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Kommt die Rübe zurück?

Lesezeit: 7 Minuten

Niedrige Preise, steigender Krankheitsdruck und zunehmende Trockenheit: Der Rübenanbau hat seit Ende der Zuckerquote deutlich an Attraktivität verloren, die Anbauflächen gehen zurück. Hat die Zuckerrübe in Süddeutschland eine Zukunft?


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Jahrzehntelang war der Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrüben Vorbild für andere Kulturen und Betriebszweige in der süddeutschen Landwirtschaft. Die Landwirte erzielten mit der Rübe überdurchschnittliche Deckungsbeiträge. Und die mehrheitlich von den Anbauern gehaltene Südzucker AG erwirtschaftete bei der Verarbeitung so hohe Gewinne, dass sie weitere profitable Standbeine wie die Herstellung von Fruchtzubereitungen, Fertigpizzen und Biokraftsstoffen aufbauen konnte.


Preisrutsch nach Quotenende


Doch das Ende der Zuckermarktordnung vor vier Jahren hat die Branche hart getroffen. Die Südzucker AG trieb wie alle anderen Zuckerunternehmen nach der Freigabe des Anbaus die Erzeuger mit Prämien dazu an, mehr Zuckerrüben zu erzeugen, um ihre Fabriken besser auszulasten. Nur wer mindestens 125% seines Lieferrechtes anbaute, bekam den vollen Preis


Zusammen mit den sehr hohen Erträgen 2017 führte das zu einer enormen Überschussproduktion in Europa. Weil gleichzeitig der Weltmarktpreis für Zucker gesunken war, konnte der Überschuss nur zu extrem niedrigen Preisen exportiert werden. In der Folge rutschten auch der Binnenmarktpreis für Zucker und die Rübenpreise in den Keller.


Viele Erzeuger werfen ihren Anbauerverbänden und der Südzucker vor, die Marktlage falsch eingeschätzt zu haben und mit ihrer Ausdehnungsstrategie gescheitert zu sein. Zudem kritisieren sie das Verkaufs- und Kostenmanagement des Konzerns. Tatsächlich lag der Verkaufserlös der Südzucker in den letzten Jahren zum Teil deutlich unter den Preisen, die die EU in ihren Reportings gemeldet hat.


Trockenheit und Schädlinge


Zum Preisverfall kommen in vielen Regionen Süddeutschlands noch Witterungsprobleme und ein erhöhter Krankheitsdruck.


So hatten die Anbauer in Franken und in Teilen Baden-Württembergs in den Jahren 2018 bis 2020 mit der Sommertrockenheit zu kämpfen. Normalerweise kann die Rübe auch lange Trockenphasen gut kompensieren, wenn im Spätsommer wieder Niederschläge fallen. „Doch 2020 war dieser Effekt durch die viröse Vergilbung vieler Bestände gebremst“, erläutert Dr. Fred Zeller, Geschäftsführer des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer (VSZ). Die Folge waren deutliche Ertrags- und Qualitätsverluste.


Ein weiteres Problem ist das „Syndrom der niedrigen Zuckererträge“ (SBR). Es wird durch ein Bakterium ausgelöst, das die Schilfglasflügelzikade überträgt. Äußerlich zeigt sich die Erkrankung durch vergilbte Blattadern. Ertraglich macht sie sich durch einen Abfall der absoluten Zuckergehalte von 2 bis 4% bemerkbar.


SBR ist im Rheingraben und im Raum Heilbronn schon seit einigen Jahren stärker verbreitet und wandert Richtung Nordosten in weitere Anbaugebiete. „Auch in Franken hat SBR bereits an die Tür geklopft“, so Pflanzenbauberater Dr. Herbert Siedler vom Landwirtschaftsamt Würzburg.


Ertragsverluste gehen an die Substanz


In der Summe geht das den Rübenanbauern in den betroffenen Regionen an die Substanz. So haben Erzeuger in den stark durch SBR und viröser Vergilbung betroffenen Gebieten in Baden- Württemberg im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2017 rund 5 t Zucker pro ha verloren.


Relativ ertragsstabil zeigt sich die Rübe hingegen in der Region Südbayern. Dort fallen mehr Niederschläge. Auch SBR spielt dort bisher noch keine große Rolle. Allerdings ist vor allem die Region um Plattling immer wieder von Cercospora betroffen. Das Problem: Die Fungizide gegen diese Blattkrankheit wirken nicht mehr so gut, zum Teil gibt es Resistenzen, z.B. gegen Strobi-lurine. Und der Wirkstoff Epoxiconazol, der noch als zuverlässigstes Mittel gilt, hat keine Zulassung mehr, darf 2021 aber noch aufgebraucht werden.


Kein Wunder, dass manche Erzeuger auch über den Ausstieg aus der Rübe nachdenken. Die Anbauflächen sind in Bayern und Baden-Württemberg seit 2017 bzw. seit 2018 rückläufig (siehe Übersicht 1). Im Jahr 2020 sanken sie sogar deutlich. Allerdings lag der Flächenumfang immer noch über dem vor dem Quotenende.


VSZ-Geschäftsführer Zeller führt den Rückgang der Anbauflächen auch auf die Werkschließungen der Südzucker AG zurück. 2019 nahm der Konzern insgesamt fünf Fabriken vom Netz, zwei davon in Deutschland. Vor allem die Schließung des Werkes in Warburg in Ostwestfalen wirke bis zu den Standorten Ochsenfurt und Offenau, weil das die Einzugsgebiete im Grenzbereich zu anderen Werken verändert habe.


„Dass sich die Anbauflächen normalisiert haben, ist keine Tragödie“, findet Zeller. Das trage dazu bei, dass die Überschussproduktion zurückgehe. Denn für den Zuckerpreis in der EU mache es einen riesigen Unterschied, ob die EU einen Zuckerüberschuss oder ein -defizit habe.


„Wenn wir Zucker exportieren, müssen wir vom Weltmarktpreis noch 70 bis 80 €/t Transportkosten vom Zuckerwerk zum Seehafen abziehen“, rechnet Zeller vor. Wenn ein Schokoladen- oder Konfitürenhersteller bei uns hingegen Zucker auf dem Weltmarkt kaufe, müsse er auf den Weltmarktpreis diese Kosten noch aufschlagen. Solange in der EU ein Importdefizit herrscht, werden sich nach dieser Logik die inländischen Zuckerpreise immer um den Betrag über dem Weltmarktpreis bewegen, der den Transportkosten zum nächsten Seehafen entspricht.


Aus dieser Überlegung heraus hat auch die Südzucker AG ihre Strategie angepasst und richtet ihre Erzeugung künftig auf den EU-Markt aus. Die fünf Werkschließungen 2019 sollen insgesamt eine Marktentlastung von 700000 t pro Jahr bringen, zugleich aber auch die Auslastung der verbliebenen Fabriken verbessern.


Steigt der Anbau 2021 wieder?


Hier gab es gerade im letzten Jahr große Unterschiede zwischen den Standorten. Während Plattling und Rain mit je über 130 Tagen unter Volllast fuhren, erreichten Ochsenfurt 98 und Offenau nur 84 Kampagnetage (siehe Übersicht 2 auf S.11).


Zeller ist optimistisch, dass die Kampagnendauer in diesem Jahr wieder steigen wird, weil es für die Einzugsgebiete von Ochsenfurt und Offenau eine Notfallzulassung für Neonicotinoide gibt: „Das hält die Vergilbung in Schach, schafft Ertragssichherheit und wird deshalb den Anbau befördern.“


Der VSZ-Geschäftsführer rechnet für Franken mit einer Flächenzunahme von etwa 1% und erwartet auch für Baden-Württemberg einen Zuwachs. Der baden-württembergische Anbauerverband versucht mit einer „Rübenoffensive Offenau“ noch so viel Anbaufläche zu sichern, dass das Werk das Ziel von 100 Kampagnentagen erreicht.


Doch wie sieht es mit den langfristigen Perspektiven für den Rübenanbau in Süddeutschland aus? Das hängt zunächst davon ab, ob künftig geeignete Strategien gegen die Rübenkrankheiten zur Verfügung stehen.


Zeller glaubt, dass sich gegen SBR vor allem ackerbaulich etwas tun lässt, z.B. mit der Wahl der Vorfrucht und mit der Art der Bodenbearbeitung. Versuchsprojekte dazu laufen bereits. Die Züchtung resistenter Sorten könnte sich jedoch noch hinziehen. Bei Cercospora hofft er, dass es schneller vorangeht, weil es in der Vergangenheit schon Züchtungen mit guter Resistenz gab.


Zum anderen wird entscheidend sein, ob es der Südzucker gelingt, wieder bessere Preise auszuzahlen. Weil es auf Seiten der Erzeuger kein Einsparpotenzial mehr gibt, sehen die Landwirte jetzt die Südzucker gefordert.


200 Mio. € mehr Gewinn?


Der Prozess läuft bereits. Nach einer Unternehmensberatung durch McKinsey hat der Konzern ein Restrukturierungsprogramm gestartet, das Kosten in dreistelliger Millionenhöhe sparen soll. Zudem wurde der Vorstandsvorsitzende ausgetauscht, der auch für den Zuckerverkauf verantwortlich war.


„Wenn es der Südzucker gelingt, pro Tonne Zucker die Kosten um 25 € zu senken und die Erlöse um 25 € zu verbessern, dann führt das bei 4 Mio. t Erzeugung pro Jahr zu einer Ergebnisverbesserung von 200 Mio. € und ihr Zuckergeschäft wäre wieder profitabel“, beschreibt Zeller, der auch die Geschäfte der Süddeutschen Zuckerrüben-Verwertungs-Genossenschaft (SZVG) führt, das Ziel.


„Wenn die Südzucker das schafft, werden wir in Süddeutschland dabei sein, solange in Europa Zucker erzeugt wird“, ist sich der SZVG-Geschäftsführer sicher. „Denn wir haben nicht nur die besten Anbaugebiete, sondern auch wieder ein starkes Zuckerunternehmen.“


klaus.dorsch@topagrar.com

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