Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Meister und Macher

Fermentfutter: Alleskönner oder stumpfes Schwert?

Landwirte können die Futterverwertung ihrer Sauen durch die Zugabe von Ferment steigern. Isabell Faroß hat das in der Praxis getestet - und zieht ein klares Fazit für Betriebe.

Lesezeit: 6 Minuten

Beim diesjährigen Meister & Macher-Wettbewerb haben elf Preisträgerinnen und Preisträger eine Auszeichnung für ihre Abschlussarbeiten erhalten. Wir stellen Ihnen die Köpfe hinter den Arbeiten vor.

Fast fünf Monate hat Isabell Faroß täglich bei den Sauen der Lehr- und Versuchswerkstatt Schwein in Iden (Sachsen-Anhalt) verbracht. Für ihren Bachelorabschluss in Landwirtschaft an der Hochschule Anhalt untersuchte sie dort die Wirkung von fermentiertem Futter auf die Leistung von Sauen im Abferkelstall. Sie selbst stammt nicht von einem Betrieb, doch Schweine eroberten 2018 ihr Herz, als sie sich vor ihrem Studium für Praktika in einer Sauenanlage und auf einem Mastbetrieb entschied. Sie findet: „Wer Landwirtschaft studiert, sollte mindestens einmal einen Schweinestall von innen gesehen haben.“

Im Sommer 2020 bot sich die Möglichkeit, den Fütterungsversuch der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Iden zu begleiten. In der Coronazeit und mit dem Ausbruch von ASP verschlechterte sich der Absatzmarkt für Schweinehalter rapide, sodass viele Betriebe nach Wegen suchten, ihre Produktionskosten zu senken. Den Bärenanteil an den gesamten Kosten haben die Ausgaben für Futter. Laut Interpic bilden diese 56 % – hier liege ein wichtiger Hebel. So entstand die Idee, den Einsatz von Ferment zu untersuchen.

Säure fördert die Gesundheit im Verdauungstrakt

Die Fermentation ist die gezielte Vergärung von Futtermitteln mittels eingesetzter Milchsäurebakterien. Durch deren Säure sinkt der pH-Wert, wodurch sich die Nährstoffzusammensetzung verändert und Monogastrier das Futter besser aufschließen können. So soll die Futterverwertung um 3 – 5 % steigen.

Steckbrief

3. Platz in der Kategorie Tierhaltung

Isabell Faroß, Schönebeck (­Sachsen-Anhalt)

Alter: 25

Abschluss: Bachelor in Landwirtschaft

Betrieb: Kein eigener Betrieb

Ansatz: Isabell Faroß erforschte die ­Auswirkungen von fermentiertem Futter auf Sauen im Abferkelstall, um deren ­Futterverwertung und Gesundheit zu ­verbessern. Sie testete das Ferment über fünf Monate an 975 Ferkeln und 63 Sauen.Besonders regionale Eiweißquellen wie Erbsen, Ackerbohnen und Roggen könne die Fermentation leichter verdaulich machen. Der nach mehrtägiger Fermentfütterung auf 1,5 bis 2,5 gesunkene pH-Wert des Magens wirkt sich zudem positiv auf den Verdauungstrakt aus. Denn unerwünschte Darmkeime wie Salmonellen oder E. coli vertragen das säuerliche Milieu nicht. All diese Effekte können die Verdauungsenergie herabsetzen, was wiederum einen geringeren Futterbedarf pro Sau bedingt.

Mit diesem Wissen zur Hand untersuchte sie die Auswirkungen des Fermenteinsatzes als Zusatz zum Standardfutter im Abferkelstall. Dafür teilte sie die Sauen in eine Kontroll- und eine Versuchsgruppe. Insgesamt handelte es sich um 975 Ferkel und 63 Sauen, an denen Isabell Faroß im Zeitraum von Juli bis November 2020 forschte.

Der Versuchsaufbau

Die Tiere bekamen ihr Futter standardmäßig mit dem Unterschied, dass Faroß die Mahlzeit der Versuchstiere durch das Ferment erweiterte. Jeden zweiten Tag setzte sie die Bakterien als Pulver an und mischte sie dann mit Wasser und Futter. Nach rund 40 Stunden war das Gemisch einsatzbereit.

„Der Aufwand war riesig – und dazu kam noch die ausgiebige Reinigung“, erinnert sie sich. Statt einem Liter Ferment pro Sau und Tag erhöhte sie die Menge nach Rücksprache mit den Herstellern auf zwei Liter täglich.

Den Einsatz des fermentierten Futters verlängerte sie außerdem um drei Wochen bis zum Ende der Säugezeit. Da sowohl der Zeitraum als auch die Tierzahlen begrenzt zur Verfügung standen, wollte die Agrarwissenschaftlerin die Effekte deutlicher machen und passte den Versuch deshalb an. Das müsse man bei der Einordnung der Ergebnisse berücksichtigen.

Während des Versuchs standen neben der täglichen Fütterung und der Vorbereitung des Ferments die Erfassung der tierbezogenen Leistungsparameter im Fokus, an denen sich die Ergebnisse messen lassen. Diese lauteten:

  • Die Lebendmasseentwicklung: Dafür wog sie jede Sau nach der Einstallung, in den ersten 24 Stunden nach dem Abferkeln und beim Absetzen.
  • Die Rückenspeckdicke, die sie ebenfalls an den genannten drei Terminen sowie am Ende jeder Säugewoche erfasste: Sie umfasst die Stärke der Fettauflagen am oberen Rumpf.
  • Die Wurf- und Aufzuchtleistung: Sie beschreibt die Ferkelentwicklung während der Säugezeit. Die Wurfleistung setzt sich aus der Anzahl lebendgeborener Ferkel und ihren Gewichten zusammen. Die Aufzuchtleistung ist die Anzahl abgesetzter Ferkel und deren Absetzgewicht.
  • Die Kotbeschaffenheit sowie die aufgenommene Futtermenge.

Auch das Wetter dokumentierte sie. Denn besonders der Hitzestress, der bereits bei mehr als 20 °C eintritt, wirkt sich negativ auf die Wurfleistung von Sauen aus. „Die Temperaturen von über 30 °C verringerten außerdem die Futteraufnahme“, so Faroß.

Effekte: klein aber fein

Die Kernergebnisse überraschten sie: „Ich habe deutlichere Veränderungen in Richtung Zunahme erwartet.“ Ihre Untersuchung zeigte lediglich eine minimale, nicht signifikante Reduktion der Lebendmasseabnahme der Versuchstiere. „Bei Tieren, die mit bis zu 400 kg eingestallt werden, ist ein Effekt von 2 % verschwindend gering“, so die Agrarabsolventin. Doch ein Blick auf das Ergebnis der Rückenspeckdicke zeigt: Hier konnte das Ferment den Abbau um 11 % verringern. Die Anzahl der Sauen, die eine kritisch hohe Menge der Rückenspeckdicke einschmelzen, konnte die Futterumstellung also reduzieren. „Das ist essenziell: Denn besonders die Tiere mit hohem Körperfettverlust machen im nächsten Produktionszyklus Probleme.“

Die insgesamt geringen Effekte kann Faroß begründen. In der Versuchswerkstatt Schwein herrschten bereits hohe Standards: Die enge Betreuung durch die Mitarbeitenden bedingt eine höhere Tiergesundheit. Sie fasst zusammen: „Bin ich schon unter den oberen 10 % der Betriebe, ist der Fermenteinsatz kein großer Managementhebel. Dennoch kann er gegen Leistungseinbußen absichern.“

Eine Entscheidungshilfe

Abschließend könne sie auf wissenschaftlicher Basis keine eindeutige Empfehlung aussprechen. Dafür müsse man den Blick auf den individuellen Betrieb richten. Landwirte, die fermentiertes Futter in der Schweinezucht einsetzen wollen, sollten laut Faroß folgende Punkte prüfen:

  • Wie steht es um die Gesundheit der Tiere, besonders in Bezug auf den Antibiotikaeinsatz? Ist der Betrieb bereits gut aufgestellt, sei der Effekt deutlich geringer.
  • Lässt sich das Ferment leicht in die bestehende Fütterung einbinden? Für ausschließlich trockenfütternde Betriebe bedeute der Einsatz des flüssigen Ferments: hohe Investitionen und zusätzlicher Aufwand. Denn „haben die Mitarbeitenden keine Lust, zweimal am Tag die Tröge händisch zu spülen, hilft weder teure Technik, noch, dass die Sauen gut fressen.“ In Betrieben mit einer Flüssigfütterung sei die Futtervorlage- sowie Reinigungstechnik für den Fermenteinsatz bereits gegeben.
  • Gibt es genug Kapital, Arbeitskräfte und Platz für die Fermentationsanlage? „Wir haben das Ferment händisch drüber gekippt. Aber ein Praxisbetrieb mit 600 Sauen in der Abferkelung kann das kaum realisieren“, sagt Faroß.
  • Zuletzt sollten Betriebe überlegen, ob sie das Ferment in verschiedenen Produktionsphasen oder nur bei bestimmten Alters- oder Tiergruppen, wie z. B. Jungsauen, nutzen wollen.

Die Fermentation ist laut Faroß also eine Stellschraube, mit der Landwirte ihre Futterkosten senken und bessere Leistungen erzielen können – vorausgesetzt, das flüssige Ferment lässt sich sinnvoll in den Betrieb integrieren.

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.