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MRSA – so können Sie sich schützen

Lesezeit: 7 Minuten

Landwirte und Tierärzte sind besonders MRSA-gefährdet. Wie Sie sich vor Infektionen schützen können, erläutern Dr. Katja Brase, Dr. Jürgen Harlizius und Dr. Robin Köck.*


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Von heute auf morgen ging nichts mehr. Peter Winter (Name geändert) konnte nicht mehr stehen, nicht mehr sitzen und nicht mehr laufen. Ständig verspürte er diese wahnsinnigen Schmerzen in den Beinen. „Bandscheibenvorfall“ diagnostizierte der Orthopäde und schickte den 35-jährigen Mäster ins Krankenhaus. Dort nahm man ihn stationär auf und operierte ihn gleich am nächsten Morgen.


So weit, so gut. Doch dann begann für Winter der Ärger. Denn während der Operation traf aus dem Labor der Befund ein: In einem Abstrich von Winters Nasenschleimhaut, der bei der Aufnahme auf die Station entnommen wurde, hatte man den gefürchteten Krankenhauskeim MRSA nachgewiesen!


Wie ein Aussätziger?

Direkt nach der Operation verfrachtete man den jungen Mäster deshalb in ein Isolierzimmer. Er durfte sich nicht mehr frei auf der Station bewegen und fühlte sich fast wie ein Aussätziger. Schwestern, Ärzte und Besucher mussten Schutzkleidung und Mundschutz tragen, wenn sie sein Zimmer betraten. Sogar die Reha-Maßnahme, die man ihm in früheren Gesprächen nach der OP empfohlen hatte, wurde ihm mit Verweis auf den MRSA-Befund plötzlich verweigert. Bei Lichte besehen hatte ihm der Nasenabstrich, in dem MRSA festgestellt wurde, nichts als Ärger und Unannehmlichkeiten eingebracht. Deshalb fragte sich Winter zu Recht, ob der Test überhaupt notwendig war. Geht von dem Erreger wirklich eine so große Gefahr aus?


Auf den ersten Blick nicht. Denn das Bakterium Staphylococcus aureus, zu dem auch der MRSA-Keim zählt, gehört zur normalen Flora des Menschen. Bis zu 60 % sind damit besiedelt – zumindest zwischenzeitlich. Der Erreger lebt, wie zahlreiche andere Bakterien auch, auf der Haut oder der Schleimhaut des Menschen, ohne Krankheitsbeschwerden auszulösen. Dabei bevorzugt Staphylococcus aureus den Bereich direkt am „Eingang“ der Nasenlöcher sowie Hautregionen, die reich an Talgdrüsen sind.


Schlimm wird es jedoch, wenn aus der ganz normalen Besiedlung durch Bakterien eine Infektion wird, die mit Krankheitsbeschwerden wie Fieber und Schmerzen einhergeht. Im Prinzip kann aus jeder normalen Besiedlung eine Infektion entstehen, wenn es dem Erreger gelingt, die Schleimhautbarriere zu überwinden und in die Tiefe des Gewebes einzudringen. Staphylococcus aureus kann dann unter anderem eitrige Haut- und Weichgewebeinfektionen wie Abszesse und Furunkel verursachen.


Normalerweise sind Infektionen durch Staphylococcus aureus gut mithilfe einiger Standardantibiotika behandelbar. Das ist jedoch anders bei Varianten des Bakteriums, die unempfindlich gegen diese Standardantibiotika geworden sind.


Liegt eine Resistenz gegen das wichtigste zur Behandlung eingesetzte Antibiotikum vor, spricht man vom Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus bzw. MRSA. In Deutschland wird manchmal auch die Abkürzung ORSA (Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus) verwendet. Gemeint ist aber dasselbe.


MRSA ist im Gegensatz zur normalen Staphylokokken-Variante, die bis zu 60 % der Menschen besiedelt und sich mit Standardantibiotika behandeln lässt, relativ selten. Nur 1 bis 2 % der Normalbevölkerung sind MRSA-Träger.


Tierhalter besonders gefährdet:

Auch bei Tieren kommt MRSA vor. Hunde, Katzen und auch Pferde können Träger des mehrfach resistenten Keimes sein. Die Rate liegt jedoch unter 5 %. Deutlich größer ist das Vorkommen bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich MRSA in 43 bis 70 % aller Schweine haltenden Betriebe nachweisen lässt. Eine Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verdeutlicht, dass die Situation in den meisten europäischen Ländern ähnlich ist. Und auch in der Rinder- sowie der Gefügelhaltung wird der MRSA-Keim gefunden.


Ähnlich wie beim Menschen besiedelt der Erreger die Schweine im Bereich der Nase. Infektionen – z. B. im Bereich von Wunden – entstehen allerdings selten. Durch genetische Fingerabdruckverfahren kann man die MRSA, die man in der Landwirtschaft findet (LA = livestock associated), von der klassischen menschlichen MRSA (HA = hospital associated = Krankenhauskeim) unterscheiden. In der Schweinehaltung kann man überwiegend die klonale MRSA-Linie „CC398“ nachweisen.


In den letzten Jahren häufen sich Meldungen über MRSA-Besiedlungen und Infektionen bei Menschen mit engem Tierkontakt, insbesondere bei Landwirten und Tierärzten. Studien zeigen, dass bis zu 86 % aller deutschen Schweinehalter mit MRSA in der Nase besiedelt sind.


Und auch Personen, die selbst keinen direkten Kontakt zu Tieren, aber regelmäßig engen Kontakt zu MRSA-besiedelten Menschen haben, können sich den Keim „einfangen“. So weiß man, dass in Deutschland etwa 4 bis 5 % der Familienangehörigen von MRSA-besiedelten Landwirten ebenfalls den MRSA-Keim auf der Nasenschleimhaut tragen.


Dennoch ist die Gefahr, die für die Gesamtbevölkerung vom LA-MRSA ausgeht, bislang gering. Denn Daten des nationalen Referenzlabors für Staphylokokken belegen, dass deutschlandweit weniger als 2 % aller MRSA-Infektionen beim Menschen auf LA-MRSA-Stämme zurückzuführen sind.


Das liegt vermutlich daran, dass die landwirtschaftlichen MRSA-Stämme bislang deutlich seltener Toxingene und andere typische Virulenzfaktoren besitzen als die menschlichen MRSA-Keime und wenig in der Allgemeinbevölkerung nachgewiesen werden – außer bei Landwirten. Das kann sich jedoch jederzeit ändern.


Hygiene, Hygiene, Hygiene:

Bislang gibt es kein Patentrezept, wie sich ein Landwirt, der mit MRSA-positiven Tieren arbeitet, vor einer Besiedlung schützen kann. Denn der Erreger ist überall im Stall verbreitet, auch im Staub und in der Gülle. Und es gibt auch noch keine Strategie, wie sich der Keim aus dem Bestand verdrängen ließe.


Deshalb ist es wichtig, einer Infektion durch Hygienemaßnahmen so gut wie möglich vorzubeugen. Der Erreger darf die Haut- und Schleimhautbarrieren gar nicht erst überwinden. Bei Verletzungen der Haut sollte man die Wunde daher gründlich säubern und mit einem Verband oder einem Pflaster abdecken, bevor man weiter im Stall arbeitet.


Damit der Keim nicht im Wohnbereich gestreut wird, sollten man zudem folgende Hygieneregeln beachten:


  • Waschen Sie sich nach dem Verlassen des Stalls konsequent die Hände;
  • wechseln Sie die Kleidung, wenn Sie vom Stall in den Wohnbereich gehen;
  • und waschen Sie die Stallkleidung regelmäßig.


MRSA schwierig zu behandeln.

Eine Infektion, die durch MRSA-Keime verursacht wird, ist nicht unbedingt schwerer oder aggressiver als eine Entzündung, die durch normale Staphylokokken ausgelöst wird. Sie muss aber anders behandelt werden. Anstelle von Standardantibiotika müssen so genannte Reserve-Antibiotika zum Einsatz kommen. Und genau hier liegt das Problem, denn:


  • Reserve-Antibiotika sind oftmals nicht so wirksam wie die Standardpräparate;
  • die Reserve-Antibiotika sind in der Regel teurer;
  • und bei einer schweren Infektion muss der Arzt schnell behandeln. Er kann nicht warten, bis das Ergebnis eines Resistenztests vorliegt und ihm das Antibiogramm zeigt, welches Mittel am wirksamsten ist. Der Arzt verordnet deshalb ein Medikament, von dem er erwartet, dass es am wirksamsten ist. Sicher kann er sich dabei aber nicht sein.


Auf MRSA untersuchen lassen:

Besonders gefürchtet sind MRSA-Infektionen im Krankenhaus. Denn hier bleibt es mitunter nicht bei oberflächlichen Entzündungen der Haut. Stattdessen besteht die Gefahr, dass der Keim über offene Operationswunden oder Gefäßkatheter tief in den Organismus eindringt. Knochen- bzw. Blutstrominfektionen und schwere Lungenentzündungen können die Folge sein.


Im Krankenhaus werden zur Vermeidung von MRSA-Infektionen daher Personal und Besuchern umfangreiche Hygienemaßnahmen abverlangt:


  • Bei der Aufnahme ins Krankenhaus oder besser noch vorher sollte aktiv nach MRSA-Trägern gesucht werden. Dazu erfolgt ein Nasen-Rachenabstrich mit einem Tupfer. Findet man MRSA-Träger, kann man vor einem Eingriff, bei dem ein Infektionsrisiko besteht (z. B. einer Operation), eine „Sanierungstherapie“ durchführen (s. Kasten auf Seiten S 17). Dadurch lässt sich das Infektionsrisiko für den Patienten senken.
  • MRSA-Träger werden anschließend in Einzelzimmern untergebracht, um zu verhindern, dass der Keim auf der Station weiter gestreut wird.
  • Und das Personal sowie andere Personen, die Kontakt mit dem MRSA-besiedelten Patienten haben, müssen Schutzkleidung tragen.
  • Ganz wichtig ist zudem das regelmäßige Desinfizieren der Hände.

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