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topplus Besser pfluglos?

Wie viel Wasser kann ein Verzicht auf das Pflügen einsparen?

Auf den Stoppelsturz zu verzichten, spart Wasser. Dazu führt das Wassergut Canitz bei Leipzig Versuche durch.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Artikel ist zuerst erschienen im bioland-Fachmagazin für ökologischen Landbau, 8/2021.

Die richtige Stoppelbearbeitung ist für ökologisch wirtschaftende Betriebe von zentraler Bedeutung. Die optimale Stoppelbearbeitung zu entwickeln, ist aber oft schwierig. Der Klimawandel und immer trockenere Jahre fordern Bio-Bauern heraus.

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Wie man Stoppeln bearbeiten und dabei das Wasser im Boden halten kann, macht das Wassergut Canitz, rund 20 km östlich von Leipzig, vor. Der Betrieb ist ein Modell für den Grundwasserschutz im Ökolandbau. Alle landwirtschaftlichen Nutzflächen der Wassergut Canitz GmbH liegen in den Trinkwasserschutzzonen I bis IIIb. Hauptgesellschafter ist die Kommunalen Wasserwerke Leipzig GmbH (KWL), deshalb ist es die Aufgabe des Betriebes, Trinkwasserressourcen durch einen standortangepassten, wasserschutzgerechten ökologischen Landbau, zu schützen.

Betriebsleiter Bernhard Wagner hat vor drei Jahren begonnen, Versuche zur feuchtigkeitsschonenden Stoppelbearbeitung durchzuführen. „Bei der Stoppelbearbeitung in dem sehr trockenen Jahr 2018 haben wir viel Staub aufgewirbelt, was zu Verkehrsbehinderungen an den angrenzenden Straßen geführt hat“, erklärt er seine Motivation dafür, sich über eine alternative Methode zur Stoppelbearbeitung Gedanken zu machen.

Das Wassergut Canitz legte vor drei Jahren einen Parzellenversuch mit einer integrierten Saugplattenanlage mit zwölf 0,5 ha großen Parzellen an. Acht dieser Parzellen bilden eine achtfeldrige Fruchtfolge ab und werden für unterschiedliche Feldversuche genutzt, unter anderem zur wasserschonenenden Stoppelbearbeitung.

Unbearbeiteter Boden vor Luzerne

Luzerne gehört zu den wichtigsten Kulturen auf dem Wassergut Canitz. „Luzerne ist für unseren Standort sehr gut geeignet. Wir haben hier nur durchschnittlich 550 mm Niederschlag pro Jahr, mit einer sehr langen Vorsommertrockenphase. Die Luzerne kommt damit gut zurecht“, sagt Wagner.

Die Leguminose stellt fast den gesamten Stickstoff für den Ackerbau bereit, daneben hat der Bioland-Betrieb noch eine relativ geringe Menge Stalldung (0,22 GV/ha). Bis vor drei Jahren bereiteten Bernhard Wagner und sein Team den Boden für die Aussaat der Luzerne im Frühjahr schon ab Herbst vor: Nach der Stoppelbearbeitung wurde im späten Herbst (ab 20. November) eine flache Pflugfurche angelegt, damit sich der Boden absetzt. „Die Schwarzbrache über den Winter und damit auch die Anfälligkeit der Fläche für Winderosion war nicht mehr optimal“, so Wagner heute.

Eine alternative Idee war, das Stroh auf den Stoppeln liegen zu lassen und vor der Aussaat der Luzerne im nächsten Frühjahr nicht zu bearbeiten. „Wir vermuteten, dass sich ein feuchtes Milieu unter dem Stroh bildet und damit die Verdunstung reduziert wird, wenn es auf den Stoppeln liegen bleibt“, so Wagner. Das sollte ausreichen, um das Ankeimen und Auflaufen von Unkräutern und Ausfallgetreide nach der Ernte anzureizen.

Wir vermuteten, dass sich ein feuchtes Milieu unter dem Stroh bildet, wenn es auf den Stoppeln liegen bleibt - Bernhard Wagner

Die Vermutung bestätigte sich in der Praxis die einsetzende Selbstbegrünung und die Bodenruhe verbesserten die Wassereffizienz. Bernhard Wagner beobachtete, dass der Boden der Parzellen mit dem Mulch immer feuchter war als der Boden der Parzellen mit klassischer Stoppelbearbeitung. Im darauffolgenden Frühjahr wurde die Fläche flach gepflügt und die Luzerne am darauffolgenden Tag ausgesät. Problematisch war allerdings, dass sich nach dem Pflügen der Boden nicht ausreichend absetzte. Zur ersten Mahd der Luzerne haben Bernhard Wagners Mitarbeiter tiefe Fahrspuren im Boden hinterlassen.

„Wir lassen nun die Flächen bis März liegen“, sagt Wagner und erläutert die weitere Vorgehensweise auf dem Feld. „Mit einer eigens konfigurierten Ackerfräse fräsen wir im Frühjahr die Mulchauflage 4 bis 5 cm tief in den Boden ein.“ Das führe zu einem ganz feinen Saatbett, in das er die Luzerne einsät. „Das funktioniert tadellos“, ist Wagner zufrieden mit seiner Idee. Durch die geringe Bodenbewegung, wird nur wenig Boden zur Mineralisation angeregt und dadurch auch kaum Wasser verbraucht.

Keine Angst vor Krankheiten

In dem Parzellenversuch baut er nach dem Liegenlassen der Getreidestoppeln im darauffolgenden Frühjahr nicht nur Luzerne an, sondern auch Kartoffeln oder Zwiebeln. „Die Gefahr, dass ein phytosanitäres Pathogen vom Getreide auf die nächste Getreidefrucht überspringt, ist bei Luzerne, Kartoffeln und Zwiebeln nicht gegeben“, so Wagner.

Bisher hat er noch nicht ausprobiert, danach erneut Getreide anzubauen. Werden statt Luzerne Kartoffeln gelegt oder Zwiebeln gesät, kommt noch ein weiterer Arbeitsschritt hinzu: Die Fläche wird gepflügt und eine dünne Schicht Kompost in den oberen Boden eingearbeitet. Im Sommer ist dadurch keine organische Düngung nötig, erst im Frühjahr muss wieder Kompost auf die Fläche.

Bei den Kartoffeln nutzt Wagner zudem das „Cut & Carry“-Prinzip, um sie vor Verdunstung zu schützen. „Wenn die Kartoffeln durch den Damm gestoßen sind, streuen wir in den Bestand angewelkte Luzerne ein. Nach dem letzten Häufelgang wird der Damm dann bedeckt“, sagt Wagner. Das schützt nicht nur vor Verdunstung, sondern auch vor einer frühen Infektion mit Phytophthora infestans, dem Erreger der Kraut- und Knollenfäule.

Der Luzernemulch, so die Hypothese, hält Niederschlagswasser über einen längeren Zeitraum und verzögert dadurch eine Phytopthorainfektion.

Mulchauflage empfehlenswert

„Wir versuchen, mit dem Feldversuchssystem den Betrieb im Hinblick auf Wassereinsparung weiter zu optimieren“, sagt Wagner. Er unterstreicht mehrfach, wie wichtig es mit Blick auf den Klimawandel ist, Wasser zu sparen – und das nicht nur bei der Stoppelbearbeitung. Für ihn ist die drohende Wasserknappheit in vielen Gebieten ein brisanteres und wichtigeres Thema als direkte, weitere Folgen durch den Klimawandel. „Wenn wir irgendwann kein Wasser mehr für den Anbau haben, dann ist das Klima zweitrangig. Wir müssen beides angehen“, weiß der Experte.

Bernhard Wagner empfiehlt anderen Bio-Betrieben, intensives Wenden in den Sommermonaten möglichst zu vermeiden, um Wasser zu sparen. Auch „Mulch ist nicht gleich Mulch“, sagt er und rät zu Mulchauflagen mit Luzerne, Ackergras oder anderen betriebseigenen Substraten, wie er es bei den Kartoffeln macht. Inwieweit die Luzernemulchauflage nach der Kartoffelernte höhere Nitratgehalte im Boden hinterlässt, bleibt zu beobachten. Hierzu hat Wagner für das kommende Jahr bereits ein alternatives Mulchsubstrat im Blick. Dieses hat zwar einen niedrigeren N-Gehalt, aber vermutlich einen ähnlichen Effekt. Er weiß: Jeder Betriebsstandort ist individuell und jeder Bio-Landwirt muss seine eigenen Lösungen finden, um schonend mit der Ressource Wasser umzugehen.

Bioland-Betrieb Wassergut Canitz



Lage: Leipziger Tieflandbucht, etwa 20 km östlich von Leipzig, 100 m NN

Fläche: Ackerland: 638 ha, Grünland: 158 ha, Wald: circa 130 ha, circa 1 ha Agroforst, sonstige Flächen (Hecken, Streuobstwiesen): 63 ha, alle Flächen des Betriebes liegen in Trinkwasserschutzzonen I-IIIb

Böden: lehmiger Sand, sandiger Lehm, Ackerflächen mit durchschnittlich 52 Bodenpunkten und Grünland mit durchschnittlich 32 Bodenpunkten

Niederschlag: 550 mm, abnehmend

Beispiel einer achtjährigenFruchfolge: Luzerne, Luzerne, Dinkel, Winterweizen mit Stalldung oder Luzernesilage, Zwischenfrucht Ölrettich, Kartoffeln, Winterweizen mit Stalldung oder Luzernesilage, Zwischenfrucht Phacelia, Zwiebeln, Winterweizen

Tiere: 90 Mutterkühe mit Nachzucht

Arbeitskräfte: Geschäftsführer, fünf Mitarbeiter, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, eine Wasserschutzberaterin, eine Praktikantin, vier geringfügig Beschäftige, zwei Auszubildende, Saison-Arbeitskräfte, insgesamt 38 Mitarbeitende

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