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Die „Mutter des Getreides“ wächst in Hessen

Quinoa ist trockentolerant, schnellwachsend und ein gesundes Lebensmittel. Der Anbau hierzulande ist wenig erforscht. Robin Bock will das ändern – und baut das Korn deshalb selbst an.

Lesezeit: 4 Minuten

Beim diesjährigen Meister & Macher-Wettbewerb haben elf Preisträgerinnen und Preisträger eine Auszeichnung für ihre Abschlussarbeiten erhalten. Wir stellen Ihnen die Köpfe hinter den Arbeiten vor.

Rechnet sich der Anbau von Quinoa in Deutschland? Der Junglandwirt Robin Bock startete den Versuch während seiner Ausbildung zum Betriebswirt für Agrarwirtschaft. Im hessischen Borken bewirtschaftet er gemeinsam mit seinem Vater einen rund 150 ha umfassenden Marktfruchtbetrieb. Dort ersetzte er für seine Projektarbeit etwa 1 ha Weizen durch die südamerikanische Pflanze.

Für ihn ist sicher: Durch Krankheitsanfälligkeit, mangelnde Neuzulassungen und mehr Pflanzenschutz-Resistenzen rentieren sich große Anteile an Weizen und Stoppelweizen in der Fruchtfolge immer weniger. Eine Alternative musste her. „Ich versuche solche Herausforderungen als Anreiz für neue Ideen zu nehmen“, sagt der Hesse und fügt hinzu: „Mich interessiert die Landwirtschaft anderer Länder. Vor allem, wie Landwirte in sehr heißen und trockenen Regionen mit ihren Standortbedingungen umgehen.“

Europa im Quinoa-Hype

Die Inka nannten die Quinoa die „Mutter des Getreides“. Die einjährige Pflanze gehört zu der Gattung der Gänsefußgewächse, gilt als trockentolerant und wächst bei Temperaturen zwischen 15 bis 20 Grad Celsius an sonnigen Standorten. Die Körner sind ein wertvolles Nahrungsmittel – laut Bock vor allem für Vegetarier, aufgrund des hohen Eisen- und Proteingehaltes.

Vor etwa 15 Jahren ist die Quinoa in Europa angekommen. Seit 2013 verdoppelte sich der Weltmarktpreis. Doch der Anbau und die Vermarktung einer Nischenkultur sind herausfordernd. Deshalb wächst der deutsche Markt nur langsam und die Importe, vor allem Bioware, überwiegen. Grund dafür ist auch der Preis: Der Großhandelspreis für deutsche Erzeuger liegt im Durchschnitt bei 4,38 €/kg. Der Preis für Importware ist in den letzten fünf Jahren gesunken und liegt bei 2,85 €/kg.

2.100 kg Ertrag

Der 22-Jährige wagte den Anbau dennoch: Auf der 1 ha großen Versuchs­fläche mit 45 – 53 Bodenpunkten nahm er sich für die Projektarbeit vor, mit Quinoa mindestens den gleichen Deckungsbeitrag wie mit Weizen zu erzielen. Bock erhoffte sich einen Ertrag von 700 kg/ha gereinigter Ware.

Mit Improvisationstalent und einem Händchen für Agrartechnik erntete Bock Ende August 2022 rund 2.100 kg Quinoa. Damit landet er bei einem Deckungsbeitrag von 5.680 €/ha bei 39,5 Arbeitskraftstunden (Akh). Zur Einordnung: Der Winterweizen hat rund 1.160 €/ha bei 9,2 Akh erwirtschaftet. „Im internationalen Vergleich sind das gute Werte. Jedoch müssen wir die Trockenheit und die gestiegenen Dünger- und Dieselpreise des Sommers 2022 beachten“, so der Junglandwirt.

Im April 2022 brachte er die Sorte „Vikinga“ auf den Acker. Gegen das Unkraut baute er eine Rübenhacke um, die neben dem händischen Hacken zweimal zum Einsatz kam. Die Handarbeit ist ein wesentlicher Faktor, der die Arbeitszeit in die Höhe treibt. Pflanzenschutzmittel sind in der Kultur nicht zugelassen. Für die Technik musste er improvisieren: „Ich hatte Glück, mein Onkel sammelt alte Landmaschinen. Leider gibt es für den Quinoaanbau keine Maschinen von der Stange.“

Steckbrief

3. Platz in der Kategorie ­Pflanzenbau und Technik

Robin Bock, Borken (Hessen)

Alter: 22 Jahre

Abschluss: staatlich geprüfter Agrar­betriebswirt

Betrieb: Ackerbaubetrieb als GbR mit seinem Vater Rüdiger Bock

Ansatz: Robin Bock testet auf seinem Betrieb den Anbau von Quinoa und zieht daraus Schlüsse für Deutschland als ­Anbaustandort. Die größten ­Herausforderungen waren der Befall mit Falschem Mehltau, die Reinigung und die Vermarktung im ländlichen Raum.

Überrascht haben ihn die Probleme mit Falschem Mehltau im ganzen Bestand. Bei der Recherche konnte er zuvor nichts über ein Befallsrisiko finden. Hier steckt eine der größten Herausforderungen: Denn wirksame pflanzenbauliche Maßnahmen gibt es laut Bock für diesen Fall nicht.

Dass der Hof noch keine Vermarktung hatte, war für ihn kein Hindernis. Er baute sie für seinen Versuch direkt mit auf – ein Macher eben. Nach der unkomplizierten Trocknung ließ er die Körner im Lohn reinigen. Als Ver­packungsraum nutzt er den alten Schlachtraum. Denn die Bocks hielten bis vor wenigen Jahren noch Sauen. Auf regionalen Wochenmärkten, in Bäckereien und Restaurants suchte er nach Abnehmern. Das Interesse sei vor allem bei jungen Menschen und in den Städten größer. „Die Vermarktung gehört für mich zur Landwirtschaft, so, wie der Anbau selbst. Aber es war ein echt zeitintensives Türklinkenputzen“, sagt er.

Experiment erfolgreich

Wie ging es nach dem Versuch weiter? Die Frage, ob man Quinoa in Deutschland wirtschaftlich und pflanzenbaulich erfolgreich anbauen kann, bejaht er. Direkt im Folgejahr versuchte er es erneut. Zwar barg der anhaltende Regen in diesem Sommer Herausforderungen für die Kultur, die empfindlich gegen Staunässe ist. Doch Bock kann sich vorstellen, das Korn zukünftig fest in die Fruchtfolge zu integrieren. Zusätzlich will er die Direktvermarktung weiter ausbauen. Als neuen Betriebszweig möchte er außerdem eine Lohnreinigung für Sonderkulturen anbieten.

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