Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

„Ganz oder gar nicht“

Lesezeit: 7 Minuten

Markus Leimer hat bereits mit 28 Jahren einen 450er-Sauenstall nach dänischem Vorbild neu gebaut. Was ihn antreibt, hat Stephan Annegarn in seinem „Power-Praktikum“ erfahren.


Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wie kommt man als 28-jähriger junger Mann auf die Idee, von 60 auf 450 Sauen aufzustocken? Warum wagt man den Schritt, einen nagelneuen Sauenstall direkt auf die grüne Wiese zu setzen? Und das in einer Region, in der überwiegend Milchkühe gehalten werden? Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich von meinem Heimatort Ostbevern in Westfalen ins 650 km entfernte Schwabmühlhausen nahe Augsburg reise, um dort mein „Power-Praktikum“ auf dem Betrieb von Markus Leimer anzutreten.


Als ich Markus meine Fragen stelle, lacht er. Ich bin nämlich nicht der Erste, der ihn das fragt. Er erzählt mir, dass seine Eltern Josef und Cordula bis 2008 etwa 40 Milchkühe und 60 Sauen an zwei verschiedenen Hofstellen am Dorfrand gehalten haben. Als er damals in den Betrieb mit eingestiegen ist, stand für ihn fest, dass sich der Betrieb in eine Richtung spezialisieren muss. „Ich wollte nicht beides, sondern eine Sache richtig machen“, betont Markus. Er nahm sich vor, spätestens mit 30 den Betrieb so aufgestellt zu haben, dass damit ein ausreichendes Einkommen – auch für zwei Generationen – erwirtschaftet wird.


„Drei Möglichkeiten standen dafür zur Wahl“, erinnert sich der Jungunternehmer. „Der Bau einer Biogasanlage, eines Kuhstalles oder eines Sauenstalles.“ Da Markus lieber mit Tieren als mit Maschinen arbeitet, schied der Bau einer Biogasanlage sofort aus. Blieb noch die Frage: Sauen oder Kühe? Leimers haben ewig hin und her überlegt, doch letztendlich tendierten sie mehr zu den Sauen. „Wieso, weiß ich bis heute nicht. Aber irgendwie sind mir die Sauen näher als die Kühe“, erzählt mir Markus.


Für die Finanzierung der Aussiedlung erhielt er 25 % AFP-Förderung sowie ein zinsgünstiges Junglandwirte-Darlehen von seiner Hausbank. „Ein bisschen Eigenkapital haben wir auch eingebracht“, ergänzt Markus. Dennoch eine mutige Investition, denke ich.


Zwei-Wochen-Rhythmus:

Der 2009 bezogene Sauenstall, den ich am Montagmorgen kennenlerne, liegt außerhalb des Ortes, etwa zwei Kilometer von der alten Hofstelle entfernt. Er bietet Platz für 450 Sauen (Hermitage) inkl. Futterzen­trale mit Mahl- und Mischtechnik. Hier wird die eigene Getreideernte verarbeitet.


Die Sauenherde wird im 2-Wochen-Rhythmus mit 11 statt üblicherweise 10 Produktionsgruppen gefahren. „So kann ich die teuren Abferkelplätze besser auslasten“, begründet Markus die zusätzliche Sauengruppe. Das funktioniert gut, allerdings muss er die Gruppe für maximal zwei Tage in der Selektionsbucht des Wartestalles zwischenparken. „Die Selektionsbucht habe ich deshalb für eine komplette Gruppe von 40 Tieren gebaut“, zeigt mir Markus.


Die elfte Gruppe hat zur Folge, dass es etwa jedes halbe Jahr eine arbeitsreichere Woche gibt, in der eine Gruppe abferkelt und eine Gruppe besamt wird. Das trifft auch auf meine Praktikumswoche zu, in der die neunte Sauengruppe am Montag und Dienstag belegt wird und die erste Gruppe ab Freitag zum Abferkeln kommt. Das wird eine interessante und intensive Woche, freue ich mich.


Nach dänischem Vorbild:

Während wir durch alle Produktionsbereiche gehen, fällt mir so mancher Unterschied zu den Sauenställen auf, die ich bisher gesehen habe. „Ich habe beim Stallbau einige Wünsche verwirklicht, die ich bei einem mehrmonatigen Praktikum auf einem großen Sauen haltenden Betrieb in Dänemark gesammelt habe“, berichtet mir Markus. Das Praktikum hat er nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung absolviert, nachdem er sich bereits entschieden hatte, den Sauenstall zu bauen.


Im Abferkelstall bemerke ich beispielsweise, dass die ersten 1,40 m jeder Bucht planbefestigt sind. Ob ich das riskiert hätte, schließlich steigt die Verschmutzungsgefahr deutlich an? Doch Markus erklärt, dass er kaum Probleme mit verschmutzten Festflächen hat. Er sieht darin sogar einen Vorteil: „Auf die feste Liegefläche der Ferkelnester streuen wir ab dem 10. Tag das Ferkelaufzuchtfutter I – das wird prima angenommen.“


Auch die Idee mit den hochklappbaren Abdeckungen über den Nestern hat er aus Dänemark mitgebracht. Er wollte für die Ferkel eine Kleinklimazone schaffen, um Heizenergie einsparen und die Raumlufttemperatur absenken zu können. So fühlen sich auch die Sauen wohl.


Beeindruckt bin ich vom großräumigen Wartestall. Dieser sieht ganz anders aus als die Ställe, die ich aus Deutschland kenne. Das Stalldach entspricht der Decke, was typisch dänisch ist. Zudem ist ein Lichtfirst eingebaut. Das bedeutet viel Luft und Tageslicht für die Sauen.


Dass der Ferkelaufzuchtstall ebenfalls nach dänischem Vorbild errichtet wurde, erkenne ich an der Dreiteilung der Buchten: Vorne liegen Roste, in der Mitte Betonspalten und hinten sind die Flächen planbefestigt. In ihnen verlaufen die Warmwasserrohre für die Fußbodenheizung. In Verbindung mit einer Nestabdeckung entsteht so genügend Wärme für die Ferkel im Liegebereich, so dass zusätzliches Heizen nicht notwendig ist.


Geheizt wird der neue Stall mit einer Hackschnitzelheizung. „Die Investitionskosten sind zwar höher als bei einer Gas- oder Ölheizung, aber unsere laufenden Brennstoff-Kosten sind geringer“, berichtet Markus. Denn er verwendet als Brennstoff Abfallgehölze, z.B. Hecken- und Sträucherschnitte, die er günstig hacken und bei einer Biogasanlage trocknen lässt.


Schnell wird mir bewusst, wie wichtig ein durchdachtes Energiekonzept ist – gerade in Zeiten steigender Energiepreise. Markus hat sich vor dem Bau zu jedem Detail Gedanken gemacht. Toll!


Weiße Weste:

In den nächsten Tagen erfahre ich, dass auch Hygiene und Sauberkeit im Betrieb Leimer großgeschrieben werden. „Wir wollen den guten Gesundheitsstatus der Herde (PRRS- und APP-frei) nicht aufs Spiel setzen“, verdeutlicht mir Markus. Hygiene fängt im Betrieb bereits mit dem Personenverkehr an. Auch ich muss morgens erst mal einduschen und mich mit betriebseigener Stallkleidung eindecken. Dafür liegen im Weißbereich frische Unterwäsche und Socken sowie weiße T-Shirts und weiße Latzhosen in jeder Größe bereit.


Nachdem ich eingeduscht habe, erfahre ich, dass auch die Sauen regelmäßig unter die Dusche müssen. Und zwar immer dann, wenn sie vom Wartestall ins Abferkelabteil umgestallt werden. Auf dem Weg dorthin passieren sie die Sauendusche. Dort werden sie zuerst mit Wasser eingeweicht, dann mit einem Tierwaschmittel eingesprüht und kurze Zeit später wieder mit Wasser abgewaschen. Warum dieser ganze Aufwand, frage ich mich. Markus erklärt: „Wir wollen, dass die Sauen sauber sind, wenn sie abferkeln. Nur dann werden die empfindlichen Ferkel nach der Geburt möglichst wenig Keimen ausgesetzt.“ Das leuchtet mir ein.


Das Säubern der Sauen wäre natürlich sinnlos, wenn diese in schmutzige Abteile eingestallt würden. Deshalb werden alle Stallbereiche regelmäßig gewaschen. Dabei gehen Leimers nach einem festen Plan vor, wie ich anhand des Abferkelabteils selbst erfahre. Zunächst wird der Grobschmutz entfernt. Dafür leeren wir beispielsweise alle Sauen- und Ferkeltröge, kratzen den Kot aus den Buchten und klappen die Nestabdeckungen hoch.


Abends schalten wir dann die Einweichanlage ein, die die ganze Nacht auf Intervall laufen soll. Weil so alle verkrusteten Stellen gut durchnässt sind, können Josef Leimer und ich das Abteil am nächsten Tag zügig reinigen. Alles blitzt und blinkt wie neu, bin ich stolz auf unseren Waschdienst. Nachdem das Abteil abgetrocknet ist, desinfizieren wir es über die Einweichanlage und wischen anschließend die Tröge aus. Jetzt können die Sauen kommen!


Ein „Lexikon“ vom Tierarzt:

Damit in puncto Gesundheit wirklich nichts anbrennt, bekommen Leimers Anfang jeder Woche Besuch von ihrem Tierarzt, mit dem sie einen Vertrag zur Bestandsbetreuung abgeschlossen haben. Er geht gemeinsam mit Markus durch alle Abteile, um die Tiere zu kontrollieren und akute Probleme zu besprechen. „Dank seiner Hilfe konnten wir beispielsweise die Saugferkeldurchfälle minimieren, wodurch die Saugferkelverluste von 15 auf 10 % gesunken sind“, berichtet mir Markus zufrieden.


Von jedem Tierarztbesuch erhält er ein Protokoll, in dem steht, was dem Tierarzt aufgefallen ist, welche Maßnahmen besprochen wurden, was geändert werden sollte etc. Die Protokolle werden abgeheftet. Immer dann, wenn ein Problem, z.B. Ferkeldurchfall, ein weiteres Mal auftritt, können Leimers nachsehen, was ihnen der Tierarzt beim letzten Mal empfohlen hat. „Der Ordner ist für uns zu einem wichtigen Nachschlagewerk geworden“, lobt Markus Leimer.


Ich bin ebenfalls davon begeistert. Überhaupt beeindruckt mich, wie konsequent Markus in puncto Tiergesundheit und Hygiene vorgeht. Auch bei seiner Entscheidung für die Spezialisierung und beim Stallbau hat er sich nicht beirren lassen. Toll, dass ich während meines „Power-Praktikums“ diesen Einblick in seinen top geführten Betrieb erhalten habe. Deshalb nochmals vielen Dank an alle, die mir diese schöne und interessante Woche bereitet haben! -rk-

Die Redaktion empfiehlt

top + Schnupperabo: 3 Monate für 9,90 € testen

Alle wichtigen Infos zur Maissaussaat 2024 | Tagesaktuelle Nachrichten, Preis- & Marktdaten

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.