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DairyTex: Die perfekte Liegematte?

Lesezeit: 5 Minuten

Die Liegematte „DairyTex“ soll die Vorteile von Hoch- und ­Tiefboxen vereinen und sich zudem belüften lassen. Die Hochschule Dresden hat den Prototypen gegenüber herkömmlichen Gummimatten getestet. Es berichten Dr. Katrin Heidig und Prof. Dr. Steffi Geidel.


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Es ist ein bekanntes Dilemma: Tief-liegeboxen bieten eindeutig den höchsten Kuhkomfort, machen aber mehr Arbeit und sind durch den höheren Einstreubedarf in der Bewirtschaftung teurer.


Hochliegeboxen lassen sich dagegen deutlich günstiger und einfacher bewirtschaften, haben aber den Nachteil der Liegemattenoberfläche. Denn aufgrund der Haltbarkeit hat sich Gummi bewährt, das aber durch den sogenannten „Radiergummi-Effekt“ zu Schäden an den Gelenken der Tiere führt.


Deshalb suchen Milcherzeuger schon lange nach Alternativen für die Liegeflächen von Hochboxen.


Prototyp im Test:

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW) hat dazu in den letzten Jahren umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchgeführt. Aus den Ergebnissen hat sie die Liegematte „DairyTex“ für Kühe entwickelt. Sie vereint die Vorteile von Hoch- und Tiefboxen und lässt sich sogar von unten belüften.


Die Liegematte besteht aus Polyester. Es gibt mehrere Schichten. Jede Schicht ist als sogenanntes Abstandsgewirk aufgebaut: Kunststofffasern halten die zwei Textilflächen auf Distanz. Dadurch entsteht eine dreidimensionale Form. Sie ist etwa 0,7 cm dick.


Durch den mehrlagigen Aufbau sind verschiedene Mattenhärten und -dicken möglich. Die Mindestdicke sollte 2 cm betragen, das sind drei Lagen.


Das Material ist wasserabweisend und reagiert nicht auf stalltypische Schadstoffe. Bei sachgerechter Pflege ist es reib- und reißfest. Die Matte ist wasser- und luftdurchlässig, wirkt gegenüber Kot aber wie ein Sieb. Dadurch trocknen die Matte und der darauf liegende Schmutz schnell ab.


Als Unterbau eignet sich Beton. Doch es gibt noch eine besondere Möglichkeit: Im Versuchsbetrieb wurde unter den Liegeboxen ein Lüftungskanal in-stalliert. Dazu war der Sockel der Liegebox mit Spaltenbodenelementen abgedeckt. Mit einem Lüfter an der Stallgiebelwand ließen sich die Liegeboxen durch die Liegematte hindurch lüften.


Ob die Entwicklung für den Praxiseinsatz geeignet ist, hat die Hochschule Dresden acht Monate lang in der Agrargenossenschaft Werenzhain (Brandenburg) getestet. Der Versuch lief in einem Abteil mit 80 Hochliegeboxen. 15 davon waren mit der DairyTex-Matte mit Unterlüftung ausgestattet, 65 Hochboxen mit einer neuen Gummimatte und Strohmehleinstreu. Die DairyTex-Matte wurde dreimal pro Woche gesäubert, die Gummimatte dreimal täglich und dreimal pro Woche neu eingestreut. Mehrmals pro Tag reinigte ein Schieber alle Laufgänge.


Ergebnisse in Kürze:

Die wichtigsten Ergebnisse sind:


Annahme: Die Kühe haben die DairyTex-Matte hervorragend angenommen (Übersicht 1). Weil nur 15 der 80 Liegeboxen mit DairyTex ausgerüstet waren, warteten die Tiere an den DairyTex-­Plätzen und legten sich nur noch ungern auf die anderen Liegematten. Einen einmal erkämpften DairyTex-­Liegeplatz besetzten sie so lange wie möglich. Selbst bei voll auf den Liegeplatz stehender Sonne und 35°C Außentemperatur standen die Tiere nicht auf. Dabei scheinen weniger die Mattenhärte, sondern die angenehme Wahrnehmung der Mattenoberfläche für die Tiere den Ausschlag zu geben: Selbst bei der Verlegung nur einer Einzellage von DairyTex (0,7 cm dick) auf Beton, wurden die DairyTex-Liegeplätze den Gummimatten vorgezogen.


Hygiene: Auch hinsichtlich der hygienischen Anforderungen konnte DairyTex überzeugen. Die feuchtigkeitsdurchlässige Oberfläche verhindert Pfützenbildung und lässt aufliegenden Schmutz sehr schnell trocknen. So kommt es zu einer geringeren Verschmutzung der Tiere (Übers. 2) und einem geringeren Keimwachstum. So lag die Keimzahl auf der Matte vor der Reinigung bei der normalen Gummimatte bei knapp 100 000 Kolonie-bildenden Einheiten pro cm2, bei der DairyTex-Matte bei nur knapp über 20 000.


Stallklima: DairyTex eröffnet neue Möglichkeiten der Stallklimatisierung. Durch die Belüftung der Liegebox konnte an der Körperoberfläche der liegenden Kuh ein Kühleffekt von 11°C (11 Kelvin) erzielt werden (Übersicht 3), obwohl der Luftstrom nur mit einer sehr geringen Strömungsgeschwindigkeit von 5 bis 10 cm/s an der Matten-oberfläche austrat. Dieses Belüftungskonzept könnte das vermehrte Stehen der Tiere an heißen Tagen und das erhöhte Auftreten von Lungenentzündungen und Bindehautentzündungen im Sommer senken. Der bauliche Aufwand für eine Unterlüftung der Liegeplätze ist natürlich von den Gegebenheiten abhängig. Tiefliegeboxen lassen sich z. B. relativ einfach mit aufgesetzten Spaltenbodenelementen „unterkellern“.


In einem separaten Versuch hat die Hochschule Dresden die Auswirkungen der neuen Liegematte auf Schäden an den Tarsalgelenken untersucht. Zehn Wochen lang wurden wöchentlich die Gelenkschäden bei 24 Versuchstieren auf der DairyTex-Matte bonitiert, als Kontrolle wurde bei 20 Kühen auf Gummiliegematte mit Kalkeinstreu bonitiert. Ergebnis: Trotz der sehr kurzen Versuchsdauer heilten auf der DairyTex-Matte mehr Schäden aus und traten weniger neue Schäden auf (Übersicht 4).


Schwer zu reinigen:

Ein wichtiger und bisher technisch noch nicht gelöster Aspekt der Praxiseignung ist die Reinigung der Liegematte. DairyTex lässt sich, anders als herkömmliche Liegematten für Kühe, nicht mit Besen oder Schieber dauerhaft sauber halten. Es ist ein Sauger nötig.


Der Reinigungs-Prototyp hielt trotz großer Reinigungsintervalle (zwei- bis dreimal wöchentlich) die Matten dauerhaft sauber und durchlässig. Vor der Markteinführung von DairyTex muss es eine geeignete, selbstständig arbeitende Reinigungstechnik geben.


Trotz der damit höheren Investitionskosten ergeben erste Schätzungen der Verfahrenskosten, dass die DairyTex- Box für die Milchvieh­haltung auch aus ökonomischer Sicht eine interessante Alternative zu herkömmlichen Liege­boxen-Verfahren sein kann (Übersicht 5).


Insgesamt hat sich die neue Liegematte somit in der Praxis bewährt. Die Hochschule Dresden hat sie zum Patent angemeldet.

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