versichert. Sie ist nicht mehr zuständig, wenn der Betriebsleiter hauptberuflich sozialversicherungspflichtig als Arbeitnehmer beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Ob die LKK noch zuständig ist, hängt bei Selbstständigen vom zeitlichen Umfang und der wirtschaftlichen Bedeutung ab. Überwiegt der zeitliche Umfang in der Landwirtschaft, bleibt der Landwirt weiterhin in der LKK pflichtversichert. Überwiegt die Höhe der Arbeitsstunden in der selbstständigen Tätigkeit und ist das Einkommen daraus deutlich höher, muss er sich selbst als freiwillig Versicherter versichern. Sich freiwillig zu versichern, ist auch in der LKK möglich, wenn die Versicherung direkt im Anschluss an die vorher bestehende Mitgliedschaft erfolgt.

Alterskasse

Von der Pflichtversicherung in der Alterskasse kann man sich im Nebenerwerb befreien lassen aufgrund von außerlandwirtschaftlichen Einkünften. Die Einkommensgrenze liegt hier bei einem außerlandwirtschaftlichen Einkommen von regelmäßig mehr als 400 € monatlich, bei Selbstständigen bei einem zu versteuernden jährlichen Einkommen von mehr als 4.800 €. Für eine Befreiung von der Alterskasse können Sie aber z. B. keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen ansetzen. Bei Ehepartnern muss sich jeder Ehepartner einzeln befreien lassen. Das heißt: Steigt z. B. der Landwirt aus der Alterskasse aus, bleibt seine Ehefrau dort weiterhin pflicht­versichert, wenn kein Befreiungsgrund vorliegt.Kein Nebenerwerbslandwirt sollte aber überstürzt aus der Alterskasse austreten, so Ursula Quatmann vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband. Bedenken Sie:

  • Die Alterskasse kann ein wichtiger Baustein bei der Absicherung der Erwerbsminderungs- und Alterssicherung sein, insbesondere bei der Betriebs- und Haushaltshilfe. Sie springt ein, wenn der Betriebsleiter krankheitsbedingt ausfällt. Die Berufsgenossenschaft bezahlt hier, wenn die Betriebshilfe infolge eines Arbeitsunfalls nötig wird. Die Alterskasse übernimmt die Betriebshilfe, wenn der Betriebsleiter aus anderen Gründen ausfällt und die Weiterführung des Betriebes sonst nicht gewährleistet werden kann.
  • Die Alterskassenbeiträge rechnen sich zur Zeit geringfügig besser als die der Rentenversicherung (DRV): Ein Beitrag von 270 €/Monat bringt einen Rentenzuwachs bei einem Jahr Einzahlung von ca. 16,60 €/Monat. Zahlt man als freiwillig Versicherter in der DRV ein Jahr lang monatlich 270 € in die Rentenversicherung ein, entsteht ein Rentenzuwachs von ca. 15,50 €.
  • In wirtschaftlich schlechten Zeiten kann man einen Beitragszuschuss erhalten. Dieses Geld fließt bei einem jährlichen Gesamteinkommen unter 47.376 € (West) bzw. 45.360 € (Ost) pro Ehepaar. Das verbessert noch den Vorteil.
  • Alterskassenbeiträge sind steuerlich absetzbar.
  • Entscheiden sich jüngere Landwirte für den Nebenerwerb, macht es Sinn, zumindest noch so lange in der Alterskasse zu bleiben, bis die Wartezeit für das Altersgeld von 15 Jahren erreicht ist. Wird diese Wartezeit nicht erfüllt, verfallen die Beiträge. Achtung: Wartezeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung rechnet die Alterskasse nur an, wenn diese DRV Pflichtbeiträge nicht aus „befreiten“ AK Zeiten stammen. Das können z. B. Rentenversicherungszeiten (Pflichtbeiträge zur DRV) aus der Ausbildung sein.

Berufsgenossenschaft

In der Berufsgenossenschaft (BG) bleiben Nebenerwerbsbetriebe pflichtver­sichert. Denn grundsätzlich ist jede Art von Flächennutzung versicherungspflichtig, eine Befreiung ist ggf. für Betriebe mit weniger als 0,25 ha möglich. Informieren müssen sich Landwirte, die ein neues selbstständiges Gewerbe, wie etwa ein Lohn- oder Bauunternehmen auf ihrem Hof entwickeln. Dieses Gewerbe müssen sie extra versichern.

Steuern: Ab jetzt gewerblich?

Das Steuerrecht differenziert nicht nach Neben- und Haupterwerb. Hier kommt es darauf an, aus welcher Quelle die Einkünfte stammen. Landwirtschaftliche Betriebe haben dabei immer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Wer parallel als Lohnunternehmer mit extra erworbenen Maschinen unterwegs ist, die er nicht im Betrieb benutzt, eine Photovoltaikanlage betreibt oder ausschließlich zugekaufte Produkte weiterverkauft, erzielt von Anfang an daraus gewerbliche Einkünfte. Die betreffenden Betriebszweige gelten sofort als selbstständiges Gewerbe, das ab dem Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 € Gewerbesteuer entrichten muss. Die Gewerbesteuer wird allerdings direkt von der Einkommensteuerschuld abgezogen, so dass sie in der Regel (bei Hebesätzen bis 380 %) keine tatsächliche Belastung darstellt.

Bei landwirtschaftsnahen gewerblichen Einkünften gilt eine Sonderregel: Bis zu einer Umsatzgrenze von 51.500 € im Jahr sind sie noch land- und forstwirtschaftliche Einkünfte. Dafür dürfen sie insgesamt nicht mehr als 50 % der Gesamteinnahmen des Betriebes ausmachen. Typische Beispiele sind Einnahmen aus Winterdiensten, Lohnunternehmertätigkeiten, Urlaub auf dem Bauernhof, Transportfahrten für gewerbliche Biogasanlagen, Naturschutzdienstleistungen oder Zukauf von Produkten für den Hofladen.

Aus rein steuerlicher Sicht ist die Entwicklung eines gewerblichen Einkommens unproblematisch: „Durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer verbleibt häufig keine reale Belastung beim Unternehmer“, erklärt Steuerberater Ralf Stephany von der Parta-Buchstelle für Landwirtschaft und Gartenbau in Bonn. Genau auf­passen müssen allerdings alle GbRs, die mit landwirtschaftsnahen neuen Geschäftsfeldern durchstarten wollen: Überschreiten Sie die Umsatzgrenze von 51 500 €, wird nicht nur dieser Umsatz gewerblich, sondern auch der komplette Umsatz, der aus der originären Landwirtschaft stammt („gewerb­liche Abfärbung“).

Hinsichtlich der Erbschaftsteuer werden Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe rechtlich gleich behandelt. Unproblematisch ist auch, wenn der übernehmende Nebenerwerbslandwirt z. B. fünf Jahre nach der Hofübertragung sämtliche Flächen verpachtet. Verkauft er die Fläche in weniger als fünf bis zehn Jahren nach der Hofübertragung, kommt es erbschaftsteuerlich zu einer Nachbesteuerung des Vermögens und evtl. Steuernachzahlungen.

Kräfte Richtig einschätzen!

Neben den betrieblichen Überlegungen sollten angehende Nebenerwerbsbetriebe vor allem die Arbeitszeit richtig einschätzen. Machen Sie sich also früh genug Gedanken, wer bei Krankheit auf dem Hof einspringt oder wie Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft zeitlich mit dem neuen Erwerb zusammenpassen. Dabei kann weniger oft mehr sein: Vor allem bei Betriebszweigen mit wirtschaftlich mittlerem Erfolg sollten Sie genau nachdenken, ob Sie diese im Nebenerwerb weiter führen wollen. Wie Praxisbetriebe ihren Übergang vom Neben- zum Haupterwerb gemeistert haben, lesen Sie in unseren Reportagen.

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