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„Unser Stall steht seit sechs Monaten leer“

Lesezeit: 4 Minuten

Der Maststall von Karsten Ilse liegt im ASP-gefährdeten Gebiet. Um die wirtschaftlichen Verluste zu begrenzen, hat er die Abteile seit elf Monaten schrittweise leergefahren.


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Still ist es geworden im Maststall von Karsten Ilse, mucksmäuschenstill. Denn seit dem 19. April stehen die Abteile seines 1500er-Maststalles im brandenburgischen Letschin leer. Um die finanziellen Verluste zu begrenzen, stallt der 47-Jährige schon seit elf Monaten keine neuen Mastferkel mehr auf. Doch die Kredite, die er für den Bau und die Modernisierung des Stalles aufgenommen hat, laufen weiter.


Neue Existenz im Osten


Nach dem Studium ist der Agraringenieur vor knapp 30 Jahren zusammen mit seinen Eltern von Paderborn in den Oderbruch gezogen, um sich hier, nur 10 km Luftlinie von der polnischen Grenze entfernt, eine neue Existenz aufzubauen. Er startete 1993 zunächst mit 160 ha Ackerbau und einer neuen Maschinenhalle. Vier Jahre später baute er dann einen Maststall und stockte den Ackerbau durch Flächenzukauf bzw. Zupacht auf heute 850 ha auf.


Ursprünglich wollte er auch die Schweinemast weiter ausbauen. Zeitweise dachte er sogar über den Einstieg in die Ferkelerzeugung nach und liebäugelte mit einem geschlossenen System. Heute ist er froh, dass er sich stattdessen für den Ackerbau entschieden hat. Denn seitdem am 30. September 2020 im Landkreis Märkisch-Oderland das erste ASP-infizierte Wildschwein gefunden wurde, liegt der Hof von Karsten Ilse im Gefährdeten Gebiet.


ASP-Vermarktungsstopp


„Von einem auf den anderen Tag nahmen die Schlachthöfe in Weißenfels und Perleberg, an die ich sonst geliefert habe, keine Mastschweine mehr aus dem gesamten Kreis Märkisch-Oderland ab“, erinnert sich der Landwirt. Damit die Tiere nicht zu schwer wurden, fütterte Ilse zunächst eine dünnere Futtersuppe. Trotzdem erreichten die schlachtreifen Schweine, die er dann einige Wochen später an den Schlachthof Kellinghusen in Schleswig-Holstein liefern konnte, locker 120 kg Schlachtgewicht (SG).


Ilse entschied sich daher, seine Mastabteile schrittweise leerzufahren und die Schweinemast bis auf Weiteres einzustellen. Um den Ferkelerzeuger, von dem er seit Jahren seine Ferkel bezog, nicht hängen zu lassen, nahm er zwar noch einige Zeit Ferkel ab. Seit dem 19. April 2021 steht der Stall jedoch leer. „Und so wie ich haben sich die meisten meiner Mästerkollegen in den Restriktionsgebieten entschieden“, berichtet Ilse.


Kredite laufen weiter


Ilses Problem ist jedoch, dass die Kredite weiterlaufen. Offen sind noch ein Darlehen von der Investitionsbank Brandenburg über 180000 €, die der Landwirt für den Stallbau aufgenommen hat und ein Darlehen über 100000 €, mit dem er vor drei Jahren die Modernisierung der Fütterungs-, Heizungs- und Wasseraufbereitungsanlage des Stalles finanzierte. „Hier schieße ich im Moment Geld aus dem Ackerbau zu“, sagt Ilse.


Das Land Brandenburg erstattet zwar einen Teil der ASP-bedingten Untersuchungs- und Transportkosten. „Die 20000 €, die wir aufgrund der De-minimis-Regelung der EU alle drei Jahre vom Land bekommen können, sind jedoch ein Witz. Für Landwirte, die von der Schweinehaltung leben müssen, ist das allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein“, beklagt Ilse, der ein Soforthilfeprogramm des Bundes für dringend erforderlich hält. Ansonsten sehe er schwarz für die Schweinehaltung in Brandenburg.


Bund ist gefordert


Der Bund zeigt hier aber bisher keine Bereitschaft. Das liegt nach Meinung von Karsten Ilse auch daran, dass in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen nur vergleichsweise wenig Schweine gehalten werden. Die Chance für ein Umdenken der Politik sieht er erst, wenn die Afrikanische Schweinepest auch veredelungsintensive Regionen in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen erreicht.


Eine weitere Ausbreitung der Seuche gen Westen müsse jedoch mit allen Mitteln verhindert werden. Deshalb fordert Ilse, der sich auch in der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Brandenburgs engagiert, dass die Nordsüd-Autobahnen A4, A10, A11, A13 A15, A17 und A20 jetzt so schnell wie möglich wildschweinsicher eingezäunt und die Auf- und Abfahrten durch Weideroste gesichert werden, die die Schwarzkittel nicht überwinden können. „Wir brauchen dringend eine Wildschweinbarriere im Inland“, ist Ilse überzeugt. Darüber werde zwar seit Monaten diskutiert. Getan habe sich bisher aber wenig, so der Landwirt. Zudem müssen der doppelte Zaun sowie die Weiße Zone entlang der deutsch-polnischen Grenze so schnell wie möglich fertiggestellt werden, um ein weiteres Einwandern von ASP-infizierten Wildschweinen aus Polen zu verhindern. Und es muss endlich ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden, wie die Weißen Zonen wildschweinfrei werden.


„Mit dem Bau des doppelten Zaunes hätte bereits 2019 begonnen werden müssen, als die Afrikanische Schweinepest Westpolen erreichte. Denn spätestens dann war Gefahr im Verzug und der Bund hätte die nötige Rechtsgrundlage für den Bau des Zaunes auf deutschem Hoheitsgebiet schaffen müssen. Hätte man rechtzeitig reagiert, wäre uns viel Leid erspart geblieben“, ist Karsten Ilse überzeugt.-lh-

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