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Wie sehen die Mastställe von morgen aus?

Verbraucher fordern bessere Haltungsbedingungen für Mastschweine. Aber welche Wünsche lassen sich in bestehenden Mastställen überhaupt umsetzen? top agrar hat das mit Stallbauexperten diskutiert. Erinnern Sie sich noch an die Mastställe der 60er- und 70er-Jahre?

Lesezeit: 8 Minuten

Verbraucher fordern bessere Haltungsbedingungen für Mastschweine. Aber welche Wünsche lassen sich in bestehenden Mastställen überhaupt umsetzen? top agrar hat das mit Stallbauexperten diskutiert.


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Erinnern Sie sich noch an die Mastställe der 60er- und 70er-Jahre? Verschmutzte Teilspaltenbuchten, Fenster, kaum größer als ein Bullauge, und verstopfte Schilfmatten im Zuluftkanal waren keine Seltenheit. Viele Mastställe waren reine Tropfsteinhöhlen. Es war kalt und feucht, weil die Lüftung nicht richtig funktionierte.


Seitdem ist viel passiert. Beratung und Industrie haben gemeinsam neue Stallkonzepte mit Vollspaltenböden, automatischer Lüftung und rechnergestützter Fütterung entwickelt. Durch die stetige Weiterentwicklung stiegen die biologischen Leistungen an, und die Arbeitswirtschaft wurde immer besser.


Auch das Tierwohl hatten die Stallbauplaner im Blick. Spätestens seit Einführung von 40er-, 50er- oder gar 300er-Tiergruppen teilen sich die Schweine ihre Buchten selbsttätig in Funktionsbereiche ein.


Der Hygienestandard ist in modernen Mastställen besser geworden. Die Tiere liegen nicht mehr im Kot und Urin, weil die Exkremente umgehend durch den Spaltenboden in den Güllekeller abfließen. Dank gefliester Abteilwände und Buchtenabtrennungen aus Kunststoff können die Ställe heute viel gründlicher gereinigt und desinfiziert werden. Der gesunkene Keimbesatz stabilisiert die Tiergesundheit insgesamt.


Es hagelt Kritik


Trotz der Erfolge reißt die Kritik nicht ab. Tierschützer und Verbraucher fordern jetzt mehr Licht, Luft, Bewegung, Raufutter und Auslauf für die Tiere. Die Schweinemäster stellt das vor große Probleme. Denn einige Wünsche lassen sich in heutigen Stallkonzepten nur schwer umsetzen. Die Ställe sind dafür einfach nicht gebaut.


Nun ist guter Rat teuer. Gibt es einen Weg, um Wunsch und Wirklichkeit unter einen Hut zu bringen? top agrar hat mögliche Lösungsansätze zum Umbau vorhandener Mastställe mit Stallbau- und Mastexperten diskutiert.


Pellets statt Stroh


Schweine sollen sich in Zukunft mehr beschäftigen können und Raufutter fressen. Tierschützer fordern den Einsatz von Stroh oder Heu. Beides funktioniert in modernen Mastställen aber nur, wenn kleine Mengen zur Beschäftigung eingesetzt werden.


Soll Stroh als Wühl- oder Liegematerial dienen, funktioniert das Güllesystem nicht mehr. Badewannensysteme verstopfen, weil sich die Abflussrohre dicht setzen. Auch Wechselstauverfahren vertragen größere Strohmengen nicht, weil sich dicke Schwimmschichten bilden.


Spülleitungen können zwar helfen, hundertprozentige Sicherheit bieten sie aber nicht. Schleppschieber lassen sich in Flüssigmistsysteme nachträglich nicht einbauen, dazu müssten die Querwände zum Zentralkanal weggerissen werden. Das erlaubt die Statik in vielen Gebäuden aber nicht. Fehlluft könnte ebenfalls ein Problem werden.


Stroh ist hygienisch problematisch. Die diesjährige Ernte beweist das. Die Qualität ist schlecht, durch die lang anhaltende feuchte Witterung ist das Stroh pilzbelastet.


Die Lösung des Beschäftigungsproblems könnte der Einsatz von Pellets sein. Zur Auswahl stehen z. B. Grascobs oder Luzernepellets. Pelletierte Formen sind für die Praxis auch deshalb interessant, weil sie sich automatisch mit Seilförderanlagen in die Buchten transportieren lassen und über Pelletautomaten ausdosiert werden können. Pellets erfüllen zudem die EU-Vorgabe, dass Beschäftigungsmaterial kau-, fress- und bespielbar sein muss. Wichtig für die Praxis ist, dass sich die Tiere die Pellets „erarbeiten“ müssen. Die Automaten müssen so eingestellt sein, dass das Schwein daran beschäftigt wird.


Vollspalten besser als ihr Ruf


Vollspaltenböden stehen in der Kritik, weil sie angeblich die Klauen der Schweine verletzen und Liegebeulen verursachen. Tierschützer fordern deshalb planbefestigte Liegeflächen, am besten mit Einstreu oder weicher Gummiauflage.


Festflächen sind für viele Schweinemäster ein Graus. Von den Tieren werden sie häufig als Suhle missbraucht, weil dem Schwein der Temperaturkomfort wichtiger ist als der Liegekomfort. Besonders groß ist die Verschmutzungsgefahr im Sommer und in der Ebermast.


Die Frage ist auch, ob der Spaltenboden beim Verbraucher tatsächlich so verpönt ist wie von Tierschützern gern behauptet wird. Umfragen zeigen, dass Spaltenböden durchaus akzeptiert werden, wenn man Laien die Vorteile erklärt (siehe top agrar 10/2016 Seite S 28). Positiv überrascht waren die Umfrageteilnehmer vor allem von der Sauberkeit der Buchten und der Tiere.


Der Forderung nach mehr Liegekomfort könnte man entgegenkommen, indem man die Qualität der Spaltenböden endlich verbessert. Scharfe Grate an den Kanten der Kotschlitze sind nicht akzeptabel. Die Hersteller müssen endlich das Produktionsverfahren optimieren. Und die Landwirte sollten aus eigenem Interesse bereit sein, die bessere Qualität zu bezahlen.


Auch an der Drainierfähigkeit des Bodens ließe sich noch feilen. Durch eine spezielle Oberflächen-Gestaltung und eine Beschichtung fließen Kot und Urin besser ab. Dann könnte der Schlitzanteil reduziert werden. Das wäre ganz im Sinne der Tierschützer und in bestehenden Mastställen zu tolerieren.


Tröge in die Mitte


Die betäubungslose Kastration ist ab Januar 2019 gesetzlich verboten, das Kupieren des Ringelschwanzes dürfte in wenigen Jahren ebenfalls der Vergangenheit angehören. Beide Verbote werden dazu führen, dass die Tierkontrolle künftig wesentlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Denn Tätertiere müssen so früh wie möglich aus der Gruppe entfernt werden.


Die Beißer findet man in kleinen Buchten viel leichter als in Großgruppenbuchten. Wer heute 250 oder 300 Mastschweine in einer Gruppe hält, wird sich überlegen müssen, die Gruppe wieder zu verkleinern. Dank der Leichtbauweise mit Kunststoffabtrennungen ist das in jedem Stall möglich. Unter Umständen müssten aber einige Güllekanäle verändert werden. 25 bis 40 Tiere sind im Hinblick auf die Tierbeobachtung ideal. In diesen Gruppen ist auch der Nachahmeffekt geringer. Das ist z. B. im Hinblick auf das Penisbeißen bei der Jungebermast wichtig.


Die künftigen Gegebenheiten verlangen auch nach Anpassungen in der Buchtenstruktur. Bislang sitzt der Futtertrog in der Regel in der Buchtentrennwand, die Tränken sind an der Stirnwand montiert. Elemente, die die Bucht strukturieren, sind eher die Ausnahme.


Die heutigen Stallkonzepte erlauben es, die Buchtenstruktur ohne Eingriffe in die Gebäudehülle zu verändern. Die Futtertröge und Tränken könnten künftig in der Buchtenmitte platziert werden. Außen könnten dann Liegekojen mit kurzen Trennwänden eingebaut werden. Die Tiere wären dann in der Lage, von allen Positionen aus zu sehen, was in der Bucht passiert. Das beruhigt die Schweine.


Vier Tiere pro Fressplatz


Wer Tiere mit intaktem Ringelschwanz mästet, muss dafür sorgen, dass die Schweine wenig Stress am Futtertrog haben. Gestresste Tiere beißen eher. Ideal wäre ein Tier-Fressplatzverhältnis von 1 : 1. In der Praxis ist das baulich aber nicht umsetzbar. Bei einer 40er-Mastbucht mit 30 m2 Fläche müsste ein fast 7 m langer Trog in die Bucht gestellt werden. Das gibt die Buchtengeometrie aber gar nicht her. Mastbuchten sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mehr als 4,5 bis 5 m tief.


Dennoch ist es wichtig, das Tier-Fressplatzverhältnis zu verändern. In einer 5 m tiefen Bucht ließe sich ein 2 m langer Doppeltrog problemlos mittig in der Bucht aufstellen. Bei einer Trogkantenlänge von insgesamt 4 m und 40 Tieren liegt das Tier-Fressplatzverhältnis dann bei 1 : 3,3. Das ist akzeptabel und führt zu weniger Futterstress.


Lüftung optimieren


Schweine sind extrem temperaturempfindlich. Bei Hitze sinkt die Futteraufnahme, auf Zugluft und Temperaturschwankungen reagieren sie aggressiv.


Um den Wärmestress für die Tiere zu reduzieren, sollte die Zuluft künftig vorgekühlt werden. Optimal funktionieren Erdwärmetauscher. Doch diese sind teuer und sie lassen sich schlecht nachrüsten. Praktisch und bezahlbar sind Hochdruckkühlungen oder Kühlwände. Hier rieselt kaltes Wasser an Hohlblocksteinen oder Kühlpads von oben nach unten. Strömt die Luft durch die Kammern, kühlt sie sich ab. Solche Kühlvorrichtungen können in Eigenregie zum Beispiel vor die Giebelseite des Stalles gebaut werden.


„Zukunftsfähig mästen“ bedeutet auch, die Luftqualität zu verbessern. Die Industrie arbeitet zwar an stalltauglichen NH3- und CO2-Messfühlern, bis diese praxisreif sind, dauert es aber noch. Wünschenswert wäre auch, dass die Luftfeuchte künftig als weitere Regelgröße in die Klimasteuerung einfließt.


Klimazonen würden das Tierwohl verbessern, weil die Schweine sich in für sie angenehme Temperaturbereiche zurückziehen können. Im Einraumstall können Strahllüftungen für Klimazonen sorgen. In allen anderen Stallsystemen funktioniert das Konzept nicht. Diese Betriebe müssten Ausläufe bauen. Statisch ist das zwar möglich, das Umweltrecht spricht jedoch dagegen, weil die Emissionen im Auslauf steigen.


Hinzu kommen die hohen Kosten für Ausläufe. Experten beziffern die Mehrkosten auf 4 bis 5 Cent je kg Schlachtgewicht. Ausläufe sind aufgrund der Seuchen- und Infektionsgefahr höchstens in Regionen mit geringer Schweinedichte realisierbar und rechnen sich nur, wenn der Abnehmer dafür einen entsprechenden Mehrpreis bezahlt!


Krankenbuchten ein Muss


In jedem Haltungssystem und bei jedem Produktionsverfahren gibt es verletzte oder kranke Tiere. Das können z. B. Bruchferkel, Binneneber oder lahme Tiere sein. Bei intaktem Ringelschwanz muss man künftig zudem mit deutlich mehr Bissverletzungen rechnen. Das ist bei der konventionellen Mast nicht anders als im Biobereich.


Damit kranke und immobile Tiere nicht von ihren Buchtengenossen attackiert werden, müssen sie vorübergehend in Krankenbuchten separiert werden. Schweinemäster werden auf Dauer nicht umhinkommen, mehr Krankenbuchten vorzuhalten. Baulich ist das kein Problem, allerdings sinkt dadurch die Zahl der produktiven Mastplätze. Bei 2 000 Mastplätzen und 5 % Krankenbuchten würden 100 Mastplätze wegfallen! Eine Alternative hierzu wird es kaum geben, es sei denn, kranke Tiere werden gemerzt.


Die Ansprüche an das Krankenabteil sind hoch. Das Abteil muss deutlich stärker aufgeheizt werden, da kranke Tiere ein höheres Wärmebedürfnis haben. Zudem ist es empfehlenswert, die Buchten mit weichen Gummimatten auszulegen. Marcus Arden

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