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Umweltminister wollen Biokraftstoffen Riegel vorschieben

Neben schnelleren Genehmigungsverfahren für Energieprojekte und einem Tempolimit wollen die Umweltminister keine Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse mehr. Die Branche zeigt auf, warum das falsch ist.

Lesezeit: 7 Minuten

„Diese Konferenz stand ganz maßgeblich unter dem Eindruck des schrecklichen Krieges in der Ukraine. Wir sind uns einig, dass wir schneller werden müssen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Netze und sparsamer umgehen müssen mit unseren Ressourcen – das ist der Leitgedanke, der sich durch diese UMK zog und sich in den Beschlüssen wiederfindet“, kommentierte der Vorsitzende der Umweltministerkonferenz, der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, kommentiert die Ergebnisse der Konferenz.

Wichtige Beschlüsse

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Die Umweltminister begrüßen die Initiative des Bundes für einen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung. „Wir machen hier bei der Planung der schwimmenden LNG-Terminals und der festen Green-Gas-Terminals gerade vor, wie das für Deutschland funktionieren kann. Wir planen, genehmigen und bauen mit einer mindestens verachtfachten Geschwindigkeit im Vergleich zu ähnlich großen Infrastrukturmaßnahmen“, sagt Lies. Das sei die neue Deutschlandgeschwindigkeit, die auch für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze nötig sei.

Die Umweltminister erkennen daher auch die Notwendigkeit für das LNG-Beschleunigungsgesetz des Bundes an. Gemeinsam haben sie sich dafür ausgesprochen, die notwendigen Greengas-Projekte zu beschleunigen. „Ich bin überzeugt, dass die Gesetzesinitiativen der Maßstab sein müssen auch für Beschleunigungsgesetze für die Energiewende, die Erneuerbaren und die Netze. So kann die aktuelle Situation zum Sprungbrett werden hinein in eine saubere, kostengünstige und unabhängige Energieversorgung“, unterstreicht Lies.

UMK will Tempolimit

„Außerdem haben wir uns für ein Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. Denn ‚Teller statt Tank‘ ist mehr denn je die Devise der Stunde“, so Lies. In Deutschland würden derzeit jährlich 2,4 Mio. t Getreide für Bioethanol, also für die Beimischung für Fahrzeugkraftstoffe, genutzt. Weltweit würden 175 Mio. t Getreide im Tank landen. Das entspräche 9 % der Weltgetreideernte. „Spätestens angesichts des Krieges in der Ukraine müssen wir dringend umdenken. Unbegrenztes Rasen passt da aus meiner Sicht nicht mehr in die Zeit. Jetzt ist die Zeit für mehr Sparsamkeit und einen sorgsamen Umgang mit unseren Ressourcen“, fordert Lies.

Schnellere Verfahren durch mehr Rechtssicherheit

Die Minister wollen beim Artenschutz insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze einheitliche, gesetzliche Standards schaffen. Der bisherige regulatorische Flickenteppich müsse weg. Die Einführung gesetzlicher Standards für die artenschutzrechtliche Überprüfung und Bewertung habe das Potential, Unsicherheiten aufzulösen und damit die Verwaltungspraxis erheblich zu vereinfachen. Denn derzeit werde die ganz überwiegende Zahl von Ausbauprojekten von Erneuerbaren beklagt.

Umwelthilfe begrüßt Beschlüsse

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Beschlüsse der heutigen Umweltministerkonferenz zu Biokraftstoffen sowie einem Tempolimit auf Autobahnen und fordert eine sofortige und ambitionierte Umsetzung durch die Bundesregierung. Jetzt müsse die Bundesregierung nachziehen und ein Tempolimit 100/80/30 für mindestens zwei bis drei Jahre beschließen. Laut Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, schaden „Agrokraftstoffe“ Natur und Klima und gefährden die Ernährungssicherheit. „Deshalb brauchen wir einen sofortigen und vollständigen Förderungsstopp von Agrokraftstoffen.“

Biokraftstoffbranche: "Kein Nahrungsgetreide"

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) lehnt die Beschlüsse zu Biokraftstoffen ab. „Der Einsatz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse ist schon jetzt auf 4,4 % der im Verkehr genutzten Energie beschränkt. Wenn die Umweltminister Biokraftstoffe weiter deckeln wollen, müssen sie auch sagen, wie sie die Klimaziele erreichen wollen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Die Umweltministerkonferenz hatte heute beschlossen, den Einsatz von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen zur Produktion von Biokraftstoffen auf Reststoffe begrenzen zu wollen, und dass die stoffliche Verwertung in Kaskadenform stattfinden müsse.

Bei den derzeit hohen Agrarpreisen sei die Herstellung von Biodiesel längst von den Produzenten zurückgefahren worden. Für Ethanol werde zumeist Getreide verwendet, das nicht nahrungsmitteltauglich ist. „Mit den jetzt angedachten Maßnahmen betreiben die Umweltpolitiker nutzlose Symbolpolitik. Aufgrund der Marktentwicklungen, die sowieso stattfinden, würden sie den Nahrungsmittelmarkt in keiner Weise entlasten“, sagte Baumann.

Er verwies zudem darauf, dass bei der Biokraftstoffproduktion gleichzeitig eiweißreiches Tierfuttermittel entsteht. „Aus 60 % der Rapsernte wird Rapsschrot zur Tierfütterung, lediglich 40 % werden zu Pflanzenöl, aus dem Biodiesel gewonnen werden kann. Das Proteinfuttermittel kommt der Lebensmittelherstellung zugute, indem es an Hühner, Kühe und Schweine verfüttert wird und Futter aus Soja ersetzt, das aus Übersee importiert werden müsste“, sagte Baumann. Die Umweltminister wollten offenbar ohne Nutzen für die Lebensmittelversorgung mehr fossile Kraftstoffe verbrennen und mehr Soja importieren. Damit würden sie nicht nur den Biokraftstoffproduzenten, sondern auch der deutschen Landwirtschaft schaden.

UFOP: Wichtig für Versorgungssicherheit

Das Treibhausgas (THG)-Quotengesetz ist mit den bis 2030 steigenden Verpflichtungsvorgaben zur Treibhausgasminderung der wichtigste Treiber zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Das ambitionierte Ziel einer THG-Quote von 25 % im Jahr 2030 sei angesichts des Krieges in der Ukraine auch ein Treiber, die Energieversorgungssicherheit beschleunigt auf vielfältige heimische bzw. europäische Ressourcen auszurichten, betont die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) vor dem Hintergrund einer in der Bundesregierung pauschal geführten „Tank oder Teller“-Diskussion.

Die UFOP kritisiert, dass die Bundesministerinnen für Entwicklung und für Umwelt, Schulze und Lemke, bei ihrer Forderung nach einem Ausschluss von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse wie Raps nicht darauf hinwiesen, dass der Einsatz dieser Biokraftstoffe in der Menge bereits gesetzlich gedeckelt ist. Dieser Aspekt wurde offensichtlich heute im Rahmen der Beschlussfassung der Umweltkonferenz ebenfalls nicht berücksichtigt, kritisiert der Verband. In der Öffentlichkeit entstehe der Eindruck einer unbegrenzten Nutzung der Ackerfläche für diesen Verwendungszweck. Tatsächlich begrenzt die sogenannte Kappungsgrenze in Höhe von 4,4 % am Endenergieverbrauch das Mengenpotenzial in Deutschland. Damit liegt die nationale Grenze weit unter dem im europäischen Regelwerk möglichen Limit von 7 %, betont die Förderunion.

Nachhaltige Rohstoffe

Die aktuell „Tank oder Teller“-Diskussion berücksichtige weder die Vorreiterrolle der Biokraftstoffe in der auch in Drittstaaten umzusetzenden Nachhaltigkeitszertifizierung, noch deren Beitrag zur Versorgungssicherheit: In Deutschland seien im Jahr 2020 insgesamt 4,5 Mio. Tonnen Biokraftstoffe anstelle von fossilen Importen eingesetzt worden. Die UFOP unterstützt das Ölembargo gegen Russland, möglicherweise sei aber auch die Landwirtschaft im Herbst von Lieferengpässen bedroht. Wer die Biokraftstoff-Optionen ausschließe, müsse auch einen Vorschlag zur Kompensation vorlegen.

Kritik an der Extensivierung

Die UFOP kritisiert zudem, dass trotz der knapp versorgten Agrarmärkte an der Extensivierungsstrategie festgehalten werde. Hier werde beim Bedarf zur Nahrungsmittelversorgung offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, kritisiert die UFOP.

Der Verband weist darauf hin, dass sich die Rohstoffbasis hierzulande mit dem Wegfall von Palmöl ab 2023 bei flüssigen Kraftstoffen auf Kulturarten ausrichte, die überwiegend als Proteinquelle für die Tierfütterung dienen und zukünftig auch im

Bereich Humanernährung eingesetzt werden. Rapsschrot ist nicht nur in der Milchviehfütterung als heimische Proteinquelle mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis alternativlos, sondern zukünftig auch eine wichtige Proteinressource für die menschliche Ernährung. Die aktuellen Projektvorhaben seien in diesem Sinne vielversprechend und richtungsweisend. Allerdings sei diese Option auch deshalb interessant, weil durch die Wertschöpfung aus der energetischen Nutzung des Rapsöls der Anbau für die Landwirte wirtschaftlich sei. An diesem Beispiel werde einmal mehr deutlich, dass die Farm-to-Fork- Strategie die Verwendungsvielfalt der Anbaubiomasse berücksichtigen und in diesem Sinne zu Ende gedacht werden müsse, betont die UFOP.

Dies müsse mit abgewogen werden, wenn die Politik aktuell über die Zukunft der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse nachdenkt. Es geht nach Auffassung der UFOP nicht um mehr Biokraftstoffe, sondern darum, das bestehende und begrenzte Potenzial in der Nutzungseffizienz und Wertschöpfung strategisch weiterzuentwickeln.

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