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topplus Frust über Behörden

Raben massakrieren Freilandgänse - Landratsamt verweigert Abschussgenehmigung

Auf einem Hof in Brandenburg haben Kolkraben rund 1.700 Freilandgänse getötet. Das Landratsamt verweigerte eine Abschussgenehmigung, auch nachdem Vergrämungsmaßnahmen keine Wirkung zeigten.

Lesezeit: 5 Minuten

Bürokratiewahnsinn:

Viele Landwirte fühlen sich von immer mehr Dokumentationen, Auflagen und Regularien überrollt. Was das für die Betriebe bedeutet, wollen wir anhand von Beispielen aus der Praxis zeigen.

Kerstin Pezda, Geschäftsführerin der Massener Höfe im Landkreis Elbe-Elster, musste im letzten Jahr zusehen, wie Kolkraben eine Vielzahl ihrer Gänse grausam töteten, ohne dass sie dagegen wirksam vorgehen durfte. Vom zuständigen Landratsamt fühlt sie sich völlig im Stich gelassen. Sie hat den Betriebszweig Gänsemast inzwischen aufgegeben.

„Neben der Milcherzeugung und Mutterkuhhaltung haben wir bisher pro Jahr 15.000 Gänse in drei Durchgängen im Freiland gemästet. Die Vermarktung lief hauptsächlich über einen Vertragspartner. Daneben war dieser Betriebszweig aber auch eine wichtige Schnittstelle zur Gesellschaft. Wir haben einen Teil der Gänse direkt vermarktet und für die Region jährlich das traditionelle Martins- und Weihnachtsgänse-Essen veranstaltet.

Kolkraben fressen Gänse von hinten auf

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Nach der Aufzucht der Küken in beheizten Ställen halten wir sie ausschließlich im Freien auf einem 6 ha großen eingezäunten Schlag mit Ackerfutter. Probleme macht weniger der Fuchs, der den Zaun nicht überwinden kann, sondern die Kolkraben. Diese verletzten die Gänse mit ihrem Schnabel am hinteren Rücken und fressen sie dann von hinten her regelrecht auf. In der Vergangenheit waren zum Glück nur einzelne Tiere betroffen. Wir konnten nichts dagegen unternehmen, weil diese Rabenart geschützt ist.

Doch im letzten Jahr wurde es richtig schlimm. Die Raben fielen in Scharen über die Gänse her und massakrierten sie. Täglich verendeten Dutzende von Tieren durch die schweren Verletzungen, die ihnen die Kolkraben zufügten. Ich nahm sofort telefonisch Kontakt mit den zuständigen Behörden, wie Veterinär- und Landwirtschaftsamt sowie der Naturschutzbehörde und den Tierschutz auf, um Unterstützung und schlussendlich eine Ausnahmegenehmigung für einen Abschuss der Raben zu erhalten.

Vergrämungen halfen nicht

Die massiven Angriffe der Raben fanden vornehmlich vor den gesetzlichen Feiertagen, wie Himmelfahrt und Pfingsten statt. Deshalb war es schwierig bis unmöglich einen Zugang zu den Behörden zu bekommen. So zog sich der bürokratische Behördengang zusätzlich in die Länge, während unsere Tiere draußen weiter angegriffen wurden und elendig sterben mussten.

Als ich dann jemand von der Behörde ans Telefon bekam, schien der Mitarbeiter das Problem nicht ernst zu nehmen und verwies auf den besonderen Schutz der Raben. Weil ich nicht nachließ und wiederholt anrief, riet man mir irgendwann, Vergrämungsmaßnahmen durchzuführen. Ich stellte Knallschussgeräte und Lautsprecher auf und postierte Personal, um die Raben von den Gänsen fernzuhalten.

Doch die Raben ließen sich davon nicht abschrecken. Auch das Mitlauflassen eines älteren Gänsepaares half nicht. Die Raben merkten sehr schnell, dass ihnen keine echte Gefahr droht, und kamen immer wieder. Weder die empfohlenen noch die von uns selbst entwickelten Vergrämungsmaßnahmen haben gegriffen.

Wir haben auch darüber nachgedacht, die Gänse wieder in den Ställen unterzubringen. Diese Maßnahme wäre nicht konform mit unseren Haltungsanforderungen gewesen und hätte, wie auch schon die Vergrämungsmaßnahmen, zu exorbitanten Zusatzkosten geführt.

Vier Wochen für Bearbeitung der Ausnahmegenehmigung  

Da ich schon mehr als 5 % meiner Gänseherde eingebüßt hatte, versuchte ich, über das Argument der Betriebsteilrettung eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss der Raben zu erhalten. Mir wurde dann geantwortet, ich müsste erst einmal nachweisen, dass es sich um Kolkraben handelte und dokumentarisch belegen, dass die Verluste in den zurückliegenden Jahren nicht so hoch waren. Zudem müssten im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung die anerkannten Naturschutzverbände beteiligt werden. Diese Beteiligung sei gesetzlich vorgeschrieben und die Frist zur Stellungnahme betrage normalerweise vier Wochen.

Schließlich wurde mir geraten, ich könne ja ein Netz über die 6 ha Freiland aufspannen, auf dem die Gänse weiden. Dieser Vorschlag wäre möglicherweise sogar technisch umsetzbar. Er würde aber immense Investitionskosten nach sich ziehen und wäre ökonomisch eine Katastrophe. Dazu müssten wir einen Verkaufserlös von mindestens 250 € pro Gans erzielen, was völlig an der Marktrealität vorbeigeht.

35 % Verluste

Da mir seitens der Behörden die Hände gebunden waren, haben wir 35 % des Bestandes aufgrund der Verletzungen durch die Kolkraben verloren. Schweren Herzens haben wir uns dazu entschieden, die Gänsehaltung aufzugeben. Denn unter diesen Rahmenbedingungen und bei dem Verhalten der Behörden ist eine gesunde Haltung und ökonomische Mast nicht mehr möglich ist.

Betriebszweig fiel Bürokratie zum Opfer

Kurz gesagt: Unsere Bürokratie hat einen bis dahin gut funktionierenden Betriebszweig zugrunde gerichtet.  Es ist klar, dass sich Behörden an Gesetze halten müssen, aber sie müssen sie auch pragmatisch auslegen. Und sie müssen vor allem schneller reagieren.

Ein angemessenes Verhalten der Behörden wäre gewesen, wenn wir schnell eine Abschussgenehmigung bekommen hätten, damit wir das Massaker stoppen und für das nächste Jahr gemeinsam nach einer einvernehmlichen Lösung suchen hätten können.

Raben verletzen Kühe und Kälber beim Kalben

Die Kolkraben stellen außerdem unseren Mutterkühen nach. Während der Kalbung hacken sie die Scheide der liegenden und geschwächten Kühe auf. Die Raben haben einige Kühe so massiv verletzt, dass wir sie einschläfern mussten. Auch ein paar der neu geborenen Kälbern haben sie die Augen ausgehackt. Wir haben jetzt zur Abkalbezeit die Weide gewechselt und hoffen, dass unsere Tiere besser geschützt sind.“

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