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Die Dänen setzen voll auf Ferkelexport

Lesezeit: 10 Minuten

In Dänemark ist die Mast auf dem Rückzug, während die Ferkelerzeuger die Exporte kräftig ausbauen. top agrar hat die Trends und Folgen für Deutschland mit dänischen Beratern undPraktikern diskutiert.


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Den dänischen Schweinehaltern bläst der Wind kräftig ins Gesicht. Bereits seit Monaten erlösen die Mäster 10 bis 15 Cent/kg Schlachtgewicht weniger als deutsche Betriebe. Hinzu kommt die hohe Fremdkapital-Belastung. Viele Betriebe sind in den letzten Jahren kräftig gewachsen und haben 90 % und mehr über die Bank finanziert.


Die schwierige Situation in der Mast schlägt voll auf die Ferkelerzeuger durch. So ist die Einstallbereitschaft der dänischen Mäster kräftig zurückgegangen. Zudem ist der Ferkelmarkt durch den hohen Überschuss von mehr als 5 Mio. Ferkeln ohnehin unter Druck. Die Folge: Die dänische Ferkelnotierung liegt rund 10 € tiefer als die deutschen Notierungen.


Danish Crown ist in der Zwickmühle


Durch das enorme Preisgefälle legen die Exporte von Ferkeln und Schlachtschweinen nach Deutschland weiter zu. Insgesamt gehen 80 bis 90 % der dänischen Ausfuhren nach Deutschland.


Noch vor wenigen Jahren hieß es, die Produktion könne auf 25 Mio. Schlachtschweine im Jahr wachsen. Das Gegenteil ist passiert: Seit 2004 sind die Inlandsschlachtungen von 22,5 Mio. auf 21 Mio. Schweine im letzten Jahr gesunken (siehe Übersicht 1). Im laufenden Jahr könnten die Schlachtzahlen sogar unter die 20 Millionen-Grenze rutschen.


Der enorme Rückgang der Schlachtungen hat mehrere Gründe. Hauptfaktor bleibt die hohe Überproduktion. Denn Dänemark muss mehr als 80 % des im Land erzeugten Schweinefleisches exportieren! Und vor allem beim hart umkämpften Export nach Übersee hat man aufgrund von Währungsverschiebungen und der Finanzkrise herbe Einbußen hinnehmen müssen.


Dänischen Mästern laufen die Kosten davon


Das Schlachtunternehmen Danish Crown, das 85 % aller Schweine in Dänemark schlachtet, ist daher massiv unter Druck. Um im Exportgeschäft mithalten zu können, musste der Schlachtriese die Notierung für Schlachtschweine mehrfach deutlich senken. Aktuell bekommen die Mäster umgerechnet auf deutsche Verhältnisse einen Basispreis von nur 1,40 €/kg SG. Sie liegen damit mehr als 10 Cent/kg unter deutschem Niveau. Phasenweise beträgt der Rückstand sogar 15 Cent und mehr. Dänemark ist damit das Schlusslicht im EU-Vergleich.


Das Preisgefälle macht Danish Crown weitere Probleme. Immer mehr Mäster keh­ren dem Schlachtkonzern den Rücken und exportieren ihre Tiere nach Deutsch­land. Vor allem im Süden und Westen Dänemarks ist der Export hoch lukrativ. Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden mehr als 400 000 Schlachtschweine ausgeführt. Das sind rund 40 % mehr als im Vorjahreszeitraum.


Durch das verstärkte Abfließen der Schweine ins Ausland haben dänische Schlachthöfe immer größere Probleme, ihre Kapazitäten auszulasten. „Wir brauchen niedrige Notierungen, um exportieren zu können. Durch die schlechten Preise verlieren wir aber immer mehr Schlacht­schweine ans Ausland, was unsere Kos­ten hochtreibt. Das ist ein Teufelskreis“, bringt es ein Branchenkenner auf den Punkt.


Um gegenzusteuern, hat Danish Crown ein radikales Sparprogramm gestartet. Zehn Schlacht- und Zerlegebetriebe wurden bereits geschlossen. Zudem sollen die Mitarbeiter im Schlachthof auf 20 % ihres Lohnes verzichten. Des weiteren will man Schlacht­kapazitäten nach Deutschland verlegen, da hier die Lohnkosten geringer sind. Experten erwarten jedoch, dass sich der Rück­gang der Schlachtzahlen bestenfalls bremsen lässt. Einige befürchten sogar, dass die Inlandsschlachtungen binnen weniger Jahre auf 15 Mio. Tiere zurückgehen.


Neben Problemen mit Danish Crown und sinkenden Erlösen kämpfen die dänischen Mäster mit steigenden Kosten. Größeren Betrieben machen vor allem die immensen Lohnkosten zu schaffen. Günstige Arbeitskräfte sind aufgrund der gesetz­lichen Mindestlöhne kaum zu kriegen. Hinzu kommen die zum Teil drastisch verschärften Umweltauflagen sowie die knappen und teuren Gülleflächen.


Nach aktuellen Berechnungen der Branchenorganisation Dansk Svineproduktion hat Dänemark den Spitzenplatz bei den Produktionskosten verloren. Mit Kosten von gut 1,66 €/kg SG ist man auf das Niveau von Frankreich und Belgien abgerutscht. Die Holländer können ihre Schlachtschweine derzeit mehr als 5 Cent/kg günstiger erzeugen (s. Übersicht 2).


Aufgrund der angespannten Situation sind die Mastbestände in Dänemark stark rückläufig. So wurden im März 2009 knapp 12 % weniger Mastschweine mit über 50 kg Gewicht gezählt als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2007 beträgt der Bestandsabbau sogar 18 %. Momentan stehen selbst größere Mastställe aufgrund der schlechten Gewinnaussichten leer.


Fachleute erwarten, dass der Abbau der Mastbestände anhält. Denn aufgrund der Finanzkrise hat die Branchenorganisation Danske Slagterier die Preisprognose für 2009 nochmals um 8 Cent/kg nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die Experten eine Notierung von 1,26 €/kg SG. Umgerechnet auf deutsche Verhältnisse entspricht dies einem Basispreis von nur 1,34 €/kg SG. In Anbetracht der hohem Fremdkapital-Belastungen schreiben damit selbst Spitzenbetriebe rote Zahlen.


Wie dramatisch die Situation ist, zeigt auch der rasante Strukturwandel. Mit 5 800 Schweinehaltern wurden Ende 2008 satte 20 % weniger Betriebe gezählt als ein Jahr zuvor! Im laufenden Jahr könnten nochmals rund 1 400 Betriebe zur Aufgabe gezwungen sein, da die Bank den Geldhahn zudreht.


Der Export-Druck dänischer Schlachtschweine auf den deutschen Markt dürfte deshalb nur minimal steigen. Experten erwarten, dass sich das Ausfuhrvolumen auch in den nächsten Jahren bei gut 1 Mio. Tieren einpendelt.


Sauenzahl legt wieder zu


Im Gegensatz zur Mast ist die Stimmung in der Ferkelerzeugung besser, und es werden Aufstockungen geplant. Dies hat mehrere Gründe:


Die Sauenhaltung ist weniger flächenintensiv. Freigesetzte Kapazitäten aus der Mast werden für die Sauen genutzt;


Sauenställe werden recht zügig genehmigt, es gibt weniger Bürgerproteste;


Die Leistungen sind mit über 27 abgesetzten Ferkeln/Sau und Jahr sehr hoch. Das überzeugt auch die Banken;


Fremdarbeitskräfte sind für die Arbeit im Sauenstall leichter zu finden;


Aufgrund ihrer Sauenzahl können viele Betriebe große Ferkelgruppen anbieten. Diese sind auch im Ausland gefragt.


Es wundert daher nicht, dass der Sauenbestand in jüngster Vergangenheit sogar wieder leicht zulegt. So wurden im April 2009 gut 2 % mehr Sauen gezählt als ein Jahr zuvor. Die vorherigen Abstockungen scheinen überwunden. Etliche Sauenhalter haben die schlechten Preise der Jahre 2007 und 2008 offenbar genutzt, um ihre Herden auszutauschen und einen hohen Gesundheitsstatus aufzubauen.


Das Wachstum der dänischen Sauenzahl geht einher mit einer rasanten Vergrößerung der Bestände. Im Durchschnitt werden momentan fast 400 Sauen pro Betrieb gehalten. Die Hälfte der dänischen Ferkel stammt bereits aus Betrieben mit 500 Sauen. Bei Wachstumsschritten verdoppeln viele Ferkelerzeuger ihre Bestände. Doch auch sehr große Investitionen, bei denen in einem Schritt z. B. 2 000 Sauenplätze auf die „grüne Wiese“ gestellt werden, sind keine Seltenheit.


Das rasante Wachstum darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die dänischen Ferkelerzeuger unter massivem Kostendruck leiden. So liegt die dänische Ferkelnotierung bereits seit Monaten umgerechnet rund 10 € unter deutschem Niveau. Neben den enormen Ferkelüberschüssen Dänemarks ist dies auch auf den Rückgang der Mastbestände zurückzuführen.


Weiterer Druck ensteht durch die Banken. Sie finanzieren meist nur noch sehr große Sauenställe. Bei der so genannten Projektfinanzierung stellen die Landwirte oft nur das minimale, gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapital. Die Bank trägt den Löwenanteil.


Entsprechend hoch ist der Leistungsdruck. Um den Kapitaldienst leisten zu können, brauchen etliche Betriebe mindestens 28 bis 30 abgesetzte Ferkel/Sau und Jahr! Werden die Leistungen nicht erreicht und die Kredite nicht pünktlich bedient, fackeln die Banken nicht lange. Der Betriebsleiter wird „ausgetauscht“ und der Stall unter anderem Namen weitergeführt. Das heißt: Trotz Insolvenzen bleiben die Sauenkapazitäten in der Produktion.


Betriebe setzen auf Ferkelexport


Um dem Druck am heimischen Ferkelmarkt auszuweichen und von besseren Preisen im Ausland zu profitieren, wollen immer mehr Betriebe ihre Ferkel exportieren. Übersicht 3 zeigt, dass die Ausfuhr von Absetz- und Mastferkeln seit 2005 von 3 Mio. auf knapp 5,3 Mio. Ferkel im letzten Jahr gestiegen ist. Der Großteil davon geht nach Deutschland.


Im laufenden Jahr könnten die Exporte nochmals kräftig zulegen. Denn bereits in den ersten vier Monaten gingen rund 2,3 Mio. Ferkel ins Ausland. Wird dieses Niveau beibehalten, könnte man am Jahresende auf ein Exportvolumen von rund 7 Mio. Ferkeln kommen. Dänische Exportorganisationen erwarten sogar, dass die Ausfuhren noch stärker zulegen und 2009 insgesamt 8 Mio. Ferkel erreichen!


Dass der Export von Ferkeln derart boomt, liegt neben den deutlich höheren Preisen im Ausland auch an der wachsenden Nachfrage. Vor allem in Schleswig-Holstein und Südoldenburg haben sich etliche große Mäster auf dänische Großgruppen eingestellt und feste Lieferbeziehungen aufgebaut. Die Abnehmer schätzen das hohe Wachstumsvermögen und die Vitalität der Duroc-Ferkel. Hierfür nehmen sie Abstriche beim Fleisch­anteil in Kauf.


Nur 2 € Transportkosten pro Ferkel


Auch die weiten Transportwege können den Ferkelexport kaum bremsen. Denn viele Händler verfügen inzwischen über moderne, vierstöckige LKWs, die je nach Transportentfernung 600 bis 700 Mastferkel aufnehmen dürfen. Für eine typische Tour aus dem Südwesten Dänemarks nach Vechta kalkulieren die Händler rund sieben Stunden Fahrtzeit. Der LKW kostet inklusive Fahrer und Maut etwa 100 € pro Stunde. Bei 14 Stunden Fahrtzeit für den Hin- und Rückweg entstehen nur rund 2 € Transportkosten pro Ferkel. Hinzu kommt der Gewichtsverlust, der je nach Transportdauer etwa 1 kg pro Tier beträgt.


Bei 10 € Preisdifferrenz zwischen deutscher und dänischer Ferkelnotierung bleibt dennoch reichlich „Luft“. Wie stark die dänischen Ferkelerzeuger hiervon profitieren, hängt aber davon ab, wie viele Händler am Geschäft beteiligt sind.


Im Extremfall schöpfen bis zu vier Transporteure beim Export ab: Ein regionaler dänischer Händler holt die Ferkel im Betrieb ab, ein dänischer Großhändler regelt die Vermarktung an der Sammelstelle, ein deutscher Großhändler übernimmt den Transport nach Deutschland und ein deutscher regionaler Händler verkauft die Ferkel schließlich an die Mäster. In diesem Fall ist der Mehrerlös für den dänischen Ferkelerzeuger natürlich begrenzt.


In letzter Zeit werden daher vermehrt feste Handelsbeziehungen zu deutschen Mästern aufgebaut. Im Optimalfall übernimmt dann nur ein Händler bzw. Spediteur den Transport. Das heißt: Die Ferkel werden nicht umgeladen.


Voraussetzung hierfür ist, dass die deutschen Händler die Quarantäne-Vorschrift Dänemarks einhalten. Hierfür müssen die LKWs gereinigt und desinfiziert 48 Stunden auf einer grenznahen Sammelstelle geparkt werden, bevor sie einen Schweinebetrieb befahren. Als Standzeit nutzen die Händler meist das Wochenende. Wobei die Einhaltung penibel von den dänischen Amtsveterinären geprüft wird.


Weitere Widerstände gegen das Exportgeschäft gehen von Danish Crown aus. Das Schlachtunternehmen übt massiven Druck auf seine Lieferanten aus, Ferkel einzustallen und die Ställe nicht leer zu lassen. Um dies zu forcieren, gewährt man seit kurzem zinsgünstige Kredite für die Finanzierung der Mastferkel.


Der Erfolg lässt bislang aber auf sich warten. Im Gegenteil: Insider gehen davon aus, dass die Ferkelexporte weiter zulegen. Denn beim Verkauf ins Ausland können Händler und Sauenhalter mehrere Euro pro Ferkel mehr verdienen.


Die deutschen Ferkelerzeuger müssen sich daher darauf einstellen, dass der Importdruck weiter wächst. Nach aktuellen Prognosen steigt der Ferkelüberschuss unserer Nachbarn in den nächsten drei Jahren auf 10 Mio. Stück. Den Großteil dieser Ferkel werden die Dänen im Nordwesten Deutschlands platzieren wollen.


Fred Schnippe

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