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Besamung: Mit Service die Kunden binden

Lesezeit: 7 Minuten

Die deutschen Zucht- und Besamungsorganisationen geraten immer mehr unter Druck. Aus mehreren Gründen: Die Zahl der Erstbesamungen geht jährlich um 3 bis 4% zurück. Dafür ist der Rückgang der Kuhzahlen und der verstärkte Einsatz des Deckbullen verantwortlich. Der Kostendruck zwingt viele Betriebe dazu, Sperma nur noch über den Preis zu kaufen. Und die Agrarreform wird diese Entwicklung noch verschärfen. Obendrein kommen die Spermaimporteure immer besser ins Geschäft. Wenn nach dem Willen von Brüssel auch noch das Handelsmonopol der deutschen Besamungsorganisationen fällt, wird der Wettbewerb zwischen den Organisationen und mit den ausländischen Anbietern deutlich zunehmen. Wie reagieren die Organisationen? Die Organisationen betrachten diese Entwicklungen zwar mit Sorge, sehen aber auch nicht tatenlos zu: Durch Fusionen oder Zusammenschlüsse haben sie versucht, ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Einige arbeiten sogar mit ausländischen Unternehmen zusammen, um Anschluss an die internationale Genetik zu haben, um Kosten zu sparen oder die Konkurrenz besser unter Kontrolle zu haben. Viele Organisationen haben erkannt, dass der langjährige Kontakt zu den Landwirten ihr entscheidender Wettbewerbsvorteil sein kann. Das wichtigste Bindeglied der Landwirte zu ihrer Besamungsstation stellt neben einem tüchtigen Techniker ein guter Service dar. Um die Landwirte an sich zu binden, bieten die Stationen inzwischen vielfältige, überwiegend kostenpflichtige Serviceleistungen an, die zum Teil nichts mehr mit der eigentlichen Besamung zu tun haben. Ohne Zusatznutzen wird in Zukunft keiner mehr Sperma verkaufen können, erklären übereinstimmend Dr. Roland Aumüller von der Niederbayerischen Besamungsgenossenschaft Landshut- Pocking und Ralf Strassemeyer von der Nordrind in Verden. Welcher Service wird angeboten? Die Serviceangebote der meisten Organisationen ähneln sich sehr: Anpaarungsberatung, Besamungslehrgänge und ein Klauenpflegedienst gehören vielfach zu den Standardleistungen. Das Angebot an Informationsveranstaltungen und der Vertrieb von Agrarprodukten ebenfalls. Die Nachfrage nach Anpaarungsberatung wächst kontinuierlich. Deshalb will z. B. die RBW in Baden-Württemberg dieses Angebot weiter ausbauen: Die kostenlose Anpaarungsberatung per Computer soll auf alle Rassen ausgedehnt werden, erklärt Dr. Alfred Weidele. Auch die Zuchtverbände in Schleswig- Holstein (RSH) und Sachsen-Anhalt (RSA) haben ihr kostenloses Angebot zur Anpaarungsberatung deutlich erweitert. Auch die direkte Belieferung der Eigenbestandsbesamer auf die Höfe wurde verbessert: Zum einen, weil ihre Zahl ständig zunimmt, zum andern, weil die Spermaimporteure vor allem diese Kundschaft im Auge haben, wo schnell viel Sperma abgesetzt werden kann. In Baden-Württemberg bekommen zum Beispiel alle Eigenbestandsbesamer das gewünschte Sperma ohne Aufpreis direkt auf den Hof geliefert. Besonders attraktiv ist der Scanner-service zur regelmäßigen Trächtigkeitskontrolle. OHG, Nordrind und die VFR GmbH bieten ihn seit Jahren an. In Osnabrück werden die Betriebe im vier- bis sechswöchigen Rhythmus besucht: So habe ich einen besseren Überblick über die Fruchtbarkeit in der Herde und die Tiere werden dadurch auch früher wieder besamt, erklärt Thomas Nölker, Züchter aus Wallenhorst-Lechtingen. Mehr Beratung in Sachen Fruchtbarkeit Viele Landwirte wünschen sich mehr Beratung und Unterstützung in Sachen Fruchtbarkeit, weil viele Hoftierärzte hier Defizite haben. Die Rinder-Union West (RUW) setzt deshalb drei Tierärzte ein, die u. a. Betriebe mit Furchtbarkeitsproblemen beraten. Die Tätigkeit dieser Spezialisten muss aus standesrechtlichen Gründen auf die Beratung beschränkt bleiben. Dennoch bemühen wir uns in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Tierärzten, einen flächendeckenden Service sicherzustellen, erklärt Dr. Jörg Potthast von der RUW. Nach dem Standesrecht dürfen nur niedergelassene Tierärzte Tiere behandeln, angestellte Tierärzte dürfen nur beraten. Um die Fruchtbarkeitsberatung dennoch voran zu bringen, schult die RUW seit 2003 gemeinsam mit den Tierärztekammern niedergelassene Tierärzte. Das Interesse daran ist groß, bei unseren Terminen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben sich über 150 Tierärzte angemeldet, berichtet Dr. Potthast, der das Konzept auch in diesem Jahr weiterführen möchte. Auch die Nordrind bietet mit einem Tierarzt und zwei Besamungstechnikern einen speziellen Betreuungsservice an, der die Fruchtbarkeit der Herde von der Kalbung bis zur Besamung überwacht. Dieser Service wird so gut angenommen, dass in Verden überlegt wird, das Angebot auszubauen. Auch bei der Nieder-bayerischen Besamungsstation in Landshut beraten drei Tierärzte Betriebe mit Fruchtbarkeitsproblemen. Systematische Beratung wird nachgefragt Einige Besamungsstationen bieten inzwischen komplette Herdenbetreuungsprogramme mit intensiver Beratung zur Fütterung und zum Management an. So setzt zum Beispiel die Rinder-Zucht-Service GmbH der Besamungsstation in Grub einen Berater und drei Klauenpfleger für eine solche Beratung ein. Die VFR GmbH in Neustadt/Aisch, die das Serviceangebot von acht bayerischen Besamungsorganisationen bündelt, hat ebenso eine Managementbetreuung im Angebot: Die Beratung reicht von der Fütterung über die Fruchtbarkeit bis hin zur Betriebswirtschaft und wird sehr gut nachgefragt, erklärt Dr. Claus Leiding vom Besamungsverein Neustadt/Aisch. Die Weser-Ems-Union in Bad Zwischenahn bietet vier Betriebsbesuche pro Jahr, Grundfutterproben und Rationsberechnungen sowie jederzeit telefonische Beratung. Die Rinderzucht Mecklenburg- Vorpommern betreut ihre Mitglieder durch einen engen Beratungsverbund von LKV, LMS, Tierarzt und Besamungstechniker. Bundesweit einmalig sind bisher die Gruber Kälberberatungs-Hotline und der Enthornungsdienst für erwachsene Rinder des Besamungsvereins Nordschwaben in Höchstädt: Damit haben wir eine richtige Marktlücke aufgetan, freut sich Geschäftsführer Dr. Reinhold Lömker. Auch über das Internet stehen immer mehr Serviceleistungen zur Verfügung Auf der Homepage der OHG kann man sich zum Beispiel zum Verkauf stehende Tiere mit ihren Pedigrees vorab anschauen. Die LTR Thüringen zeigt sogar Videos der Töchter von Spitzenvererbern im Internet. Und die RUW bietet seit kurzem ein komplettes Anpaarungsprogramm über das Internet an. Aber nicht alle Angebote kommen an. Einige Organisationen haben deshalb einen Teil ihres Angebotes wieder zurückgefahren, weil es sich nicht gerechnet hat. So hat beispielsweise die OHG die Untersuchung von Milchproben auf Progesteron deutlich zurückgefahren. Auch die Nordrind GmbH war mit ihrem Angebot zur Unterstützung für die Brunstsynchronisation der Jungrinder wenig erfolgreich. Das Programm wurde wieder eingestellt. Konkurrenz belebt das Geschäft Neben mehr Angebot an praxisrelevanten Serviceleistungen müssen die Organisationen in Zukunft aber auch an der Preisschraube für Sperma drehen. Viele Landwirte begrüßen den zunehmenden Wettbewerb im Spermageschäft, da sie sich dadurch niedrigere Preise versprechen: Gutes Sperma zu attraktiven Preisen ist den Kunden wichtig, so die Erfahrung von Peter Baumgärtel von der Besamungsstation in Grub. Seit zwei Jahren gibt es deshalb hier die Aktion Angebotsbulle, bei der ein Bulle mit durchschnittlichen Zuchtwerten für 2,50 E pro Portion zu haben ist. Auch andere Stationen arbeiten mit finanziellen Anreizen: Die Rinderzucht Schleswig-Holstein zahlt für jede Erstbe-die wachsende Konkurrenz ist damit zu rechnen, dass in Zukunft noch mehr Bewegung in die Spermapreise kommt. Was bleibt zu tun? Viele Landwirte wünschen sich von den Organisationen vor allem in folgenden Punkten mehr Unterstützung: Viele Milcherzeuger erwarten eine unabhängige Anpaarungsberatung, die besonders Wert legt auf die funktionellen Merkmale und die Nutzungsdauer der Kühe. Vor allem die größeren Betriebe erwarten mehr Unterstützung bei der Bestandsbetreuung rund um die Fruchtbarkeit. Bedarf ist vor allem auch an regelmäßiger Zykluskontrolle und Trächtigkeitsdiagnostik. In vielen Regionen würde sich hier der Schulterschluss mit den vorhandenen Beratern anbieten. Viele Organisationen beklagen zwar, dass das genetische Leistungspotenzial der Herden nicht ausgeschöpft wird, lassen die Landwirte aber mit ihren Problemen allein. Für Milchviehhalter und Tierärzte müssen in Zukunft mehr und bessere Fortbildungsveranstaltungen speziell zum Thema Fruchtbarkeit angeboten werden als bisher! Dass Tagungen und Seminare zum diesem Thema sehr gut besucht sind und dass immer mehr Milchviehhalter Eigenbestandsbesamerlehrgänge nur besuchen, um sich in Fragen der Fruchtbarkeit weiterzubilden, spricht für erheblichen Nachholbedarf in diesem Bereich. Viele Praktiker fordern mehr praxisnahe Forschung zur Verbesserung der Besamungsergebnisse, über das Brunstverhalten der Kühe oder über optimales Besamungsmanagement. Neue Erkenntnisse kommen mittlerweile überwiegend aus Übersee und sind oft nicht direkt auf unsere Verhältnisse anwendbar. Auch veraltete Gesetze und Verordnungen, die eine moderne Betriebsführung verhindern, z. B. das Tierärztliche Standesrecht, müssen auf den Prüfstand. Fazit: Von einem größeren Wettbewerb in Zucht und Besamung können Organisationen und die Bauern nur profitieren.

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