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Ersetzt der Roboter die Milchkontrolle?

Lesezeit: 7 Minuten

Melkroboter bieten tagesaktuelle Infos über Milchmenge und Milchqualität. Können diese Daten die Milchkontrolle ersetzen? Was spricht für und was gegen den Verbleib in der Milchleistungsprüfung?


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Seitdem ich mit dem Roboter melke, nutze ich die Ergebnisse der Milchkontrolle kaum noch. Alle Infos zur Milchqualität liefert das Melksystem“, sagte erst kürzlich ein Leser. Weil moderne Melkroboter auch die Milchinhaltsstoffe analysieren, überlegen einige Landwirte auf die Milchleistungsprüfung (MLP) zu verzichten. Das bestätigen auch Vertreter der Landeskontrollverbände (LKV) und der Melktechnikhersteller. Sie warnen aber vor einem unüberlegten MLP-Ausstieg.


Welche Knackpunkte gibt es bei der Milchkontrolle mit Melkroboter und wie lassen sich die lösen?


Gründe für den Ausstieg


Drei Punkte sind Grund dafür, dass Betriebe aus der MLP aussteigen.


  • Mehrwert: Einige Betrieben sehen kaum Zusatznutzen in der MLP. Die Roboter erfassen neben Milchmenge auch die Milchqualität und analysieren Leitfähigkeit, Temperatur, Zellzahl, Fett- und Eiweißgehalt sowie Laktose – zum Teil viertelindividuell. Die Managementprogramme verknüpfen die Daten mit Aktivität, Fressverhalten oder Körperkondition.


Thomas Bonsels, Fachreferent beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen meint: „Der größte Vorteil ist, dass alle Daten tagesaktuell vorliegen. Betriebsleiter können sofort auf Veränderungen reagieren.“ Ergänzt mit den Harnstoffwerten aus der Tankmilch, lasse sich eine Herde auch ohne MLP produktionstechnisch managen. Untersuchungen am LWZ Eichhof (Hessen) zeigen, dass die Inhaltsstoffe am Roboter gut mit denen der Tankmilch übereinstimmen. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Fettgehalt um ca. ein Zehntel überschätzt wird.


  • Technische Hürden: Auch die Technik für die Probenahme am Roboter kritisieren einige Betriebe.


GEA und DeLaval arbeiten mit eigenen Geräten, die Milch in die Probeflaschen pumpen. Roboter von Lely, Lemmer-Fullwood und Happel/SAC lassen sich mit dem „Shuttle“ von Lely bedienen. Hier fließt die Milch über Schwerkraft in die Probeflaschen. Dafür muss das Shuttle auf Höhe der Milchleitung bzw. darunter stehen. „Das Abfüllen dauert aber zu lange. Bei uns waren es über 30 Sekunden pro Probe. Das verschiebt die Tagesstruktur der Herde und erhöht den Nachtreibeaufwand“, so Bonsels.


Zudem bieten die Geräte nur begrenzt Platz für die Probeflaschen: Beim Lely-Shuttle sind es 60, bei GEA 80 und bei DeLaval 140 Plätze. Soll mehr als eine Milchprobe pro Kuh untersucht werden, müssen die Milcherzeuger die Flaschen wechseln.


Eine Alternative zu den Geräten der Hersteller ist der „ORI-Collector“ (Firma Sayca und Conseil Élevage). Das Gerät mit 60, 90 oder 132 Plätzen eignet sich für jeden Roboter, soll schneller arbeiten und so die Kontrolle erleichtern, bestätigt Bonsels.


  • Kosten: Für die Leistungsprüfung zahlt ein 120er Kuhbetrieb pro Jahr 1500 bis 2700 € – abhängig von Tierzahl, Prüfverfahren und Leistungsumfang. Für Roboterbetriebe kommen einmalig 2000 bis 4000 € für das Probenahmegerät dazu. „Vor allem in niedrigen Milchpreisphasen werden die Ausgaben für die MLP hinterfragt. Besonders, wenn der Roboter scheinbar ähnliche Infos liefert“, sagt Dr. Folkert Onken, Geschäftsführer Deutscher Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen (DLQ).


Während bei einigen Kontrollverbänden jeder Betrieb ein Probenahmegerät benötigt, verleiht z.B. der LKV Schleswig-Holstein diese kostenlos an seine Mitglieder: „Auch Betrieben mit Melkstand müssen keine eigene Messtechnik für die Kontrolle zur Verfügung stellen“, begründet Geschäftsführer Hergen Rowehl.


Einige Roboterbetriebe fordern günstigere Konditionen für die MLP. Schließlich würden sie die Kontrollen selbst durchführen und mehr Daten liefern. Das LKV Bayern hält dagegen: „Der Zeitaufwand ist derzeit für uns höher, weil wir jede Milchprobe manuell der Kuh zuordnen müssen“, so Josef Jungwirth, zuständig für die Milchleistungsprüfung. Deshalb will der bayerische Kontrollverband jetzt ORI-Geräte mit einer automatischen Probezuordnung aufrüsten.


Was bedeutet MLP-Ausstieg?


Berater, LKV-Vertreter und Melktechnikhersteller warnen vor einem unüberlegten Ausstieg aus der MLP. Denn dann müssen die Betriebe auf Zusatzleistungen verzichten.


Immerhin ersetzen die Melkroboter nur dann die MLP, wenn sie sowohl Milchmenge, als auch Zellzahl und Inhaltsstoffe analysieren. Doch längst nicht jeder Melkroboterbetrieb nutzt die neuesten Sensoren, bestätigen auch Hersteller gegenüber top agrar.


Außerdem speichern die Kontrollverbände Abstammung und Leistung der Tiere langfristig. „Die Melktechnikhersteller speichern die Daten in der Regel nur zeitlich begrenzt“, so Bonsels. Auch bedenken sollten Betriebe das Thema Datensicherheit, meint Jungwirth: „Unser Verband gehört den Landwirten und damit bleiben die Daten bei ihnen. Wir sind eine unabhängige und zentrale Datenplattform.“


Zudem liegen ohne MLP keine Daten für die Zuchtviehvermarktung, den Export und die Anpaarung vor, mahnt Rowehl: „Grundlage für die Zuchtwertschätzung sind Leistungsdaten aus der Praxis. Wer diese nicht liefert, kann auch keine sicheren Zuchtwerte erwarten. Bestes Beispiel dafür sind die neuen Gesundheitszuchtwerte.“


Seiner Meinung nach unterschätzen Betriebe auch den überbetrieblichen Vergleich. Gerade Melkroboterbetriebe kämpften häufiger mit hohen Zellzahlen. Detaillierte Infos zur Eutergesundheit seien für diese Betriebe wichtig.


Nicht zuletzt ist die Teilnahme an der MLP bei einigen Molkereien eine Voraussetzung, um Bonuspunkte in Nachhaltigkeitsprogrammen zu erhalten. Wie zum Beispiel beim Milkmaster vom Deutschen Milchkontor (DMK), das die Daten vom LKV bekommt.


Zusätzlicher Service


Einige Kontrollverbände bieten zusätzliche Untersuchungen mit der MLP an, wie z.B. automatisierte Trächtigkeitsuntersuchungen beim LKV Bayern.


Außerdem sollen genauere Analysen die Einschätzung der Eutergesundheit verbessern. Dr. Onken erklärt: „Mit der Zelldifferenzierung ist demnächst nicht nur eine Aussage zur Zellzahl, sondern auch zum Anteil der Makrophagen möglich. Das könnte einen Hinweis darauf geben, ob eine Kuh gesund bleibt oder eine Euterentzündung chronisch verläuft.“ Die Infos aus der Zellzahldifferenzierung wollen erste Kontrollverbände ab Ende 2019 anbieten.


Intensiv forschen die Verbände außerdem an der Analyse der Infrarot-Absorptionsspektren der Milch. Dabei wird Infrarotlicht durch eine dünne Milchschicht geleitet. Abhängig von den Inhaltsstoffen wird das Licht absorbiert. Die charakteristischen Spektraldaten werden in Studien zum Beispiel mit den Blutwerten der Tiere abgeglichen. So lassen sich aus der Milch unter anderem Rückschlüsse auf den Stoffwechselstatus ziehen.


Mit dem Milchprüfring Bayern und der Klinik für Wiederkäuer der Uni München hat der LKV Bayern die Spektraldaten mit freien Fettsäuren und Ketonkörpern (BHB) abgeglichen. „Ab Herbst weisen wir mit den MLP-Ergebnissen ein Frühwarnsystem für Frischmelker aus. Zwei Ampeln zeigen, welche Tiere ein erhöhtes Risiko für eine Ketose oder Fett-Mobilisation haben“, erklärt Jungwirth.


Darüber hinaus arbeiten Forscher an weiteren Methoden, um aus den Spektraldaten der Milch mehr Infos ableiten zu können, wie z.B. den Haptoglobin-Gehalt (Hinweis auf Entzündungsprozesse) oder die Futtereffizienz.


RoboterBetriebe locken


Die Landeskontrollverbände wollen ihren Service für Roboterbetriebe verbessern. „Uns ist bewusst, das die Hersteller ihr Angebot ausbauen werden. Deshalb müssen wir mehr für unsere Mitglieder tun“, erklärt Rohwehl. Insbesondere werde aktuell an einem besseren Datenaustausch gearbeitet, um manuelle Eingaben zu reduzieren.


Der LKV Bayern hat beispielsweise ein Analysetool entwickelt, um die Zwischenmelkzeiten und die Auslastung am Roboter zu optimieren. Theoretisch möglich wäre, dass der LKV die Melkroboter-Daten nutzt und die MLP seltener nötig wird. Projekte dazu laufen, sagt Jungwirth: „Allerdings reicht die Qualität und Sicherheit der Inhaltsstoffe noch nicht aus. Mehrere Hersteller übermitteln aber Daten zu Melkbarkeitsparametern. Wir testen derzeit, wie wir diese für Herdbuch und Zuchtwertschätzung nutzen können.“


Welche Analysen mit der Milchkontrolle möglich sind, wissen vielen Landwirte nicht, vermutet Dr. Onken: „Besonders bei Betrieben mit Melkroboter müssen wir unser Dienstleistungsangebot besser vermitteln und zeigen, welche Mehrwerte die MLP hat.“ Dann sei die Leistungsprüfung auch in der Breite in Zukunft realisierbar und die Grundlage für die Zuchtwertschätzung gesichert. anke.reimink@topagrar.com

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