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Bei der PRRS-Bekämpfung am Ball bleiben

Lesezeit: 11 Minuten

Landwirte und Tierärzte sind in Sorge. Sie beobachten verstärkt PRRS-Probleme. Woran das liegt und wie man gegensteuert, erläutert Tierarzt Dr. Torsten Pabst.


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Es ist wie verhext. Viele Schweine haltende Betriebe bekommen ihre PRRS-Probleme nicht in den Griff. Vielerorts gibt es massive Ausbrüche. Besonders problematisch waren der Herbst und Winter 2009/2010. Und von einer wirklichen Entspannung kann man immer noch nicht sprechen.


In betroffenen Betrieben zählen Spät-aborte ab dem 90. Trächtigkeitstag und chronische Atemwegserkrankungen zu den häufigsten Krankheitsbildern. Sind die Atemwege betroffen, kommt es zur Schädigung der Lungenmakrophagen. Die Probleme sind umso stärker ausgebildet, je eher sich die Tiere infizieren.


Rückschläge erleiden insbesondere die Betriebe, die in der Nähe von Schweinehaltungen mit ungewissem Infektionsstatus liegen. Gemeint sind u. a. Mäster mit wechselnder Ferkelherkunft. Auch Höfe, in deren Nähe eine Hauptverkehrsstraße mit entsprechend gehäufter Vorbeifahrt von Tiertransportern zu finden ist, haben Probleme. Und schließlich sind oft Betriebe betroffen, die ihren Jungsauenbezug stetig wechseln.


Verschiedene Ursachen


Mehrere Gründe werden für die immer wieder aufflackernde PRRS-Problematik verantwortlich gemacht.


Betriebsleiter haben aufgrund des großartigen Erfolges bei der Circoimpfung die Intervalle bei anderen bewährten Impfungen verlängert oder die Behandlungen sogar ganz eingestellt. Meist aus Kostengründen.


Anfangs scheint diese Strategie aufzugehen. Doch der Erfolg hält nicht lange an. Durch das Aussetzen von Impfmaßnahmen werden die Sauenherden schnell wieder empfänglich, u. a. für PRRS-Viren. Das hat folgende Gründe:


Das PRRS-Virus weist hohe Mutationsraten auf, ständig belasten andere Virustypen die Tiere. Die neuen Typen entstehen, da es bei der Virusvermehrung zu kleinen Veränderungen kommt. Es gibt heute zahlreiche Untertypen.


Gefährlich an der Situation ist, dass neuere Virustypen nicht mehr gänzlich durch die üblichen Impfstoffe abgedeckt werden. Je mehr sich Viren verändern, desto eher schützt ein Impfstoff nur noch teilweise. Man spricht von einer heterologen Immunität, die im Vergleich zur homologen Immunität – bei der der Impfstamm dem Feldstamm komplett gleicht – einen geringeren Schutz widerspiegelt.


Coinfektionen mit Influenzastämmen lassen die Problematik weiter hochkochen. Die Influenza schwächt als schneller agierendes Virus die Abwehrlage des Schweins und ist Wegbereiter für PRRS.


Die günstigen Umstände des Winters 2009/2010 – kalte, feuchte, wolkenreiche Wettersituationen – kamen dem Virus entgegen. Es konnte lange überleben und wurde über die Luft weit verbreitet.


Durch die zunehmende Komplexität des Virus wird es für den Tierarzt immer schwieriger, rechtzeitig die richtige Bekämpfungsstrategie zu finden.


Lebend- oder Totimpfstoff?


Damit PRRS-Probleme möglichst schnell wieder zurückgedrängt werden, ist das Virus strategisch zu bekämpfen. Einerseits müssen die Schweine geschützt, andererseits muss der PRRS-Druck in der Herde reduziert werden.


Impfungen haben sich als wirksamer Schutz bewährt. Heute stehen zwei Lebend­impfstoffe und ein Totimpfstoff zur Verfügung, wobei letzterer von zwei Firmen vertrieben wird (siehe Übersicht).


Bei den Lebendimpfstoffen wird lebendes Virusmaterial so stark verändert, dass es im Tier keinen Schaden mehr anrichtet. Die Impfstoffe führen zu einem sehr guten Schutz gegen das Virus, da neben der zellulären Immunantwort durch Killerzellen auch die Antikörperproduktion aktiviert wird.


Beim Totimpfstoff wird der Erreger vollständig abgetötet. Die Erregerbestandteile bewirken im Tier lediglich die Aktivierung der Antikörperproduktion, es besteht nur ein partieller Schutz. Der Vorteil des Totimpfstoffes ist, dass kein Impf-virus ausgeschieden wird. In PRRS-freien Betrieben ist das wichtig.


Generell ist der Lebend- dem Totimpfstoff vorzuziehen. Ausnahme: Wird er in PRRS-freien Herden eingesetzt, verlieren diese ihren Status „PRRS-frei“. Und wenn die Reinfektionsgefahr eines Betriebes gering ist, bietet sich ebenfalls eher ein Totimpfstoff an bzw. es kann überlegt werden, die Tiere gar nicht zu impfen. Für Betriebe in schweinearmen Regionen kommt das häufiger in Betracht.


Verschiedene Impfmuster


Nach welchem Muster die Herde geimpft wird, muss mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt besprochen werden.


Bei der Bestandsimpfung wird alle drei bzw. vier Monate zu einem festen Zeitpunkt der komplette Bestand durchgeimpft. So wird in der Herde ein gleichmäßiger Immunitätsstatus aufgebaut. Ein Nachteil der Bestandsimpfung ist, dass einige Tiere zu sensiblen Zeiten – Belegung, Abferkelung – mitgeimpft werden. Das kann zu höheren Umrauschzahlen bzw. zu vermehrt lebensschwach oder tot geborenen Ferkeln führen. Um das zu verhindern, sollten diese Sauengruppen drei Wochen später geimpft werden. Das Vorgehen setzt voraus, dass man genau weiß, welche Gruppe wann geimpft wurde. Niemals dürfen Einzeltiere vergessen werden, sonst drohen Impflücken.


In größeren Betrieben mit mindestens 300 Sauen und gutem Management wird die reproduktionsbezogene Impfung favorisiert. Hierbei werden die Sauen einmal während der Säugezeit am 6. Tag geimpft, wobei die PRRS-Impfung mit der Parvo-Rotlauf-Impfung kombiniert wird. Die zweite Impfung erfolgt am 60. Trächtigkeits­tag. Daher auch der Name 6/60-Impfung.


Der Vorteil dieser Impfstrategie ist, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Infektion (letztes Drittel der Trächtigkeit) immer optimal geschützt sind. Ein Nachteil kann sein, dass Impfabstände zu lang werden, wenn der Betrieb hohe Umrauschraten aufweist. Deswegen sollten Sauen generell nach der zweiten erfolglosen Besamung ausselektiert werden.


Teilweise sind die Sauenherden heute so stark mit PRRS-Viren belastet, dass auch die Ferkel mit ins Impfprogramm integriert werden müssen. Doch nach dem Erfolg der Circoimpfung haben viele Ferkelerzeuger die Ferkelimpfung als erstes eingestellt. Das war ein Fehler, weil sich der Infektionsdruck in der Aufzucht wieder aufgebaut hat.


Wenn lang anhaltende PRRS-Probleme vorliegen, sollten die Ferkel mindestens drei Wochen vor der Infektion gegen PRRS geimpft werden. Da die Infektion häufig Mitte Flatdeck stattfindet, müssen die Ferkel bereits in der zweiten Lebenswoche mit einem Lebendimpfstoff behandelt werden. Zur Sicherheit sollte im Flatdeck ein Seroprofil angefertigt werden, um zu überprüfen, wann die Infektion mit PRRS genau stattfindet.


Virendruck senken


Parallel zur Impfung muss die innerbetriebliche Hygiene optimiert werden. Abteile dürfen nur im Rein-Raus-Verfahren belegt werden, und nach jedem Ausstallen sind diese gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.


Reinfektionen werden unterbunden, indem Altersgruppen im Betrieb dauerhaft und strikt voneinander getrennt stehen. Ältere Tiere dürfen nicht zurückgestallt werden. Jüngere Schweine sind besonders empfänglich für den Erreger.


Sauen und Aufzuchtferkel müssen räum­lich voneinander getrennt stehen. Ist das nicht möglich, weil z. B. links vom Zentralgang die Sauen stehen und rechts die Ferkel, müssen zumindest eigene Gerätschaften wie Schaufel, Besen, Kastrationskorb, Futterschälchen usw. für jedes Abteil angeschafft werden. Der Kleiderwechsel lohnt sich bei solchen baulichen Gegebenheiten nicht, da beide Tier­arten ohnehin in einem Gebäude stehen. Sinnvoll ist das nur dann, wenn die Sauen und Ferkel in separaten Ställen untergebracht sind.


Wer zwischen den verschiedenen Abferkelgruppen hin und her läuft, sollte seine Stiefel oder Arbeitsschuhe reinigen. Das senkt die Keimbelastung. Stiefelwäscher – zumindest einige Fabrikate – sind eher als Keimschleudern zu bezeichnen. In den Bürsten bleiben Kotreste und Schmutz hängen. Besser ist die Stiefelreinigung mit einem Wasserschlauch mit aufgesteckter Düse.


Eintragsquellen bekämpfen


Neben den innerbetrieblichen Maßnahmen ist der Keimeintrag von außen zu reduzieren. Das ist wichtig, weil durch die hohe Mutationsrate ständig neue Feldstämme zirkulieren und die Eintragswege vielfältig sind.


Die höchste Gefahr lauert beim Bezug der Jungsauen. Kritisch ist, wenn infizierte, aber klinisch unauffällige Tiere zugekauft werden. Der Käufer glaubt, dass die Jungsauen gesund sind, tatsächlich tragen sie das Virus aber im Blut. Treffen diese Tiere auf eine ungeschützte Herde, wird die Situation extrem gefährlich, weil die neuen Sauen den Altbestand anstecken.


Der Altbestand lässt sich je nach Lage relativ gut schützen, wenn nur Jungsauen zugekauft werden, die garantiert PRRS-frei sind. Der Nachweis wird mittels PCR und ELISA über Blutproben erbracht. Allerdings dürfen die Jungsauen nicht geimpft sein, da sie sonst positive ELISA-Werte aufweisen. Somit lässt sich nicht mehr ausschließen, ob das Schwein zusätzlich das Feldvirus in sich trägt.


Können keine PRRS-freien Jungsauen zugekauft werden, weil zum Beispiel die Vermehrungsherde plötzlich positiv ist, bleiben zwei Lösungswege. Der sicherste Weg ist der Wechsel zu einem PRRS-freien Vermehrungsbestand. Alternativ bleibt die Impfung. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Altsauenbestand auch positiv wird. Doch beim Bezug positiver Jungsauen lässt sich das langfristig nicht verhindern. In diesem Fall müsste der Landwirt in die Impfung einsteigen.


Sind sowohl die Altsauenherde als auch die Jungsauen PRRS-positiv, besteht immer die Gefahr, dass neue Stämme in die Herde eingetragen werden. Um das Risiko zu reduzieren, sollten auch die Jungsauen in jedem Fall immunisiert werden.


Ist der Altsauenbestand infiziert, die Jung­sauen aber frei, muss ein besonderes Augenmerk auf die Eingliederung der Jungsauen gelegt werden. Die Tiere müssen in der Quarantäne am zweiten Tag sowie drei Wochen später gegen PRRS grundimmunisiert werden, bevor sie eingegliedert werden.


Quarantänezeiten einhalten


Nach dem Zukauf müssen die neuen Jungsauen für mindestens sechs Wochen isoliert stehen. Sie müssen in einem getrennten Gebäude untergebracht sein.


Die eigentliche Eingewöhnung erfolgt zweigliedrig. Die Tiere werden bei Bedarf im Abstand von 21 Tagen gegen PRRS geimpft. Fünf Tage nach der zweiten Impfung erfolgt der erste Kontakt mit den Betriebskeimen. Hierfür kommen die neuen Tiere für 12 bis 16 Stunden ins Deckzentrum. Während dieser Zeit infizieren sie sich mit den Keimen des Betriebes, ohne dass sie diese bereits wieder ausscheiden.


Jetzt sollten die Tiere wieder für mindestens drei Wochen zum „Cool down“ in die Quarantäne zurückgestallt werden. Hier machen sie eine Infektion mit den Keimen des Betriebes durch und entwickeln eine Immunität gegen diese. Dann erfolgt die endgültige Eingliederung.


Neuere Erfahrungen zeigen, dass sich das Einrichten eines separaten Deckabteils für die Jungsauen auszahlt. Hierbei werden die Tiere erst ab dem 50. Trächtigkeitstag in die Herde umgestallt. In einigen Betrieben führte dies zu einer deutlichen Stabilisierung der Herdengesundheit. Der große Vorteil ist, dass die Jungsauen nicht während der sensiblen Beleg- und Eieinnistungsphase, bei der es bei Infek-tionen sofort zum Umrauschen kommen kann, eingegliedert werden.


Schützen Filter und Wälder?


Das Virus wird nachweislich über die Luft übertragen. Je dichter ein negativer Betrieb an einem positiven Bestand liegt bzw. je intensiver der Tiertransportverkehr in der Nähe des Betriebes ist, desto höher ist die Gefahr der Übertragung. Ein generell sehr hohes Risiko besteht in einem Radius von bis zu 1 km.


Da das Virus bei kalten Temperaturen länger überlebensfähig und UV-instabil ist, ist die Übertragungswahrscheinlichkeit an bewölkten kalten Tagen höher als an sonnigen warmen. Dies dürfte ein Erklärungsansatz sein, warum es im letzten Winter zu den PRRS-Durchbrüchen kam.


Zwar versucht man inzwischen das Virus mit UV-Filtern an den Ansaugpunkten der Lüftung abzutöten. Doch erstens ist das ein recht teures Verfahren und zweitens muss sich erst noch herausstellen, wie effektiv diese Technik ist.


Diskutiert wird aktuell auch über die PRRS-Situation in Betrieben, die im Wald liegen bzw. von Wäldern umgeben sind. Weil der Auftrieb der Bäume den Betrieb lufttechnisch ein Stück weit abriegelt, könnte ein natürlicher Schutz gegeben sein. Um diesbezüglich aber genauere Aussagen treffen zu können, sind zuerst intensive Praxisuntersuchungen notwendig. Hier steht man noch ganz am Anfang der Diskussionen. Hinzu kommt, dass genehmigungstechnische Gründe den Stallbau in Waldnähe erschweren.


Fazit


Die PRRS-Problematik ist aktueller denn je. Der lange kalte Winter und der Ausstieg vieler Betriebe aus der PRRS-Impfung haben zu einer Verschärfung der Situation geführt. Um die Situation wieder in den Griff zu bekommen, muss man am Ball bleiben. Folgende Punkte sollten Sauenhalter dringend umsetzen:


In schweinedichten Regionen sollte die Sauenherde generell geimpft werden. Optimal ist die reproduktionsbezogene Impfung, da die Tiere hierbei zum Zeitpunkt der Infektion im letzten Drittel der Trächtigkeit sehr gut geschützt sind.


Ist der PRRS-Druck hoch bzw. gibt es Probleme im Flatdeck, sind die Ferkel mit ins Impfprogramm zu integrieren.


Neben der Impfung muss der Virendruck in der Herde gesenkt werden. Altersgruppen müssen getrennt und Hygienemaßnahmen durchgeführt werden.


Neue Jungsauen müssen sechs Wochen lang in die Herde integriert werden. Ideal ist der Zukauf PRRS-freier Tiere.


Optimal ist, die Jungsauen erst am 50. Tragetag in die Herde zu integrieren. Dann haben sie ihre sensibelste Trächtigkeitsphase bereits hinter sich.


Ob Luftfilter den Vireneintrag tatsächlich verhindern können, muss sich erst noch beweisen.-ar-

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