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Berglandmilch greift gegen Überlieferer durch

Lesezeit: 5 Minuten

Die österreichische Berglandmilch will die Überlieferungen mit einem saisonalen Zu- und Abschlagssystem in den Griff bekommen.


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Quasi als Notbremse hat die Berglandmilch kurzfristig zum 1. Juni ein Modell eingeführt, um der anhaltenden Überlieferung Herr zu werden. Österreichs größter Milchverarbeiter aus Pasching, der mit der kürzlich beschlossenen Fusion mit der Landfrisch Wels auf eine Verarbeitungsmenge von knapp 950 Mio. kg kommt, will seine über 12 000 Lieferanten durch ein System mit saisonalen Preiszu- bzw. abschlägen zur Einhaltung der zugeteilten Referenzmengen bringen. Gleichzeitig will man damit die saisonalen Anlieferungsschwankungen glätten.


„Rund 100 unserer Lieferanten hatten schon im November 2008 ihre gesamte Quote geliefert“, so Georg Lehner aus der Geschäftsführung der Berglandmilch. „Viele Mitglieder haben deshalb gefordert: Macht etwas dagegen!“ Deshalb hat man sich im Vorstand für ein saisonales Preis-Modell entschieden. „Dabei haben wir geschaut, was rechtlich möglich ist, ohne dass Lieferanten schlechter gestellt werden“, so Lehner. Denn zuvor war bereits die Alpenmilch Salzburg aus rechtlichen Gründen mit ihrem Modell gegen die Überlieferer gescheitert. Derzeit arbeiten die Salzburger an einem neuen Modell.


Im Sommer 9 Ct Abschlag


Als Basis für das Berglandmilch-Modell wird die Stichtagsquote zum 1. April 2009 herangezogen. Dieses Kontingent wird durch 12 (Monate) geteilt und so eine Monatsquote (Jahresquoten-Zwölftel) gebildet. Betriebe, die in den anlieferungsstarken Monaten Juni und Juli mehr als ihre Monatsquote liefern, bekommen 9 Cent pro kg netto Abzug für die überlieferte Milch.


In den anlieferungsschwachen Monaten November und Dezember erhalten die Erzeuger für die Milchmenge, die über der Monatsquote liegt, 9 Cent/kg netto Zuschlag. Voraussetzung ist, dass man für die überlieferte Milch noch ein freies Kontingent hat.


Änderungen der aktuellen Quote während des laufenden Milchwirtschaftsjahres durch Kauf oder Verkauf bleiben unberücksichtigt. Diese werden erst mit Beginn des neuen Milchwirtschaftsjahres am 1.4.2010 wirksam.


Wie das System genau funktioniert, sollen zwei Beispiele zeigen:


Betrieb Huber hat am 1. April 2009 eine Milchquote von 100 000 kg. Dem Modell entsprechend liegt die monatliche Liefermenge bei rund 8 300 kg. Er überliefert diese Menge im Juni und Juli jeweils um 1 500 kg. Das bedeutet für ihn einen Abzug von je 135 € (1 500 kg x 9 Ct) für diese Monate. Im November und Dezember liefert er jeweils 10 000 kg. Da er zu dieser Zeit seine Jahresquote von 100 000 kg noch nicht ausgeschöpft hat, bekommt er einen Zuschlag von je 153 € (1 700 kg x 9 Ct).


Betrieb Mayr verfügt zum 1. April 2009 über eine Quote von 60 000 kg. Er überliefert im Juni und Juli seine Monatsquote von 5 000 kg um je 10 000 kg. Entsprechend werden ihm pro Monat 900 € abgezogen. Im November und Dezember überliefert er ebenfalls um je 10 000 kg. Da er sein Kontingent aber bereits ausgeschöpft hat, erhält er keinen Zuschlag. Hinzu kommen könnte noch eine Superabgabe, sollte die Saldierung nicht greifen.


Betriebe mit Weidehaltung benachteiligt


Wie sind die Reaktionen bei den Bauern? Wie top agrar ermittelte, reichen diese von totaler Ablehnung bis zu voller Zustimmung. So kann ein Landwirt aus Niederösterreich dem Modell gar nichts abgewinnen: „Ich habe in den letzten Jahren nie überliefert. Zurzeit sind alle meine Kühe voll in der Laktation. Dafür geben sie im Winter wenig Milch. Das ist der Dank für jahrelange Disziplin.“ Er fordert deshalb, dass man am Quotenjahresende den tatsächlichen Unterlieferern das vorher „abgenommene“ Geld zurücküberweisen sollte.


Andere Bauern sehen das Modell positiv. „Ich finde das System grundsätzlich gut“, so ein Milchbauer aus dem Bezirk Hartberg in der Steiermark. „Damit werden endlich die Milchviehhalter in die Verantwortung genommen, welche das Quotensystem nur zu ihren Gunsten nutzen, indem sie einen Großteil der Milchquote verkauft haben und trotzdem auf Teufel komm heraus liefern.“


Reaktionen auf das Modell der Berglandmilch sind bereits feststellbar: So ist der Quotenpreis zuletzt im Einzugsgebiet der Berglandmilch auf bis zu 55 Cent/kg hochgeschnellt, während im Rest des Landes nur 30 Cent gezahlt werden. Zudem berichtet ein Landwirt, dass beim letzten Kälbermarkt in Hartberg deutlich weniger Tiere aufgetrieben wurden. „Die Kälber werden offensichtlich jetzt mit Milch zugeschüttet. Und der nächste Markt in zwei Monaten dürfte dann wieder überlastet sein mit entsprechend niedrigeren Kälberpreisen.“ Um Quotendisziplin zu wahren, will der Landwirt einige Kühe früher trockenstellen, einige zum Schlachter bringen und im Herbst einige Färsen zukaufen.


Und ein Bergbauer berichtet: „Ich finde das System mit 9 Cent Zu-/Abschlag sehr mutig und gut.“ Zwar passe das System für ihn als Bergbauer mit Weidehaltung nicht so gut zu seinem Betrieb. Dennoch sei dieser Schritt genau richtig.


Härtefallregel geplant


Bergland-Sprecher Lehner ist sich da-rüber im Klaren, dass das Modell einen Kompromiss darstellt. „Natürlich kann man es damit nicht jedem Recht machen. Aber bei sehr vielen stößt es auf Akzeptanz“, stellt er fest. Im Dezember, spätestens am Ende des Milchwirtschaftsjah-res 2009/10 werde man sehen, was das Modell bringt, so Lehner. „Danach wird entschieden, ob und in welcher Form es fortgeführt wird.


Auf jeden Fall soll es eine Härtefallregelung geben, um Betrieben mit saisonaler Abkalbung und Quotenzukauf entgegen zu kommen, so Lehner. „Wir hoffen, mit diesem Modell dem Quotenverkauf und der anschließend praktizierten sehr starken Überlieferung einen Riegel vorschieben zu können.“ Torsten Altmann

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