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Milchviehhalter geben Färsengeld

Lesezeit: 6 Minuten

Wachsende Milchviehbetriebe können mit der Auslagerung der Färsen ihre Arbeits- und Flächenknappheit entschärfen. Was Sie dabei vertraglich regeln sollten, zeigt Josef Assheuer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.


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Färsenaufzucht ist eine teure Angelegenheit. Mittlerweile macht sie bereits rund 5 Cent je kg erzeugter Milch bzw. 10 % an den Gesamtkosten der Milchproduktion aus – Tendenz steigend.


Jede Färse macht Minus:

Die Be­triebs­­zweig-Auswertungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zeigen es deutlich: Mit jeder aufgezogenen Färse entstehen im Durchschnitt der Betriebe Vollkosten von knapp 2 180 €. Ernüchternd ist, dass zwischen dem erfolgreichen und dem weniger erfolgreichen Viertel der Betriebe eine Spanne von fast 900 € liegt!


Und trotzdem haben alle Betriebe eines gemeinsam: Die Färsenaufzucht ist und bleibt ein Verlustgeschäft (Übersicht 1). Deshalb werden die knappen und teuren Produktionsfaktoren Arbeit, Fläche und Kapital bei der Aufzucht nicht ausreichend verwertet. Doch auch Mängel an Produktionstechnik und Management spielen dabei eine Rolle (siehe Kasten).


Gerade in Regionen mit Flächen­knappheit kann es sich für Milchviehbetriebe daher lohnen, vollständig auf die Färsenaufzucht zu verzichten. So können die oben genannten Produktionsfaktoren für die – zumindest im Vergleich zur Färsenaufzucht – lukrativere Milchproduktion genutzt werden. Besonders interessant für „Turbomelker“: Werden nur noch die Hälfte an Großvieheinheiten gehalten, kann die Milchviehhaltung doppelt so schnell wachsen.


Aufzucht auslagern:

Eine Möglichkeit ist, Kälber zu verkaufen und abgekalbte Färsen am Markt zuzukaufen. Damit kann man sich vollständig auf die Milchproduktion konzentrieren und lagert das sensible Management der Erstkalber aus. Da bei dieser Variante keine Verträge oder Verpflichtungen gegenüber Dritten bestehen, bietet sie eine sehr hohe Flexibilität. Kehrseite der Medaille: die Abhängigkeit vom Rindermarkt mit schwankenden Qualitäten und Preisen sowie der unsichere Hygiene-Status zugekaufter Tiere.


Wer als Wachstumsbetrieb deshalb nicht auf die eigenen Färsen verzichten will, für den ist die Auslagerung der Aufzucht an einen anderen Betrieb eine Alternative. Das Modell der arbeitsteiligen Färsenaufzucht bietet Vorteile für alle Beteiligten. Auf der einen Seite kann der Milchviehbetrieb die Milchproduktion ausbauen. Arbeit, Fläche und Stallkapazitäten werden hier wesentlich besser verwertet.


Auf der anderen Seite profitiert der Aufzüchter, der oftmals die Milchviehhaltung aufgegeben hat, von der Verwertung der freigewordenen Kapazitäten. Er kann somit Rinderställe und eventuell freie Arbeitszeit sinnvoll nutzen. Zudem kann die Aufzucht in Regionen mit einer geringeren Flächenkonkurrenz ausgelagert werden.


Allerdings bleiben bei dieser Variante das arbeitsintensive Abkalben und Anmelken sowie die Tränkephase auf dem Milchviehbetrieb.


Verkaufen oder behalten?

Die Auslagerung der Färsenaufzucht kann in zwei Modelle untergliedert werden:


Kaufmodell: Der Milchviehhalter verkauft seine Kälber an den Aufzuchtbetrieb und kauft sie als tragende Färsen wieder zurück. Damit ist der Aufzuchtbetrieb freier in der Gestaltung der Aufzucht, er trägt aber auch das Risiko. Es können verschiedene Absprachen getroffen werden. Beispielsweise kann sich der Milchviehbetrieb verpflichten, alle Kälber zurückzukaufen. Möglich ist auch, dass der Milchviehbetrieb zwar das erste Zugriffsrecht hat, aber nicht alle Tiere zurücknehmen muss.


Pensionstierhaltung: Hierbei handelt es sich um eine reine Dienstleistung. Der Aufzüchter übernimmt zwar die Betreuung der Tiere und stellt den Stall sowie Futtermittel zur Verfügung. Eigentümer bleibt aber der Milchviehbetrieb. Das Konfliktpotenzial zwischen Milchviehhalter und Aufzüchter ist höher. Es muss genau geregelt sein, wer welches Risiko zu welchen Teilen trägt.


Daher hat das Kaufmodell Vorteile, denn die Erfahrung zeigt: Mit seinem eigenen Besitz geht der Mensch tendenziell pfleglicher um. Doch auch diese Form der Zusammenarbeit erfordert Disziplin und Toleranz gleichermaßen. Vereinbarungen müssen strikt eingehalten werden. Auf der anderen Seite handelt es sich um „lebendes Inventar“, das sich nunmal in keine DIN oder QM-Schablone pressen lässt. Somit ist die Gefahr von Unstimmigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten groß. Deshalb ist es ratsam, zu Beginn der Zusammenarbeit die wichtigsten Punkte zu regeln.


Schriftlicher Vertrag:

Die wesentlichen Vereinbarungen einer solchen Partnerschaft sollten immer schriftlich festgehalten werden (siehe Checkliste). Eine solche Vorgehensweise regelt in guten Zeiten die schlechten. Die landläufige Meinung, „Wenn Du einen Vertrag brauchst, ist es sowieso zu spät“, sollte lieber ersetzt werden durch „Der beste Vertrag ist der, der in der Schublade bleibt.“


Neben der Anzahl an aufzuziehenden Tieren sollte darin auch geregelt werden, wie und wann Impfungen usw. durchzuführen sind. Ist der Milchviehhalter mit den gelieferten Tieren nicht zufrieden, kann das die Zusammenarbeit gefährden. Im Vertrag sollte stehen, wie in solchen Fällen vorzugehen ist und wie man im Zweifelsfall geregelt „auseinander kommt“. Aber bedenken Sie auch, dass der Aufzüchter nicht wettmachen kann, was während den ersten Lebenswochen auf dem Betrieb bereits versäumt wurde.


Zudem dürfen Milchviehhalter ihre Erwartungen und Anforderungen an die Aufzüchter nicht ausufern lassen. Wer den höchsten Tierkomfort und beste Qualitäten fordert und gleichzeitig nur zu Almosen bereit ist, darf sich nicht wundern, wenn er am Ende seine Färsen doch wieder selber aufziehen muss.


Vergütung anpassen:

Erst wenn alle Punkte diskutiert und geklärt sind, geht es darum, eine angemessene Vergütung zu vereinbaren. An diesem Punkt sollten sich die Beteiligten noch einmal die Wirtschaftlichkeit der Färsenaufzucht vor Augen führen.


Schnell wird klar, dass beide Seiten Zugeständnisse machen müssen. Der Aufzüchter muss einsehen, dass er bei der Färsenaufzucht ­generell Abstriche beim Lohnansatz machen muss. Der Milchviehhalter wiederum wird beim Färsenpreis zulegen müssen, will er die freien Kapazitäten durch die lu­krativere Milchvieh­haltung ersetzen. Bekommt er zudem bessere Färsen ­zurück (niedrigeres Erstkalbealter, bessere Gesundheit, höhere Lebensdauer usw.), als er sie vorher selbst erzeugen konnte, sollte ihm dies ebenfalls einen Bonus wert sein.


Als Orientierungsgröße für eine mögliche Vergütung kann eine überdurchschnittlich erfolgreiche Aufzucht unterstellt werden, schließlich sollte es sich beim Aufzüchter um einen echten „Färsen-Profi“ handeln. Dafür sollten aber besondere Anforderungen an Impfprogramme, Anpaarungen oder Unterbringungen gesondert berücksichtigt werden. Je nach Region sind daher Tagessätze zwischen 1,80 € bis 2,00 € realistisch. Der Wert des Kalbes ist darin noch nicht enthalten.


In der Praxis wird häufig versucht, die Tagessätze bzw. Aufzuchtpauschalen an die Entwicklung von Milchauszahlungspreisen oder Futterkosten zu koppeln. Doch das scheitert meist daran, dass die Aufzüchter, die einmal die risikoreiche Zeit der Milchproduktion bewusst hinter sich gelassen haben, zukünftig lieber mit festen und planbaren Erlösen wirtschaften wollen, dafür aber auch bereit sind, auf den letzten Cent bei der Vergütung zu verzichten.

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