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Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Bundesrat vertagt Entscheidung zum Kastenstand

Die Hoffnung war groß, dass der Bundesrat heute eine Entscheidung zur künftigen Haltung von Sauen in Kastenständen trifft. Nun hat die Länderkammer die Abstimmung abgesetzt.

Lesezeit: 10 Minuten

Eigentlich wollte der Bundesrat heute über einen Verordnungsentwurf der Bundesregierung zur Haltung von Sauen in Kastenständen entscheiden. Heute Morgen aber hat die Länderkammer den Tagesordnungspunkt kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen. Es kommt daher zum wiederholten Male nicht zu einer Entscheidung über die Regierungspläne, den Kastenstand neu zu regeln.

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Wie top agrar erfuhr, sollen einige Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung (G-Länder) kurzfristig einen Rückzieher gemacht haben und den von NRW und Schleswig-Holstein ausgehandelten Kompromiss entgegen früherer Ankündigungen doch nicht mehr unterstützen.

Eine wichtige Rolle für den Rückzieher soll das Anfang dieser Woche von der Bundesregierung verabschiedete Konjunkturpaket- und Krisenbewältigungspaket gespielt haben. Darin heißt es unter Punkt 55, dass der Bund mehr Tierwohl gewährleisten will und 300 Mio. € für den Stallumbau in der Nutztierhaltung bereitstellen wird. Konkret sollen Umbauten gefördert werden, die helfen, dass Kastenstandurteil zeitnah umzusetzen.

Ein zweiter Grund für den „grünen Rückzieher“ soll sein, dass der von Schleswig-Holstein mitverhandelte Kompromiss auf massive Kritik innerhalb des grünen Lagers gestoßen ist. In einigen Bundesländern soll es kein Verständnis dafür gegeben haben, dass der Kompromiss auch die Handschrift einer Landesregierung mit grüner Beteiligung trägt. „Zuerst haben die Grünen aktiv am Kompromiss mitgearbeitet, nun haben sie diesen gezielt torpediert“, heißt es dazu aus Berliner Politikkreisen.

Für Schweinehalter ist das erneute Vertagen der Entscheidung ein tiefer Schlag in die Magengrube. Viele Ferkelerzeuger hatten gehofft, dass sie nach jahrelangem Tauziehen endlich Rechtssicherheit bekommen. Wie es jetzt weitergeht, ist völlig offen. Die nächsten Buundesratssitzungen finden am 3. Juli und 18. September statt.

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S T I M M E N

von Alfons Deter

DBV: Bauern sind die Opfer

Wenig Verständnis hat der Deutsche Bauernverband. „Nach jahrelanger intensiver Diskussion und Kompromisssuche muss jetzt eine Entscheidung möglich sein, die die Schweinehaltung in Deutschland nicht ins Aus befördert“, so DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.

„Die Tierhalter sind Opfer eines politischen Schönheitswettbewerbs, in dem das Interesse an einer echten Lösung offensichtlich keine Rolle mehr spielt.“ Ohne eine tragfähige und zeitnahe Regelung würde sich die Ferkelerzeugung noch mehr ins Ausland verlagern. Schon jetzt werden fast 12 Millionen Ferkel pro Jahr importiert.

Nach der letzten Verschiebung der Entscheidung im Februar hatten die Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein den Auftrag bekommen, einen Kompromiss zu suchen. Hierüber wurde nun wieder nicht entschieden.

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Heidl: "Rabenschwarzer Tag"

„Wir sind fassungslos, dass es politisch offenbar nicht möglich ist, einen vernünftigen tragbaren Kompromiss zustande zu bringen, der unseren Sauenhaltern die so dringend benötigte Planungssicherheit und Zukunftsperspektive gibt“, sagt der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl.

„Verschiedene grün beeinflusste Bundesländer scheinen offenbar überhaupt keine Skrupel zu haben, jeglichen Kompromiss zu blockieren. Daraus lasse sich nun leider nur noch eines ableiten: Diese politischen Kräfte wollen unsere Tierhaltung durch die Hintertür abschaffen. Dies ist ein rabenschwarzer Tag nicht nur für unsere Sauenhalter, sondern auch für die Verbraucher und den Tierschutz! Denn es geht hier um die Zukunft gerade von kleinen und mittleren Betrieben sowie um die Versorgung unserer Bevölkerung mit regional erzeugtem Schweinefleisch, das gerade auch für kurze Transportwege steht", so Heidl.

Statt die heimische Schweinehaltung zu erhalten und weiterzuentwickeln, lasse die Politik die Betriebe weiter im Ungewissen. "Dieser Politzirkus ist unerträglich und verstärkt so den ohnehin schon ausgeprägten Rückgang unserer Sauenhalter. In den letzten zehn Jahren haben mehr als die Hälfte der bayerischen Sauenhalter aufgehört. Von 2018 auf 2019 waren es allein knapp zehn Prozent“, verdeutlicht der Präsident.

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Brandenburger Bauern fordern Entscheidung!

„Wir fordern endlich eine Entscheidung! Wir warten seit dem „Magdeburger Urteil“ vor beinahe 5 Jahren auf eine neue Verordnung, die endlich Rechtssicherheit und Planbarkeit für unsere Schweinehalter bringen soll. Das ist zermürbend“, erklärt Hans Christian Daniels, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Schweinezucht (IGS) aus Brandenburg.

„Dass die Politik scheinbar nicht in der Lage ist, einen gemeinsamen Weg zu finden, ist ein Armutszeugnis. Wir erleben hier ein politisches Ränkespiel auf Kosten der Schweinehalter“, ergänzt auch LBV-Präsident Henrik Wendorff. LBV und IGS fordern die politisch Verantwortlichen auf, zu einer konstruktiven und sachlichen Diskussion zurückzukehren. Die Schweinehalter benötigen zeitnah eine Entscheidung mit angemessenen Übergangsfristen und entsprechenden Anpassungen im Bau- und Umweltrecht.

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Beringmeier: „Wir brauchen endlich Klarheit, wie es weitergehen soll!“

Auch beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) stößt die Entscheidung auf völliges Unverständnis. Verbandspräsident Hubertus Beringmeier und Carsten Spieker, Sprecher der Ferkelerzeuger in Westfalen-Lippe, sind tief enttäuscht über die fehlende Kompromissfähigkeit in der Berliner Länderkammer: „Unsere Sauenhalter brauchen endlich die Klarheit, wie es auf den Höfen weitergehen kann. Nach jahrelanger Diskussion um die Gestaltung des sogenannten Deckzentrums in Ferkelerzeugerbetrieben muss endlich Planungssicherheit geschaffen werden. Ohne Perspektive für die heimischen Landwirte wird sich die Ferkelerzeugung noch stärker ins Ausland verlagern. Bereits heute werden fast 12 Millionen Ferkel aus den Niederlanden und Dänemark nach Deutschland importiert.“

Laut Beringmeier und Spieker haben die Grünen mit ihrer Verhinderungstaktik dem Tierschutz einen Bärendienst erwiesen und würden das Aus vieler Ferkelerzeuger in Kauf nehmen. Die geplante Umsetzung der Nutztierhaltungsverordnung bedeute erhebliche Umbauarbeiten für die Betriebe, die nicht nur sehr teuer werden und zudem planungsrechtlich die Betriebe vor erhebliche Hürden stellt. „Wir fordern deshalb nicht nur eine angemessene Übergangszeit, sondern auch unverzüglich mit der Arbeit an den rechtlichen Voraussetzungen beim Baugesetzbuch und beim Immissionsschutzgesetz

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Tierschutzbund: Verschiebung bedeutet auch Hoffnungsschimmer

Auch Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, hätte sich eine Entscheidung gewünscht, damit die gültige Rechtsprechung „nicht länger ignoriert wird“, wie er sagte. Nun gehe das politische Gefeilsche um die Sau weiter.

„Nichtsdestotrotz ist es schon eine Leistung, dass das Verfahren um den Kastenstand und die angestrebte Änderung der Verordnung so lange offengehalten werden konnten – wo doch sonst schnellstmöglich im Sinne der Agrarlobby entschieden wird. Die schlimmsten Pläne von Bundesministerin Klöckner konnten verhindert werden. Somit bedeutet die Vertagung auch einen Hoffnungsschimmer: Hoffnung darauf, dass die Qual der Sau doch noch beendet wird“, so Schröder.

Nach Ansicht des Verbandes ist eine sofortige Umsetzung des Magdeburger Urteils möglich – auch ohne überfordernde wirtschaftliche Folgen. Die Sauen müssten ihre Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können, dabei dürften weder bauliche Hindernisse noch benachbarte Sauen im Wege sein. Der Landkreis Jerichower Land, in dem der Prozess um die Kastenstandhaltung angestoßen wurde, habe gezeigt, dass dies machbar ist: Kein Sauenhalter dort sei abgewandert oder habe aufgegeben, so Schröder weiter.

„Eine weitere Duldung der rechts- und tierschutzwidrigen Kastenstandhaltung darf dagegen keine Option sein – auch nicht für weitere acht Jahre im Deckbereich, wie es der eingebrachte Änderungsantrag aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen als Kompromiss vorsah. Wenn wir eines unter der amtierenden Koalition gelernt haben, dann, dass auf gesetzte Fristen kein Verlass ist.“

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FDP: Grüne blockieren

Ernüchtert zeigt sich Carina Konrad von der FDP im Bundestag: "Schlimmer konnte es nicht kommen! Die Frage, ob es den Grünen um bessere Tierhaltung oder um die Vernichtung von Existenzen geht, wurde heute im Bundesrat beantwortet. Statt endlich Rechts- und Planungssicherheit herzustellen, blockieren die Grünen den guten Kompromiss, der zwischen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ausgehandelt wurde. Für mich ein Déjà-vu-Erlebnis zur Düngeverordnung, das mich schaudern lässt. Die heutige Entscheidungsverweigerung des Bundesrats ist ein schwarzer Tag für die deutsche Tierhaltung und ein Schlag ins Gesicht für alle, die mehr Tierwohl wollen."

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Grüne: Leid der Muttersauen beenden

„Die Haltungsbedingungen von Millionen Muttersauen in ganz Deutschland sind erbärmlich“, erklärt der Sprecher für Tierwohl der Landtags-Grünen, Paul Knoblach. Seiner Überzeugung nach muss die Tierschutz-Nutztierhaltungsordnung geändert, die Fixierung der Muttersauen umgehend beendet und die Übergangsfrist von 17 Jahren bei der Umstellung deutlich verkürzt werden.

Zu einer tiergerechten Schweinehaltung gehört laut Knoblach aber noch sehr viel mehr als die Möglichkeit, die Gliedmaßen frei auszustrecken: Stroheinstreu, Beschäftigungsmaterial, frische Luft und ein Verzicht auf Vollspaltenböden, Kastration und Schwänze kupieren.

Die agrarpolitische Sprecherin Gisela Sengl verweist auf Sachsen-Anhalt: „Da zeigt sich, dass es möglich ist, mit dem Umbau sofort zu beginnen. Ziel ist es, Sauen in Gruppen zu halten, ohne jede auch noch so kurze Einzelfixierung.“ Zudem müsse die Landwirtschaft umgestellt werden. „Wir brauchen eine nachhaltige bayerische Schweinehaltung. Da muss das CSU-Landwirtschaftsministerium endlich in die Gänge kommen und Mittel und Wege finden, um Beratung und Förderung dahingehend zu gestalten.“

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Dalbert: Gruppenhaltung ist der Standard für den Stall der Zukunft

Für Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin Prof. Claudia Dalbert (Grüne) stellen die im Entwurf vorgelegten Vorgaben einen Rückschritt gegenüber der geltenden Rechtslage dar. Diese Rechtslage gilt seit 1992. "Mit dieser Verordnung würde ein rechtswidriger Zustand für weitere 10 Jahre zementiert. Nicht einmal das Mindeste an Tierschutz wäre den Sauen gegönnt gewesen. Die Verordnung muss überarbeitet werden, damit artgerechte und moderne Tierhaltung möglich wird. Solange die Verordnung nicht im Einklang mit der gültigen Rechtsprechung ist, wird Sachsen-Anhalt im Bundesrat nicht zustimmen.“

Der Stall der Zukunft ist ihrer Ansicht nach die Gruppenhaltung. Das sei tierwohlgerecht und müsse gefördert werden, nicht der Umbau der Kastenstände. Umgebaute Kastenstände würden laut Dalbert lediglich die geltende Rechtslage widerspiegeln, die nur den Minimalstandard fordert. "Wenn wir den Umbau in den Ställen mit Steuergeld fördern, dann muss es eine tierwohlgerechte Gruppenhaltung sein. Unsere Landwirte brauchen Planungssicherheit, um in den Stall der Zukunft investieren zu können“, erläuterte die Ministerin ihre Forderungen.

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Höfken: Brauchen mehr Zeit

„Durch die Absetzung heute besteht jetzt Zeit, um echte Verbesserungen für die Zuchtsauenhaltung auszuarbeiten und dann mit einer Mehrheit diese auch umzusetzen. Besonders wichtig ist dabei die Ausrichtung der Förderungen nur auf zukunftsfähige, aber vor allem tiergerechte Stallsysteme“, sagte Ulrike Höfken, die rheinland-pfälzische Umweltministerin (Grüne).

Sie will weg von der Kastenhaltung hin zu modernen Gruppenhaltungssystemen, die arttypischeres Verhalten ermöglichen, sagte sie am Rande der Bundesratssitzung. Damit wolle sie besonders die bäuerlichen Betriebe in Rheinland-Pfalz unterstützen.

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Backhaus: "Das Gegenteil von guter Poilitik"

"Ich bedauere diese erneute „Nicht-Entscheidung“. Dabei ist doch klar: Wer nicht entscheidet, verändert nichts - aber der wird verändert", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus.

Auch sein Vorschlag, Betriebe höher zu fördern, die im Sinne des Tierschutzes schneller ihre Ställe umbauen, wurde nicht berücksichtigt. Die Chance, den seit 2015 in der Diskussion stehenden „Tierschutz-TÜV“ endlich voranzubringen und damit für bessere Haltungsbedingungen zu sorgen, sei erneut vertan worden. "Für die Sauenhalter bedeutet das: Weiterhin keine Rechtssicherheit, keine Planungssicherheit, keine Zukunftsperspektive."

In der Konsequenz würden weitere Betriebe aufgeben. Die Wertschöpfung werde ins Ausland abwandern. "Dort haben wir dann erst recht keinen Einfluss auf die Haltungsbedingungen und obendrein werden die Transportwege immer länger. Die Weigerung der Grünen, über den Bundesrat einem Kompromiss in der Sauenhaltung zuzustimmen, bedeutet in der Konsequenz: Weniger Tierschutz, mehr Umweltbelastung und den Verlust von Arbeitsplätzen. Das ist das Gegenteil von guter Politik.“

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Hauk: Bauern nicht weiter im Regen stehen lassen

„Wir dürfen unsere Schweine haltenden Betriebe nicht länger im Regen stehen lassen. Oberstes Ziel muss jetzt sein, schnell an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um eine praxisgerechte Lösung auf den Weg zu bringen, die die Belange des Tierschutzes und der Ferkelerzeugung gleichermaßen berücksichtigt“, sagte der baden-württembergische Agrarminister Peter Hauk.

Um eine Einigung zu erzielen, hatte Hauk dafür plädiert, dass Baden-Württemberg dem Kompromissantrag von Nordrhein-Westfalen zustimmt. Dieser sieht eine Übergangsfrist von bis zu zehn Jahren vor. Dieser Zeitraum gebe den Bauern Planungssicherheit und zumindest etwas Zeit, ihre Betriebe auf die neuen Anforderungen umzustellen.

„Unser Ziel ist, dass die Schweineproduktion in Baden-Württemberg eine Perspektive hat. Viele Betriebe haben der Ferkelerzeugung bereits den Rücken gekehrt. Wenn wir die weitgehend in bäuerlichen Familienbetrieben begründete Sauenhaltung in Baden-Württemberg erhalten und Strukturbrüche vermeiden wollen, müssen wir jetzt vernünftige Rahmenbedingungen schaffen“, betonte Hauk abschließend.

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