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Pingpong zwischen PRRS, Circo und Influenza

Lesezeit: 7 Minuten

Über die fatalen Wechselwirkungen von PRRS-, Circo- und Influenzaviren berichtet Tierarzt Dr. Torsten Pabst, Dülmen.


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In den letzten Wochen häufen sich Berichte über Influenza-Probleme in den Schweinebeständen. Einzelne Mastschweine und Sauen husten, fiebern und leiden unter Appetitmangel. Und im Flatdeck kommt es zu massiven Atemwegs-problemen. Oftmals flackert in diesen Betrieben gleichzeitig auch die PRRS wieder auf, obwohl der Bestand lange Zeit stabil schien. Die Umrauschquote steigt an, ebenso die Abortrate. Und es werden vermehrt tote Ferkel geboren.


Die Influenza scheint das Immun-system der Tiere in diesen Beständen so stark zu beeinträchtigen, dass auch PRRS-stabile Herden plötzlich „kippen“. Auch andersherum gibt es eine Wechselwirkung. PRRS- und PCV 2-Viren belasten das Immunsystem ebenfalls, so dass die Tiere anfälliger werden für Influenzainfektionen. Es kommt zum Pingpong-Effekt zwischen allen drei Erregern. Und das kann unter anderem auch dazu führen, dass Impfungen plötzlich nicht mehr optimal wirken.


In einer amerikanischen Studie (Kitikoon et al. 2009) konnte dieser Effekt sehr deutlich gezeigt werden. Hier wurden die Schweine vor einer Influenza-impfung mit PRRSV infiziert. Dadurch war das Immunsystem zum Zeitpunkt der Impfung so stark beeinträchtigt, dass die Schweine keinen ausreichenden Impfschutz mehr aufbauen konnten. Als die Schweine anschließend mit Influenza infiziert wurden, erkrankten sie so stark, als ob sie vorher überhaupt nicht geimpft worden wären.


Um das Wechselspiel zwischen den drei Viruserkrankungen besser zu verstehen, ist es sinnvoll, zunächst den derzeitigen Stand jedes einzelnen Erregers genauer unter die Lupe zu nehmen.


PRRS: Lückenhafte Immunität


Starten wir mit dem PRRS-Virus. Es ist extrem wandlungsfähig. Deshalb kursieren zurzeit unterschiedliche Isolate in den Beständen, die sich in ihrer krankmachenden Wirkung voneinander unterscheiden. Die Stämme sind so unterschiedlich, dass sich nur teilweise eine Kreuzimmunität entwickeln kann. Daher wird kein optimaler Impfschutz erreicht.


Die Folgen dieses mangelhaften Impfschutzes verdeutlicht Übersicht 1. Hier sind die PRRSV-Nachweisraten in 731 Lungenspülproben von Flatdeckferkeln aus Westfalen dargestellt. Der Kurvenverlauf zeigt, dass die Nachweisrate seit 2007 bis zum dritten Quartal 2009 kontinuierlich gesunken ist. Ende 2009 bzw. Anfang 2010 stieg die Nachweisrate dann jedoch deutlich an, um im Verlauf des Jahres 2010 wieder abzufallen.


Für diesen drastischen Anstieg kann es mehrere Gründe geben. Erstens scheint es sich um Virusvarianten zu handeln, gegen die die Schweine bislang nur eine geringe Kreuzimmunität aufweisen. Dadurch konnte sich das Virus rasch in den Herden vermehren. Und zweitens könnte sich das Virus massiv über die Luft verbreitet haben. Aber auch andere Eintragsquellen wie das Ebersperma kann man nicht ausschließen.


Influenza: Überwiegend atypischer Verlauf


Die Influenza spielt beim Schwein zurzeit eine sehr große Rolle. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Sub-typen. Ursprünglich kamen in deutschen Schweinebeständen nur die beiden Subtypen H1 N1 und H3 N2 vor. Sie führen zu einem schlagartigen Krankheitsgeschehen in der ganzen Herde, das durch hohes Fieber von 41 °C bis 42 °C gekennzeichnet ist.


Die Tiere sind stark in ihrem Allgemeinbefinden gestört. Da das Virus vor allem die Lunge besiedelt, kommt es zu schweren Atemwegsinfektionen mit Husten und Flankenschlagen. In Sauenbetrieben können aufgrund des hohen Fiebers Aborte auftreten. Eine Heilung erfolgt meist innerhalb von fünf bis sieben Tagen, wenn nicht zusätzlich noch Infektionen mit Sekundärerregern auftreten.


Seit zehn Jahren spielt in Deutschland aber auch der neue Subtyp H1 N2 eine große Rolle. Er ruft bei den Schweinen eher einen untypischen, schleichenden Krankheitsverlauf hervor. Man spricht von chronischer Influenza.


Die chronische Influenza kann alle Tier- und Altersgruppen erfassen. Das Virus verursacht Aborte in verschiedenen Trächtigkeitsstadien. Es führt zu erhöhten Umrauschraten, reduzierter Futteraufnahme und Milchmangel. Die Tiere können fiebern, aber auch eine zu niedrige Körpertemperatur aufweisen. Die Würfe in infizierten Herden sind ungleichmäßig, und es treten vermehrt lebensschwache Ferkel auf.


Unter dem Strich kommt es durch die Influenza zu einer Schwächung des Immunsystems. Die Influenza ist daher oftmals Wegbereiter für Erreger wie PRRSV, APP, Streptokokken und E. coli.


Übersicht 2 zeigt das Ergebnis der 731 ausgewerteten Lungenspülproben westfälischer Flatdeckferkel. Es fällt auf, dass die Influenza wellenartig auftritt. Früher traten die meisten Influenzafälle in den Wintermonaten auf. Seit einigen Jahren verschiebt sich die Influenzawelle aber zunehmend in den Sommer.


PCV 2-Impfung bietet keinen lebenslangen Schutz


Das Porcine Circo Virus vom Typ 2 (PCV 2) ist eine sehr kleines Virus, allerdings mit großer Wirkung. Da es direkt das Immunsystem schädigt, ist die Palette der mit dem Circovirus in Verbindung stehenden Erkrankungen lang, wie Übersicht 3 verdeutlicht. Als Symptomkomplexe unterscheidet man das Kümmern nach dem Absetzen (PMWS), die Haut-Nieren-Form (PDNS), die starke Lungenentzündung (PNP), die Atemwegsinfektion (PRDC) und Störungen der Fruchtbarkeit (SAMS).


Im Rahmen der von uns durchgeführten Lungenspülungen hat die PCV 2-Nachweisrate seit 2006/2007 kontinuierlich abgenommen. Diese Beobachtung steht in direktem Zusammenhang mit der Zulassung des ersten Circoimpfstoffes für Sauen und dem Beginn der Ferkelimpfungen mit Ausnahmegenehmigung nach § 17c des Tierseuchengesetzes.


Inzwischen wird zwar ein Großteil der Ferkel gegen PCV-2 geimpft. Und die zugelassenen Impfstoffe weisen eine sehr gute Wirksamkeit auf. Dennoch spielt das PCV 2-Virus nach wie vor eine große Rolle. Fakt ist, dass bei den Ferkeln trotz Impfung keine lebenslange Immunität gegen das Circovirus erzielt wird. Die weiblichen Tiere, die als Jungsauen aufgezogen werden, können sich daher durchaus bei ihrer Eingliederung in die Sauenherden wieder infizieren. Jeder Ferkel-erzeuger sollte deshalb das PCV 2-Geschehen in seiner Sauenherde genau beobachten und zumindest die Jungsauen bei der Eingliederung erneut gegen das Circovirus impfen.


Wechselspiel zwischen den Erregern


Wie beschrieben entfaltet jeder Erreger für sich seine krankmachende Wirkung im Bestand. Das Fatale an der derzeitigen Situation ist jedoch, dass oftmals alle drei Viren gemeinsam auf die Schweine einwirken und es zu Wechselwirkungen zwischen PRRS-, Influenza- und PCV 2-Viren kommt.


Das Fruchtbarkeitsgeschehen der Sauen wird z. B. von allen drei Erregern negativ beeinflusst. Treten im Bestand Furchtbarkeitsprobleme auf, kann man daher allein aufgrund des klinischen Bildes nicht darauf rückschließen, durch welchen Erreger die klinischen Symptome ausgelöst wurden.


Die Ursachenforschung muss deshalb breit angelegt sein und darf sich nicht nur auf einen Erreger beschränken. Dabei müssen auch andere Keime wie Chlamydien und Leptospiren abgeklärt werden. Grundsätzlich gibt es dazu zwei Möglichkeiten: Den direkten Erregernachweis per PCR oder den indirekten Nachweis von Antikörpern (siehe Kasten).


Altersgruppen sauber voneinander trennen


Für den Landwirt ist entscheidend, dass er den eigenen Bestand so gut wie möglich vor dem Eintrag des Erregers bzw. vor den Folgen einer Erkrankung mit dem Erreger schützt. Es muss sowohl die Gefahr der Einschleppung des Erregers von außen als auch die Gefahr der weiteren Übertragung innerhalb des Bestandes minimiert werden.


Die Haupteintragsquelle in den Bestand sind Zukauftiere. Ferkelerzeuger sollten deshalb nur Jungsauen mit kontrolliertem Gesundheitsstaus zukaufen. Die Jungsauen dürfen erst dann in die Sauenherde eingegliedert werden, nachdem sie eine sechs- bis achtwöchige Quarantäne durchlaufen haben.


Es ist ratsam, die Jungsauen während der Quarantänezeit gegen Influenza-, PRRS- und Circoviren zu impfen, damit die Jungtiere optimal gegen diese Keime geschützt sind, wenn sie mit der Herde in Kontakt kommen. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Viren massiv in den Jungsauen vermehren und dadurch der Erregerdruck in der Herde steigt.


Darüber hinaus ist wichtig, die Übertragung der drei Erreger innerhalb des Bestandes auf ein Minimum zu begren-zen. Der Grundstein dafür muss bereits bei der Planung und Anordnung der Stallgebäude gelegt werden. Die Aufzucht, in der die meisten Infektionen erfolgen, sollte baulich sauber von den Sauen getrennt sein, damit der Erregerdruck für den Sauenbestand minimiert wird. Zudem ist es ratsam, in den einzelnen Stallbereichen gesonderte Kleidung und Gerätschaften zu benutzen. Am besten lässt sich dies kontrollieren, wenn Kleidung und Gerätschaften für die einzelnen Stallbereiche farblich unterschiedlich gekennzeichnet werden.


Tiere möglichst wenig mischen


Grundsätzlich gilt: Je älter die Schweine sind und je weniger Erreger das Tier zum gleichen Zeitpunkt befallen, desto geringer fallen die Folgen der Infektion aus. Deshalb sollte man die Tiere so wenig wie möglich mischen. Im Saugferkelalter kann allenfalls direkt nach der Biestmilchaufnahme ein Wurfausgleich stattfinden. Im Flatdeck hingegen sollte man die Würfe dann möglichst beisammen halten.


Neben optimalen Hygiene- und Haltungsbedingungen spielen vorbeugende Impfungen eine entscheidende Rolle. In Regionen mit intensiver Schweinehaltung ist es empfehlenswert, die Sauen generell gegen PRRSV und Influenza zu impfen. Ob die Sauenherde auch gegen PCV 2 vakziniert werden sollte, muss im Einzelfall diagnostisch geklärt werden.

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