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Tiermehl-Verbot aufgehoben: Jetzt tierisches Protein verfüttern?

Tierische Nebenprodukte gehen zumeist in die Haustierfutterproduktion. Nun dürfen auch Schweine und Geflügel wieder mit Tiermehl gefüttert werden. Die Futtermischer sind allerdings zurückhaltend.

Lesezeit: 5 Minuten

Die EU-Kommission hat das nach der BSE-Krise 2001 beschlossene Verbot der Verfütterung von verarbeitetem tierischem Protein aufgehoben. Theoretisch dürfen Schweine und Geflügel wieder damit gefüttert werden. Branchenkenner dämpfen allerdings die Euphorie, siehe Infos unten.

Zunächst aber eine Einordnung von Jochen Krieg von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Wir sprachen mit ihm über die neuen Möglichkeiten.

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Interview

Verarbeitetes tierisches Protein darf in der EU wieder an Schweine verfüttert werden. Seit wann ist der Einsatz erlaubt?

Krieg: Die gesetzlichen Änderungen sind am 7.09.21 in Kraft getreten. Verarbeitetes Geflügelprotein darf seitdem wieder an Schweine verfüttert werden. Das Verfüttern von Schweineprotein an Schweine bleibt hingegen verboten. Für Betriebe, die neben Schweinen auch Geflügel oder Wiederkäuer halten, gelten besondere Regeln, um z.B. eine Vermischung der Chargen zu verhindern.

Wie hoch ist der Proteingehalt im Geflügelmehl?

Krieg: Der Proteingehalt liegt meist zwischen 50 und 75 %, er ist also relativ hoch. Er kann je nach Knochenanteil zudem von Charge zu Charge stark schwanken. Bei hohen Aschegehalten z.B. sinkt er stark. Auf keinen Fall darf deshalb mit Standardfutterwerten gerechnet werden!

Welche Vorteile hat tierisches Protein gegenüber pflanzlichem Eiweiß?

Krieg: Neben dem hohen Rohproteingehalt ist der hohe Anteil an schwefelhaltigen Aminosäuren und Isoleucin von Vorteil. Die Gehalte liegen deutlich über denen von Sojaextraktionsschrot und Körnerleguminosen. Zudem ist die gegenüber pflanzlichen Futtermitteln hohe Phosphorverdaulichkeit positiv zu bewerten.

In welchen Produktionsstufen bietet sich der Einsatz von tierischem Protein an?

Krieg: Eingesetzt werden können Geflügelmehle prinzipiell bei allen Schweinen. Ob es sinnvoll ist, hängt nicht zuletzt vom Preis ab. Aktuell gehen alle Tiermehle in den Heimtierbereich. Durch die große Nachfrage sind sie dementsprechend teuer.

Hochwertige und zumeist teure Produkte bieten sich in der Ferkelfütterung an. Aufgrund der hohen Carnitingehalte macht der Einsatz auch in der Sauenfütterung Sinn. In der Mast sieht das Bild etwas anders aus. Der hohe Proteingehalt macht den Einsatz in größeren Mischungsanteilen in der Mittel- und Endmast uninteressant. Das gilt v.a. für Betriebe, die stickstoffreduziert füttern.

Wie kann tierisches Protein sinnvoll mit Pflanzlichem kombiniert werden?

Krieg: Aufgeschlossene pflanzliche Proteinträger können z.B. mit hoch verfügbaren tierischen Proteinquellen kombiniert werden. Und in Mischungen mit Erbsen kann das Aminosäuremuster durch tierisches Protein gezielt ergänzt werden.

Wann sollte man auf tierisches Protein verzichten?

Krieg: Ich sehe aktuell keinen Grund, grundsätzlich vom Einsatz abzuraten. Nur wenn im Schweinebetrieb gleichzeitig Rinder oder Geflügel gehalten werden, sollte man die höheren Auflagen beachten.

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Tiermehlverbot zwar aufgehoben, es gibt aber keinen Markt

Warum die Futtermittelhersteller selbst aber noch zurückhaltend sind, berichtete die Tagesschau. Denn die Firmen hatte sich nach 2001 neu ausgerichtet. So gehen die tierischen Nebenprodukte - in Deutschland rund 1,9 Mio./t im Jahr - heute hauptsächlich ins Heimtierfutter. Ein geringer Anteil wird zu Düngemitteln verarbeitet oder geht in den Export. Da der Absatz in der Heimtiernahrungs-Industrie aufgrund der hohen Weltmarktpreise für tierisches Protein derzeit aber boomt, erwarten Insider, dass für den landwirtschaftlichen Bereich nicht viel übrigbleiben wird.

Rainer Berndt, Geschäftsführer der Berndt GmbH, betreibt in Bayern an mehreren Standorten Werke für die Aufarbeitung von Speiseresten und tierischen Nebenprodukten, heißt es im Tagesschaubericht weiter. Er bezweifelt, dass sich in Mitteleuropa ein nennenswerter Markt für Tiermehl im Nutztierfutter finden wird. Dazu komme, dass es sehr aufwändig sei, sortenreines tierisches Protein herzustellen. Speziell in Bayern hätten auch Schlachtbetriebe gar nicht die entsprechende Größe, um die dafür nötige Ware in ausreichender Menge abzugeben. Eine gemischte Verarbeitung von Geflügel und Schwein aber lässt das Gesetz nicht zu.

Inwieweit Mischfutter-Hersteller künftig überhaupt tierische Proteine in Geflügel- oder Schweinefutter einsetzen werden, ist laut der Nachrichtensendung noch völlig unklar. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT), Peter Radewahn, betont, dass Anlagen, die Futter für mehrere Tierarten produzieren, tierische Proteine gar nicht einsetzen könnten. Schon aus Sicherheitsgründen bestehe "null Toleranz".

Das bedeutet: Würden bei Kontrollen nur geringste Mengen zum Beispiel von Geflügel-Material in Geflügelfutter oder Schweinematerial in Schweinefutter festgestellt, dürfte die Anlage nicht weiter produzieren. Eine vollkommen verschleppungsfreie Produktion, so Radewahn laut Tagesschau, sei in einem großtechnischen Werk, in dem mehrere Tausend, teilweise auch mehrere Zehntausend Tonnen pro Jahr durchlaufen, jedoch kaum realisierbar.

Radewahn erklärt, dass man zunächst alle Auflagen, die von behördlicher Seite an die Werke gemacht würden, detailliert kennen müsse, bevor Entscheidungen getroffen werden könnten. Der europäische Futtermittelverband Fefac schätzt, dass EU-weit die erforderliche sortenreine Trennung derzeit nur etwa 10 % der Futtermühlen gewährleisten könnten.

Gut zu wissen: Lange gab es keine geeignete Analysemethode, mit der das Vorhandensein von Schweine- oder Geflügelmaterial in Futtermitteln nachgewiesen werden konnte. Das aber ist die Voraussetzung, dass nach wie vor das sogenannte Inter-Spezies-Verfütterungsverbot eingehalten wird. Es verbietet die Fütterung von Geflügelproteinen an Geflügel sowie Schweineproteinen an Schweine. Mittlerweile gibt es aber Nachweisverfahren auf Basis der Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

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